Föhr. Von Mode aus alten Segeln, der kleinsten Kaffeerösterei weit und breit und leckeren Suppen auf der nordfriesischen Insel.
Manche kommen auf die Insel und müssen schauen, womit sie ihr Geld verdienen. Mit dem Verkauf von Suppe etwa oder mit besonderen Kaffeebohnen. Andere leben schon immer auf Föhr und haben ihre Leidenschaft zu ihrem Beruf gemacht. Geschichten über sich und ihre Produkte haben sie alle zu erzählen: Es gibt viele besondere Manufakturen auf der nordfriesischen Insel. Zu viele, um sie alle vorzustellen. Hier eine kleine Auswahl.
Manufakturen auf Föhr: die Föhrer Kaffee Kultur
Kaffee, sagt Fabian Kruse, mochte er schon als Kind. „Ich trinke tatsächlich sehr gern Kaffee.“ Immer noch. Das Problem: Auf Föhr gibt es wenige Orte, wo man Kaffee bekommt, der seinen Qualitätsansprüchen genügt. „Einen guten Espresso zu bekommen, ist hier schwer. Ich war frustriert von der Kaffeekultur auf der Insel.“ Denn wer schon auf Kaffeefarmen in Lateinamerika gelebt und auf Plantagen gearbeitet hat, in Kolumbien zum Beispiel, in El Salvador und in Brasilien, kennt sich eben aus.
„Die Qualität dort ist der Renner“, sagt der 41-Jährige. Fünf Jahre lang ist er dort gewesen, als Student der Regionalwissenschaften Lateinamerika. In Lüneburg aufgewachsen, kam er durch seine Freundin nach Föhr, die er in Hamburg kennengelernt hat. Eigentlich arbeitet der Vater von zwei Mädchen (zwei und fünf Jahre alt) in der IT-Branche. Doch die Kaffeeleidenschaft war immer da. Also schaffte er sich einen Trommelröster im Kleinformat an.
Wohl die kleinste Rösterei
Und es ist wirklich eine mini Rösterei, sicherlich eine der kleinsten gewerblichen weit und breit. Sie steht dort in der Arbeitsküche in Wyk und benötigt für zwei Kilo eine halbe Stunde und röstet ohne Schornstein. Anschaffungskosten: rund 20.000 Euro. Überschaubares Risiko also.
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Im Januar 2021 ging es los. Der Geschmack des Kaffees, den er für die Reporterin in der French Press zubereitet: fruchtig, am Ende schokoladig. Seine Bohnen kommen aus Indien und El Salvador über einen kleinen Händler aus Süddeutschland. Es ist ein Händler, dem es darum geht, alte Sorten wiederzubeleben, Sorten, die weniger anfällig sind gegen Schädlinge wie so viele andere Bohnen in Monokultur.
Hohe Nachfrage nach der Bohne
Die Nachfrage ist hoch: „In der Hauptsaison habe ich etliche Abende hier in der Rösterei gestanden“, sagt Fabian (auf Föhr duzt man sich) und lacht. Er musste viel ausprobieren, ehe er den Dreh mit der richtigen Röstung heraus hatte.
„Und es wird weiter optimiert.“ Seinen Kaffee gibt es in verschiedenen Läden auf der Insel, unter anderem bei Privatsache und bei der Fleischerei Friedrich. Infos: www.fkk.coffee
Blum Design
Auf das Upcycling von ausrangierten Segeln, Kites oder Pullovern hat sich die gebürtige Föhrerin Katharina Blum spezialisiert. Beim Upcycling (aus dem Englischen up: hoch und recycling: Wiederverwertung) wandelt die Modedesignerin alte Produkte und scheinbar nutzlose Reststoffe in hochwertige Kleidung und Accessoires um, in ihrem Atelier in der Westerstraße in Wyk. „So hauchen wir recycleten Textilien, Leder- und Stoffresten neues Leben ein.“ Klar, dass jedes Teil ein Unikat ist und auf jeden Fall mit viel Liebe gemacht!
Katharina erhält die ausgedienten Kites und Segel von der Nieblumer Wassersport Schule und von ihren Freunden. Sie sagt über ihre Arbeit: „Es ist wie spielen, ganz zauberhaft. Und umso mehr freue ich mich wenn wieder eines meiner Produkte eine/einen neuen Besitzer gefunden hat, die/der mit einem Strahlen in den Augen zu mir sagt: Den zieh ich nicht mehr aus!“
Geschichten von Sonne, Wind und Wellen
Jedes neue Kunstwerk aus Kiteschirm und Segel erzähle seine ganz persönliche Geschichte. „Es sind Geschichten von Sonne und Wind, von Wellen, Stürmen und waghalsigen Manövern, von der Nordsee und den Nordseeinseln“, heißt es auf ihrer Homepage.
In ihrem Sortiment sind Taschen, Portemonnaies oder Pullover. Und weil auf Föhr alle irgendwie miteinander vernetzt sind, ist auch ihr Bruder Benjamin mit von der Partie. Ben hat in Utersum auf Föhr eine kleine Surfer-Station.
Mit ihm hat Katharina den Kapuzenpulli Second Surf entwickelt, der seit Juni 2015 bei ihr und über Ben erhältlich ist. Ihre Lederreste erhält sie von Privatsache, einem Möbel- und Einrichtungsgeschäft. Sie haben schon ihre alten Musterbücher und etliche Lederreste aus der Möbelproduktion für die Taschenkollektion bereitgestellt.
Wenn Katharina mal bei ihrer Arbeit eine Kaffeepause braucht, muss sie nur nebenan in die Küche gehen. Dort hat nämlich ihr Lebensgefährte Fabian Kruse ja seine mini Kaffeerösterei. Infos: www.blum.is
Föhrer Wildnis
Eigentlich ist Barbara Pohlmann, gebürtige Sauerländerin, leidenschaftliche Friseurin. Jeder auf Föhr kennt den Salon „Pohlmann“ ihres Mannes in Wyk. Aber chronische Probleme mit ihrer rechten Hand führten dazu, dass die lustige 58-Jährige nicht mehr in ihrem Lieblingsberuf arbeiten kann.
Wie gut, dass Barbara genug andere Hobbies und Interessen hat und dem Ruf der Föhrer Wildnis folgte, genauer den Kräutern auf der Insel. Die hat sie ohnehin schon immer gern gesammelt und verarbeitet.
Kräuterwanderungen statt Friseursalon
Also hat sie sich mit Kräuterwanderungen und der Herstellung von Föhrer Salzen im April selbstständig gemacht und gerade die erste Saison in ihrem neuen Job fast hinter sich gebracht. Mit Erfolg, und das ist kein Wunder. Denn Touren mit Barbara sind nicht nur lehrreich, sondern unterhaltsam. Reden kann sie, als Tourguide für Kräuter ist das auch angebracht. Niemand möchte stumm hinter einer schrulligen Kräuterhexe hinterherlaufen.
Nein, bei Barbara wird viel gelacht. Und nebenbei zeigt sie mal auf einen Büschel Strandwermut, pflückt einen kleinen Büschel, probieren erlaubt! Dann gibt es den Strand-Dreizack oder die Stranddistel. Alles Pflanzen der Salzwiese.
Höhepunkt ist die Salzproduktion
Zweimal die Woche geht es mir ihr auf Tour, zwei bis zweieinhalb Stunden ist man an der frischen Nordseeluft unterwegs. Höhepunkt jeder Wanderung ist die Salzproduktion am Ende, so wie heute an einem Picknicktisch am FKK-Strand in Goting.
Nein, Nackideis sind nicht zu sehen. Darum geht es auch nicht. Jeder Teilnehmer bekommt einen mini Mörser mit mini Schälchen und dann wird Salz mit Kräutern veredelt. Dazu reicht Barbara Wasser und Brot. Es sind diese einfachen Dinge, die hier am Meeressaum inmitten der Natur besonders gut schmecken.
Das ist auch das, was Barbara im größeren Stil neben ihren Kräuterwanderungen betreibt. Das Salz ist biozertifiziert, zwar nicht von Föhr, aber aus dem Atlantik. „Das ist garantiert schon mal an Föhr vorbei geschwommen“, sagt Barbara und lacht.
Zehn verschiedene Salzsorten im Angebot
Mit diesem Salz stellt sie ihre individuellen, veredelten Salze her. „Das wird mit Kräutern vermischt.“ Aber diese sammelt sie nicht am Strand, sondern in geschützten Bereichen, in privaten Gärten etwa, so dass garantiert keine Verschmutzungen vorliegen. „Das sind eingezäunte Grundstücke, aber alle auf Föhr.“
Darunter zum Beispiel Thymian, Rosmarin, Petersilie, Schnittlauchblüte, Weinlaub, Heckenrose, Giersch, Gundermann oder Brennessel. Zehn verschiedene Salzsorten hat sie im Angebot. „Ich habe schon immer viel für Freunde herum experimentiert.“ Erhältlich sind ihre Salze unter anderem bei „Kleine Sünden Föhr“ oder auf dem Bio-Käsehof Heitmann und in ihrem Onlineshop. www.föhrer-wildnis.de
Der Gitarrenbauer
Manuel May ist ein Lebenskünstler. Gelernt hat er mal Einzelhandelskaufmann in Hessen und anschließend Zweiradmechaniker. Er hat zwischendurch in einem Toyota Corolla gewohnt und sich den Anbau von Gemüse selbst beigebracht und Supermärkte mit Tomaten aus eigener Produktion beliefert.
Das Gitarrenbauen hat ihm der bekannte Eimsbütteler Gitarrenbauer Michael Wichmann gelehrt. Und nun? Nun hat sich der 39-Jährige festgelegt und widmet seit einem Jahr seine ganze Arbeitskraft dem Bauen von Gitarren – schwerpunktmäßig fertigt er derzeit Gypsy-Gitarren in seiner Werkstatt im Wyker Ortsteil Wrixum an. Und er hat bereits einen festen Kundenstamm: Die Sinti-Familie Weiß kauft regelmäßig bei ihm ein.
„Ich will ein Instrument bauen, kein Angeberding“
Manuel liebt die Arbeit mit Holz, Zedern und Fichte kommen bei ihm zum Einsatz sowie indischer Palisander: „Die Klangdimension ist toll“, sagt er. Er ist da ganz pragmatisch und sagt: „Man kann aus jedem Holz ein gutes Instrument bauen.“ Shellack-Politur oder sonst ein Getue gibt es bei seinen Gitarren nicht. Er ist da eher traditionell. „Ich will ein Instrument bauen, kein Angeberding.“ Für eine Gitarre verarbeitet er etwa 1200 Gramm Holz. Das Haptische, das Handwerkliche liebt er an seinem Beruf. Und er liebt Föhr.
Mit seiner Frau hat er mal in Hamburg gelebt und dabei ja auch bei Michael Wichmann an der Bundesstraße den Gitarrenbau gelernt. Als sein erster Sohn klein war, zog es die beiden vor neun Jahren auf die Insel. Dort leben seine Schwiegereltern.
Die Föhrliebe war schon immer da
Als Kind war der zweifache Vater (acht und zehn sind seine Söhne) schon immer auf Föhr. „Man ist draußen, man hat die Weite und dann diese Stille. Die ist beängstigend und beruhigend zugleich.“ Ja, Manuel liebt die leisen Töne. Auch bei der Gitarre. Zwar baut er viele Gypsy-Gitarren, aber vom Klang her sei die klassische Gitarre viel schöner. Weniger schrabbelig.
Dafür seien die Sinti-Musiker unkomplizierter. „Die setzen sich einfach hin und spielen. Die anderen machen daraus eine Wissenschaft“, sagt Manuel und lacht. Neben Musikern zählen Liebhaber dieser besonderen Gitarre zu seinen Kunden. Lehrer, Zahnärzte im Ruhestand etwa, Liebhaber eben, „Menschen, die sich gern etwas gönnen“, sagt Manuel. Rund 3000 Euro kostet solch eine Gitarre, die er auch nach Österreich und in die Schweiz verkauft. Darin stecken zwischen 80 und 100 Arbeitsstunden. www.may-guitars.de
Die Suppeninsel
Türkis war den Verantwortlichen in Wyk laut Sonja Baumann wohl doch zu krass. Und somit durfte sie mit ihrem Anhänger, aus dem sie ihre Suppen verkauft, nicht am Südstrand stehen.
Aber Utersum ist auch schön und ihre Produktionsküche gleich nebenan. Die Pfälzerin lebt und arbeitet seit vier Monaten auf Föhr und betreibt ihre eigene Suppenmanufaktur. Suppen und Fonds stellt sie in großer Menge seit Jahren für Feinkostläden in der Schweiz oder in Hamburg her.
Im Sommer war es für Suppe zu warm
Hier auf Föhr geht es bodenständiger zu, ohne an der Qualität einzubüßen. Immerhin sind ihre Kalbs- und Fischfonds vom Fachmagazin Feinschmecker prämiert. 38 Suppen hat sie im Sortiment. In dieser Woche etwa Rote Beete Suppe mit Gemüse-Tarte, Tobinambursuppe mit Chips und Kartoffellauchcremesuppe mit Räucherfisch. Der Andrang an diesem Freitagmittag ist groß.
Für 7,50 Euro gibt es nicht nur eine extrem leckere Suppe, sondern auch noch Nachschlag – wie zu Hause, nur besser. Ein wenig Pech hatte die 57-Jährige in dieser ersten Suppensaison auf Föhr mit dem Wetter. Es war im Sommer einfach zu warm für Suppe. Aber das bringt die Pfälzerin nicht aus der Ruhe. Sie plant schon weitere Gerichte, typisch norddeutsche nämlich, wie Fliederbeersuppe mit Grießklößchen oder Birnen-Bohnen und Speck.
Manufakturen auf Föhr: Suppeninsel eine echte Bereicherung
Kochen ist ihre Leidenschaft. „Ich koche seitdem ich sieben Jahre alt bin“, sagt sie. Normalerweise steht sie mit ihrem Trailer auf einem Parkplatz in Utersum. Doch momentan ist erst einmal Suppenpause, bevor es am 27. Dezember auf der Silvestermeile weitergeht und spätestens im März oder April steht Sonja Baumann wieder mit ihrem Trailer in Utersum. Das Türkis ihres Anhängers, übrigens eine schöne knallige Farbe, ist nicht zu übersehen. Tja, da haben die Wyker Pech gehabt. Sonja Baumanns Suppeninsel ist eine echte Bereicherung für Utersum. www.diesuppeninsel.com