Explodierende Gaspreise sind für Bad an der Nordsee nicht mehr zu stemmen. Wie es zu dem neuen Vertrag mit dem Energieversorger kam.
- Dünen-Therme in St. Peter-Ording ab sofort geschlossen
- Neuer Versorger verlangt den neunfachen Gaspreis
- Hoteliers und Einheimische von plötzlichem Aus überrascht
Das ist ein Schock für die Gäste und Bewohner von St. Peter-Ording: Seit Mittwoch, 18. Januar, ist die beliebte Dünen-Therme in dem Nordseeort bis auf Weiteres geschlossen. Und das ausgerechnet in der Nebensaison, in der die Therme mit Saunen und Schwimmbad für Touristen so wichtig ist.
„Das ist eine dramatische Situation“, sagt Tourismuschefin Katharina Schirmbeck. Die Gemeinde hatte für ihre Liegenschaften, zu denen auch die Dünen-Therme gehört, einen neuen Vertrag über die Energieversorgung abschließen müssen, nachdem der alte ausgelaufen war.
Dünen-Therme St. Peter-Ording schließt wegen Energiekosten
„Als Großabnehmer zahlten wir bislang 1,4 Cent pro Kilowattstunde Gas, das war günstig“, so Schirmbeck. Die ZVO Energie GmbH als neuer Energieversorger verlangt nun aber 12,2 Cent pro Kilowattstunde. Also knapp das Neunfache.
Dieser hohe Preis sei wirtschaftlich nicht zu leisten. Zum Vergleich: Lag der Verbrauch der Dünen-Therme im Januar 2022 bei 37.000 Euro, liegt er bereits jetzt schon bei 333.000 Euro. „Für das gesamte Jahr 2022 haben wir 300.000 Euro bezahlt“, sagt Bürgermeister Jürgen Ritter. Ob die Energiepreisbremse greift, ist noch unklar.
Dünen-Therme geschlossen: Kritik an Kurzfristigkeit
Ritter sieht keine andere Möglichkeit, als die Dünen-Therme sofort zu schließen. Bereits im Sommer wurden verschiedene Maßnahmen, wie das Absenken der Wassertemperatur, umgesetzt, um Energie einzusparen. "Leider reicht das nicht aus, die Kosten sind so drastisch gestiegen, dass der weitere Betrieb der Dünen-Therme wirtschaftlich nicht vertretbar ist", so Tourismuschefin Schirmbeck.
Die Schließung ist bedauerlich für die Urlauber, die in der Wintersaison in St. Peter-Ording sind und sich auf Saunagänge und Erholung im Schwimmbad gefreut haben. Für Hoteliers wie Karsten Werner, Geschäftsführer des an die Dünen-Therme angeschlossenen StrandGut Resort, ist die Schließung ein Schock: „Ein Ort ohne öffentliche Therme, das ist schwierig. Für uns ist das eine Katastrophe.“
Vor allen Dingen die Kurzfristigkeit dieser Entscheidung sei heftig. „Die Stadt hat von einem auf den anderen Tag die Reißleine gezogen.“ Der Hotelier wünscht sich, dass eventuell doch einige weniger kostenintensive Teilbereiche der Therme geöffnet bleiben könnten, wie ein oder zwei Saunen.
Dünen-Therme schließt: Kein Schwimmunterricht für Kinder
Die Schließung ist aber auch bitter für die Einheimischen. „Dramatisch ist das für die Kinder, die schon während Corona keinen Schwimmunterricht nehmen konnten und nun wieder darauf verzichten müssen“, so Schirmbeck. Das Bad ist voraussichtlich bis Ostern geschlossen, lediglich medizinische Anwendungen finden noch statt. Es sei denn, die Energiepreise sinken vorher auf ein vertretbares Niveau.
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Die betroffenen Mitarbeiter, im Schwimmbereich sind das 18, müssten zunächst noch Resturlaub nehmen. Was danach mit ihnen passiert, ist unklar. Denn: „Kurzarbeit gibt es im öffentlichen Dienst nicht. Während Corona war das eine Ausnahme.“
St. Peter-Ording: Warum die Gemeinde diesen Vertrag abgeschlossen hat
Der neue Energieversorger der Gemeinde wurde mittels einer öffentlichen Ausschreibung über das Gebäudemanagement Schleswig-Holstein ausgewählt.
Haben sich die Gemeinde und das Gebäudemanagement Schleswig-Holstein (GMSH) eventuell bei dem neuen Vertrag nicht ausreichend informiert, haben sie sich gar über den Tisch ziehen lassen?
Das sieht Barbara Müller von der GMSH nicht so. Denn die öffentliche Hand unterliege bei der Beschaffung von Lieferungen und Leistungen dem Ausschreibungsgebot. "Lieferungen und Leistungen sind daher regelmäßig dem Wettbewerb zu unterstellen. Das gilt auch für die Lieferung von Energie. Daher schreibt die GMSH für die Liegenschaften des Landes alle zwei Jahre die Lieferung von Erdgas europaweit aus."
Dünen-Therme Gaspreis: Im Februar soll er auf sieben Cent pro Kilowattstunde sinken
Auf die erste Ausschreibung mit der Bietervorgabe, Festpreise anzubieten, sei auf keines der Lose auch nur ein Angebot eingegangen. "Das erforderte dann einen Wechsel von Festpreisen hin zu einer börsenorientierten unterjährigen Preisbildung", so Barbara Müller. Dadurch konnte für beide Seiten das wirtschaftliche Risiko durch die kaum abschätzbaren künftigen Auswirkungen der Ukrainekrise eingeschränkt werden.
Barbara Müller hat aber eine gute Nachricht: "Für den Monat Februar wird der Preis durch die zwischenzeitlichen Veränderungen an der Börse auf schätzungsweise sieben Cent pro Kilowattstunde sinken." Die weitere Preisentwicklung für die folgenden Monate hänge sehr stark von der weiteren nationalen und geopolitischen Entwicklung ab und sei daher schwer vorhersehbar.
Kündigen lasse sich dieser börsenorientierte Vertrag mit der ZVO nicht so ohne Weiteres. "Der geschlossene Erdgasliefervertrag mit dem ZVO ließe sich nur bei Vorliegen besonderer Gründe außerordentlich kündigen (bei Einstellung der Lieferung durch den Lieferanten etwa). Ein neuer Vertrag würde derzeit nicht zu günstigeren Konditionen führen. Ein Wechsel in die Ersatz- oder Grundversorgung würde sogar zu noch erheblich höheren Kosten führen", so Barbara Müller.
Betroffen von den immensen Energiekosten sind auch die Schulen und Sporthallen auf der Halbinsel Eiderstedt. Die Hallen, so Bürgermeister Ritter, bleiben aber sowohl für die Schulen als auch für den Vereinssport geöffnet. Allerdings wird das warme Wasser abgeschaltet und höchstens auf 15 Grad beheizt. Als Folge der Gaspreis-Explosion wird auch geprüft, ob die Gemeindebücherei, das Museum der Landschaft Eiderstadt und die Tourist-Info Bad geschlossen werden. Mitarbeiter sollen nicht entlassen werden Solange die Dünentherme geschlossen ist, wird die Gemeinde die Zeit für Instandsetzungsarbeiten nutzen. „Zu tun gibt es dort genug“, so Schirmbeck.