Kiel. Weil Kosten drastisch steigen, springt das Land bei zahlreichen Tourismus-Projekten mit weiteren Millionen ein. Welche betroffen sind.

Sie sollen touristische Glanzpunkte an der Lübecker Bucht werden: die neuen Seebrücken in Scharbeutz, Haffkrug und Timmendorfer Strand. Die alten sind längst abgerissen, die Bauarbeiten laufen bereits – doch jetzt muss das Land Schleswig-Holstein hier und bei anderen touristischen Vorzeige-Projekten zwischen Nord – und Ostsee mit etlichen Millionen Euro als Retter in der Not einspringen.

Schleswig-Holstein: Landesregierung hilft Scharbeutz und Haffkrug

Grund für das drohende Aus sind drastische Preissteigerungen. In den Ostsee-Orten Haffkrug, Scharbeutz, Timmendorfer Strand sowie in Weißenhäuser Strand weiter nördlich haben sich die Kosten für die geplanten neuen Seebrücken teilweise verdoppelt. Auch in St. Peter-Ording und Tönning an der Westküste hilft die Landesregierung bei touristischen Projekten. Insgesamt stellt Schleswig-Holstein über die zugesagte Förderung hinaus noch einmal rund 17 Millionen Euro zusätzlich bereit.

„Wir sind leider in der schwierigen Lage, dass wir einerseits unsere Fördermittel nahezu aufgebraucht haben, auf der anderen Seite die Gemeinden aber nicht im Regen stehen lassen können“, sagte Wirtschafts- und Tourismusminister Claus Ruhe Madsen (parteilos). Die neuen Seebrücken seien für eine erfolgreiche Tourismus-Wirtschaft in der Region elementar.

Auch Millionenförderung für Timmendorfer Strand

Und so werden die Fördermittel im Detail verteilt: Für die geplante Seebrücke in Scharbeutz steigt die Förderung nachträglich von fast 7,9 Millionen Euro auf knapp 13,9 Millionen Euro, für die Seebrücke in Haffkrug um gut 5,6 Millionen Euro, für Weißenhäuser Strand um knapp 1,6 Millionen Euro und für die Seebrücke in Timmendorfer Strand um knapp 1,4 Millionen Euro.

In Timmendorfer Strand etwa soll ein 427 Meter langer Weg in Form einer riesigen Schleife über das Meer entstehen. Außerdem soll es einen Schiffsanleger, verschiedene Aufenthaltsbereiche sowie Platz für Veranstaltungen geben. Die alte Brücke stammte aus dem Jahr 1976, war 272 Meter lang und marode. Die neue Brücke im Nachbarort Scharbeutz soll 276 Meter lang werden, die Brücke im Ortsteil Haffkrug wird mit 230 Meter Länge geplant.

„Wir sind dem Land sehr dankbar"

Die Bürgermeisterin von Scharbeutz, Bettina Schäfer, ist überzeugt, dass die Seebrücken nun fertig gebaut werden können: „Wir sind dem Land sehr dankbar für die zusätzliche Unterstützung und die für uns sehr wichtige Investition in unsere Infrastruktur. Wir gehen davon aus, dass wir in dem Kostenrahmen bleiben und hoffentlich trotz aller Materiallieferengpässe zur Saison 2024 fertig sind.“

Ursprünglich sollten die Seebrücken bereits 2023 fertig sein. Auch Ostholsteins Landrat Reinhard Sager (CDU) hält die Erneuerung von Seebrücken für notwendig. Sie seien eine besondere Attraktion für Touristen. „Die Frage ist, ob sie in dichter Reihenfolge stehen müssen.“

Dramatische Kostensteigerung in St. Peter-Ording bei der Promenade

Für das Multimar-Wattforum in Tönning gibt es gut 1,7 Millionen Euro zusätzlich. Dort läuft seit Sommer 2020 der Bau der Fischotteranlage mit einem neuen Ausstellungsgebäude auf dem Außengelände des Multimar Wattforum. Das ist die fünfte Erweiterung seit 1999. „Wir erweitern uns regelmäßig, um weiterhin attraktiv zu bleiben“, sagt Alina Claußen vom Multimar-Wattforum. Voraussichtlich im Sommer 2023 soll der Neubau fertiggestellt sein.

Auch der Familientreffpunkt St. Peter-Ording wird stärker gefördert.
Auch der Familientreffpunkt St. Peter-Ording wird stärker gefördert. © TZ SPO

Von Finanznot betroffen sind auch Projekte in St. Peter-Ording. Dort stehen die Abschlussarbeiten zum zweiten Teil der Naturerlebnispromenade an, die zu Ostern eröffnet werden soll. Dieser Teil der neuen Promenade soll vor allem für Kinder Spielmöglichkeiten bieten, geplant sind etwa ein „Gefühlswald“, Spielhäuser und eine Skaterbahn. Der ursprüngliche Kostenplan sah für die gesamten Baumaßnahmen fast sechs Millionen Euro vor. Die Mehrkosten belaufen sich auf mehr als 932.000 Euro – von diesen übernimmt das Land einen Teil.

Auch Büsum benötigt mehr Geld

Beim neuen Familientreffpunkt war ursprünglich eine Förderung von 70 Prozent vorgesehen, die nun auf 90 Prozent angehoben wurde. „Für den Familientreffpunkt haben wir eine weitere Förderung beantragt, die noch aussteht“, sagt Tourismusdirektorin Katharina Schirmbeck. „Die Mehrkosten entstehen aufgrund der aktuellen unberechenbaren Marktsituation – Materialpreise, Lieferschwierigkeiten, Fachkräftemangel. Teilweise werden keine Angebote auf die Ausschreibungen abgegeben.“

Für Neu- und Umgestaltungen in Nebel, Wittdün und Norddorf auf Amrum sowie für die Umgestaltung der Promenade in Heikendorf (Kreis Plön) wurden jeweils Erhöhungen der Zuschüsse beantragt. Auch Büsum (Kreis Dithmarschen) möchte mehr Geld für die Sanierung des Freizeitbads.

Schleswig-Holstein: Nachschuss-Förderungen sollen Ausnahme bleiben

Nachschuss-Förderungen für das Land sollen aber eine Ausnahme bleiben. Viele Kommunen überlegten bereits, ob sie bei den geplanten Investitionen im angedachten Umfang bleiben oder diese verschieben. Neben den Kostensteigerungen bei Baumaterial und Lieferengpässen besteht laut Minister Madsen ein weiteres Problem: „Auf die Ausschreibungen meldet sich oftmals nur noch ein Bieter – und auch das treibt mangels Wettbewerb die Preise nach oben.“ Die Kommunen müssten bei ihren Vorhaben überlegen, ob sie bereit seien, jede Kostenexplosion mitzugehen. Die Alternative sei, Projekte zu verschieben.