Kiel. Der Generalsekretär der schleswig-holsteinischen CDU über Migration, Integration, längere Lebensarbeitszeit – und auch neue AKWs.

Rückt die CDU jetzt in Trippelschritten nach rechts, wie es die „Neue Zürcher Zeitung“ vermutet? Ist der Vorstoß der Union für ein Comeback der Atomkraft ein „Schuss in den Ofen“, wie es der grüne Koalitionspartner in Schleswig-Holstein mutmaßt? Oder ist der Entwurf des neuen Grundsatzprogramms der CDU die passende Antwort auf das Erstarken der AfD?

Die Bundes-CDU definiert sich in dem Programmentwurf als „Partei des Gemeinwohls“ und als „Volkspartei der Mitte“. Allerdings nehmen die Themen Integration und Migration breiten Raum im Entwurf des neuen Grundsatzprogramms ein. Darin fordert die CDU „Mut zur Leitkultur“ und macht sich für einen härteren Kurs in der Migrationspolitik stark.

CDU Schleswig-Holstein: Warum Lukas Kilian ein Dienstjahr für Schulabgänger begrüßt

Das Abendblatt sprach mit dem Generalsekretär der schleswig-holsteinischen CDU über die strittigen Punkte im neuen Leitbild. Lukas Kilian über die Frage nach einer deutschen Leitkultur, Asylverfahren in Drittstaaten, die Kehrtwende beim Atomausstieg, eine längere Lebensarbeitszeit, ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für alle Schulabgänger und Sprachstandtests für Viereinhalbjährige.

Das sagt Lukas Kilian über …

… den CDU-Vorschlag, dass nur deutscher Staatsbürger werden kann, wer sich zu einer deutschen Leitkultur bekennt und integriert

„Wir brauchen eine bessere Integration und ein gemeinsames Leitbild des Zusammenlebens. Dazu zählt für mich zum Beispiel das nicht verhandelbare Bekenntnis zum Grundgesetz und zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Parallelgesellschaften müssen aufgelöst werden. Leid bin ich hingegen die Debatte über den Begriff einer ,Deutschen Leitkultur‘. Der Terminus lenkt nur von der nötigen gesellschaftlichen Debatte ab.“

… Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der EU

„Ich halte das Konzept der sicheren Drittstaaten bei Asylverfahren für den richtigen Weg. Diese Idee ist vernünftig, wenn Deutschland mit Ländern zusammenarbeitet, die rechtsstaatliche Verfahren sicherstellen. Menschen mit einer Bleibeperspektive können im Anschluss den Weg nach Europa antreten. Es widerspricht nicht humanitären Grundsätzen, Menschen ohne Aussicht auf Asyl den oft gefährlichen Weg nach Europa zu ersparen. Wirksame Maßnahmen zur Begrenzung der Migration müssen die Grundlage unseres Handelns sein.“

… die Kehrtwende der CDU beim Atomausstieg

„Die Zukunft der Energieversorgung liegt in den erneuerbaren Energien. Schleswig-Holstein geht mit gutem Beispiel voran: 2022 konnten wir den Stromverbrauch zu 170 Prozent aus erneuerbaren Energien decken. Das ist viermal höher als der Bundesdurchschnitt. Für Schleswig-Holstein bin ich zuversichtlich, dass der Wind auch weiter konstant weht und wir mit dem Wind planen können. Aber wir sehen auch, dass europaweit neue Kernkraftwerke gebaut werden. Wir müssen in Deutschland über diese Überbrückungstechnologie diskutieren. Denn in Zeiten des Krieges in Europa brauchen wir eine sichere und verlässliche Versorgung.“

… eine längere Lebensarbeitszeit für diejenigen, die arbeiten können

„Den demografischen Wandel können wir nicht ignorieren. Wenn wir nicht wollen, dass der Bundeshaushalt immer stärker von staatlichen Zuschüssen zur Rente dominiert wird, müssen wir in alle Richtungen denken. Das schließt auch die Kopplung des gesetzlichen Rentenalters an die Lebenserwartung mit ein. Das kann allerdings nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Daher begrüße ich es, dass auch die kapitalgedeckte Altersvorsorge in das Grundsatzprogramm aufgenommen wurde.“

… ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für alle Schulabgänger

„Ich begrüße die Einführung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahrs für alle Schulabgängerinnen und Schulabgänger. Bereits beim Landesparteitag 2018 hat die CDU Schleswig-Holstein sich für ein solches Dienstjahr ausgesprochen, seit 2022 ist das Gesellschaftsjahr auch Beschlusslage der Bundespartei. Ein Gesellschaftsjahr ermöglicht jungen Menschen Orientierung auf ihrem Weg ins Berufsleben und bietet Einblicke abseits der Schulbank. Ich könnte mir vorstellen, dass wir mit einem Gesellschaftsjahr auch noch mehr junge Menschen für eine berufliche Ausbildung und für das Gemeinwohl begeistern.“

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… verpflichtende Sprachstandtests für Viereinhalbjährige

„Der Schlüssel für mehr Bildungserfolg liegt in der Kita. In Schleswig-Holstein wurde vereinbart, im Einzugsbereich der Perspektivschulen besondere Sprachförderung im Vorschuljahr einzuführen sowie ein Kita-Pflichtjahr zu testen. Ich halte das für den richtigen Weg. In unserem Wahlprogramm zur Landtagswahl 2022 haben wir die Viereinhalbjährigen-Untersuchung gefordert, um frühzeitig auf Defizite in den Bereichen Sprache und Motorik zu reagieren. Ein Sprachstandtest wäre Teil einer solchen Untersuchung. Wichtig ist mir zu betonen: Ein solcher Test ist eine Unterstützungsmaßnahme und weder Stigmatisierung noch Gängelung von Kindern und Eltern. Sprache ist der Schlüssel zur aktiven Teilhabe am (Grund-)Schulleben und an unserer Gesellschaft. Wir werden uns über das Thema ,verpflichtende Sprachtests für Viereinhalbjährige‘ in dieser Legislaturperiode mit unserem Koalitionspartner auseinandersetzen.“