Kiel. Die ablehnende Haltung der CDU zum Projekt Nationalpark Ostsee ist keine Überraschung, der Zeitpunkt der Festlegung schon.
Zweite Koalitionsschlappe für Schleswig-Holsteins Grüne innerhalb weniger Tage. In Sachen Nationalpark Ostsee schlägt die CDU vorzeitig Nägel ein und legt sich auf Ablehnung fest. Das Herzensprojekt von Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) steht vor dem Aus.
Erst am Montag hatte sich die CDU von Ministerpräsident Daniel Günther gegen Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) bei der Festlegung auf sichere Herkunftsländer durchgesetzt. Zuvor war in der Union Unmut über zu wenig Sichtbarkeit christdemokratischer Themen laut geworden.
Ostsee: CDU favorisiert ein freiwilliges Aktionsbündnis
Was ist beim Thema Nationalpark passiert? Auf ihrem Parteitag am 5. Oktober will die CDU einen Antrag beschließen, in dem nach einem Bericht der „Lübecker Nachrichten“ sechs Punkte zum Ostseeschutz aufgezählt werden, darunter ein freiwilliges Aktionsbündnis und die Räumung der Munitionsaltlasten. Diese Punkte würden „im Gegensatz zu einer Einrichtung eines Nationalparks die geeignete Lösung darstellen, um den Herausforderungen beim Ostseeschutz zu begegnen“.
Neben den CDU-Kreisverbänden Ostholstein, Rendsburg-Eckernförde, Schleswig-Flensburg und Flensburg gehört zu den Antragstellern auch der Landesvorstand. Somit hat der Rückzug aus dem Projekt auch die Unterstützung von CDU-Landeschef Günther und dürfte eine sichere Mehrheit finden.
CDU in Schleswig-Holstein wirbt für mehr Ostseeschutz
CDU-Generalsekretär Lukas Kilian bestätigte, für den Landesparteitag sei ein Antrag vorbereitet, in dem die CDU für mehr Ostseeschutz werbe. „Dabei sieht die CDU andere Instrumente als einen Nationalpark für geeigneter an, diese Ziele zu erreichen.“ Den von Goldschmidt gestarteten Konsultationsprozess wolle die Union aber wie vereinbart zu Ende führen.
Die Grünen geben noch nicht auf. „Ich wundere mich schon, warum die CDU so hibbelig ist“, sagte Grünen-Landesvorsitzende Anke Erdmann der Deutschen Presse-Agentur. Sie erwarte, dass der Koalitionsvertrag auch für die Union gelte. Die Vorschläge des Koalitionspartners seien „echt Schmalspur“. „Viele Worte, wenig Inhalt.“ Auf ihrem Parteitag am 23. September wollen die Grünen über einen Antrag beraten, in dem der Nationalpark weiter als „das beste Mittel“ für den Schutz der Ostsee angesehen wird.
Grüne: „Es scheint, als wolle die CDU die Ostsee aufgeben“
Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter sagte, „es scheint, als wolle die CDU die Ostsee aufgeben“. In der kommenden Woche ist der Nationalpark auf Antrag der FDP Thema im Landtag. Die Liberalen sind gegen die Pläne. „Ich erwarte, dass Schwarz-Grün einen eigenen Antrag beschließen wird, der den Inhalt des Koalitionsvertrages bestätigt“, sagte Petersdotter.
Vor allem Tourismusunternehmen und -verbände, aber auch viele Kommunen an der Küste haben sich gegen einen Nationalpark positioniert. Sie befürchten Einschränkungen zum Beispiel für den Wassersport. Unterstützung für einen Nationalpark kam von Umweltverbänden.
„Ostsee ist ein sterbendes Meer": Appell des Umweltministers
Goldschmidt reagierte mit einem dringlichen Appell auf die Entwicklung beim Koalitionspartner. „Die Ostsee ist ein sterbendes Meer. Ich fühle ich mich dem Meeresschutz und den Menschen im Land verpflichtet, die zukünftig von, an und mit einer gesunden Ostsee leben wollen“, so der Minister. „Für mich ist klar, dass ein Nationalpark das beste Instrument für den Schutz unserer Ostsee ist.“ Er freue sich auf den weiteren Konsultationsprozess. „Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, werden wir zum Ende des Jahres einen Vorschlag vorlegen, wie wir die Ostsee besser schützen werden.“
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CDU-Fraktionschef Tobias Koch hatte die Entwicklung im Gespräch mit der dpa bereits angedeutet. „Ich finde, es ist den Befürwortern eines Nationalparks noch nicht gelungen darzulegen, dass der Nationalpark das bestmögliche Instrument ist, um die Probleme der Ostsee wirklich zu lösen.“ Allein durch einen Nationalpark sei noch keine Munition aus der Ostsee geborgen.
FDP spricht von unseligem Schauspiel von Schwarz-Grün
Die Opposition verfolgte die Entwicklung mit Interesse. Für den FDP-Umweltpolitiker Oliver Kumbartzky war es dringend nötig, „das unselige Schauspiel zu beenden, das wir in den vergangenen Monaten von Schwarz-Grün erlebt haben und das sehr viele Menschen an der Ostseeküste verunsichert hat“. Unverständnis auch in der SPD. „Wie kann man monatelang einen Prozess zum Nationalpark Ostsee durchführen, Menschen in den Regionen verunsichern und Ressourcen verschwenden, wenn die Beteiligten eigentlich gar keinen gemeinsamen Weg gehen wollen“, fragte die SPD-Umweltpolitikerin Sandra Redmann. „Was für eine Farce!“ Die Grünen hätten dem Natur- und Meeresschutz einen schlechten Dienst erwiesen. Die CDU wolle den kleineren Koalitionspartner „mit dem Nasenring durch die Manege“ führen.
Grünen-Chefin Erdmann wird nach eigenen Worten erst nervös, wenn die CDU den Koalitionsvertrag nicht einhalte. „Ich sage mal: ohne Reibung keine Wärme. Deswegen bin ich noch gelassen.“