Wedel. Junge Erwachsene als Serientäter. Polizei weist Bereich als Kriminalitätsschwerpunkt aus – wie auch in fünf anderen Orten.

Wedel gehört zu sechs Kommunen in Schleswig-Holstein, in denen die Polizei Sonderrechte in Anspruch nimmt. Eine Gruppe junger Erwachsener hatte ein Wohngebiet zum Kriminalitätsschwerpunkt gemacht. Nach zwei Monaten mit starker polizeilicher Präsenz hat sich die Lage inzwischen beruhigt, sodass aus Sicht der Verantwortlichen kein unmittelbarer Handlungsbedarf mehr besteht.

Im Polizeideutsch ist die Rede von sogenannten „Kontrollbereichen“. Dort hat die Polizei das Recht, auch ohne einen konkreten Verdacht tätig zu werden. „An den eingestuften Kontrollbereichen darf die Polizei Identitätsfeststellungen durchführen. Zudem dürfen dort Personen sowie deren mitgeführte Sachen durchsucht werden“, erläutert Jan Winkler, Sprecher des Landespolizeiamtes in Kiel.

Polizei Schleswig-Holstein braucht Sonderrechte, um Kriminalität einzudämmen

„Kontrollbereiche“ sind laut Definition Orte, an denen stark erhöhte Kriminalitätszahlen über einen längeren Zeitraum auffällig sind. In der Landeshauptstadt Kiel verzeichnet die Polizei gleich vier dieser Orte – am Hauptbahnhof sowie in den Brennpunktstadtteilen Mettenhof, Dietrichsdorf und Gaarden. In allen Fällen geht es um Rohheits- und Eigentumsdelikte sowie Straftaten aus dem Bereich der Betäubungsmittelkriminalität.

Auch in Lübeck gibt es zwei Orte, die die Polizei als Kriminalitätsschwerpunkte einstuft. Den Hauptbahnhof/ZOB und die Innenstadt im Bereich Klingenberg, in beiden Fällen gibt es Probleme mit der offenen Drogenszene.

Problematische Zonen auch in Kiel, Lübeck, Itzehoe, Norderstedt und Büsum

In Itzehoe gilt ebenfalls der ZOB als Brennpunkt, dort dominieren Eigentumsdelikte, Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Sexualdelikte sowie Raubtaten.

In Norderstedt stuft die Polizei das Umfeld der U-Bahnhöfe Norderstedt Mitte und Garstedt als problematisch ein, weil dort Rohheits-, Eigentums- und Drogendelikte ein problematisches Ausmaß angenommen haben.

Eher ungewöhnlich erscheint, dass auch der Badeort Büsum an der Nordsee auf der Liste auftaucht. Dort ist der Bereich rund um das Kurzentrum als Problem eingestuft. Dort war es laut Polizeiangaben immer wieder zu Sachbeschädigungen an geparkten Autos gekommen.

In Wedel liegt das Problem inerhalb einer ehemaligen Arbeitersiedlung

Ebenfalls nicht unbedingt erwartbar ist, dass in Wedel im April ein derartiger „Kontrollbereich“ eingerichtet worden war. In der kleinen Stadt an der Elbe hatte die Polizei ein Problem in der einstigen Arbeitersiedlung am Hans-Böckler-Platz ausgemacht. Am Anfang standen Ende November, Anfang Dezember mehrere Raubdelikte in enger zeitlicher Folge.

Über Internetportale waren gutgläubige Käufer von Waren wie etwa Iphones oder auch Böller auf in den Abendstunden menschenleere Parkplätze oder in dunkle Hauseingänge gelockt worden. Die vorgeblichen Verkäufer nahmen dann den Käufern das mitgebrachte Geld ab, teilweise auch gewaltsam. So wurden in einem Fall zwei Opfer von mehreren Personen mit Baseballschlägern bedroht.

In der Folgezeit kam es in dem Bereich zu weiteren, teilweise auch erheblichen Straftaten. Die Polizei spricht von Diebstählen, einer Serie von Brandstiftungen sowie erheblichen Vandalismusschäden. So wurden etwa die Scheiben zahlreicher Bushaltestellen in diesem Bereich zerstört.

Polizei Schleswig-Holstein spricht von erheblichen, auch einschlägigen Straftaten

Mit gestohlenen Autos sollen Täter, die keinen Führerschein besitzen, auf einem Parkplatz „wilde Sau“ gespielt haben. Gestohlene Fahrzeuge gingen später in Flammen auf, offenbar um Spuren zu verwischen.

Auch in einem dort gelegenen Discountmarkt kam es zu Ladendiebstählen in erheblichem Ausmaß. Auch wurden immer wieder Kunden des Marktes bestohlen. Die Erlöse der Taten sollen zum Ankauf von Drogen genutzt worden sein.

Die Ermittlungen der Polizei führten zu etwa 40 jungen Erwachsenen, die im Umfeld des Platzes Zuhause sind. Sie sollen sich teilweise per Handy zur Begehung der Taten verabredet haben oder Verstärkung herbeigerufen haben, wenn erste Polizeikräfte auftauchten.

Polizei Schleswig-Holstein besetzte den Platz mehrere Nächte mit einem Großaufgebot

Um das Problem in den Griff zu bekommen, hatten die Beamten in einem etwa 500 mal 300 Meter großen Bereich rund um den Hans-Böckler-Platz einen „Kontrollbereich“ ausgerufen. Die Polizei zog über Ostern sowie in der Zeit danach erhebliche Kräfte zusammen.

Mehrere Nächte in Folge wimmelte es rund um den Hans-Böcker-Platz von uniformierten Beamten. Kräfte der anderen Reviere aus der Polizeidirektion Bad Segeberg verstärkten dafür das zuständige Polizeirevier in Wedel.

Polizei Schleswig-Holstein braucht Sonderrechte, um Kriminalität einzudämmen

Der massive Kräfteeinsatz zeigte Erfolg. Die Lage rund um den Platz hat sich spürbar beruhigt. Für diverse der genannten Straftaten gibt es Tatverdächtige, die Ermittlungen der Kripo laufen. Mit Ablauf des Monats Mai hat die Polizei Wedel wieder aus der Liste der „Kontrollbereiche“ gestrichen.

Dennoch bleiben die Beamten wachsam. „Wir haben weiterhin ein wachsames Auge auf den Bereich, um auf entsprechende Entwicklungen frühzeitig reagieren und aufkommende Kriminalität zurückdrängen zu können“, sagt Lars Brockmann, Sprecher der zuständigen Polizeidirektion Bad Segeberg.