St. Peter-Ording/Immenstedt. Für Küchenchef Markus Friederici sind Nachhaltigkeit und Regionalität nicht nur moderne Schlagworte. Seine Vision.
Die italienischen Wasserbüffel mit ihren langen Hörnern wirken ein wenig ungewohnt auf den nordfriesischen Weiden. Schwarz statt Schwarz-Bunt. Und doch ist der Anblick der grasenden Büffel in Immenstedt bei Husum ganz normal.
Denn Familie Feddersen hält rund 80 Wasserbüffel – als einzige Landwirte in Schleswig-Holstein und als eine der ganz wenigen in Deutschland. Der Mozzarella, Joghurt und Käse, den Bärbel Feddersen aus der Büffelmilch produziert, landet zum Beispiel auf dem Tisch der „Deichkind“-Gäste im StrandGut Resort in St. Peter-Ording.
Denn für Küchenchef Markus Friederici sind Nachhaltigkeit und Regionalität nicht nur moderne Schlagworte. Es ist eine Vision. Und dazu gehört es, viele seiner Produkte von norddeutschen Betrieben zu bekommen.
Gastronomie an der Nordsee: Der Küchenchef kennt seine Händler persönlich
Mit Bärbel und ihrer Familie ist Markus Friederici längst per Du. Hier saß er bereits bei Kaffee und Kuchen in der Bauernküche. Denn aus einer geschäftlichen Beziehung ist inzwischen Freundschaft geworden. Alle zwei Wochen beliefert Bärbel Feddersen das „Deichkind“ in St. Peter-Ording mit Büffelmilch-Ware.
Der Kontakt zu all seinen regionalen Lieferanten ist dem Deichkind-Chef wichtig und so kennt der 38-Jährige alle Händler persönlich, hat sich sämtliche Höfe, von denen er Milch, Fleisch, Fisch oder Gemüse für sein Restaurant „Deichkind“ erhält, angeschaut und viel dazu gelernt.
Wasserbüffel sind viel schlauer als Milchkühe
Gerade erklärt Bärbel Feddersen bei einem Besuch vor Ort, dass Wasserbüffel viel weniger Milch geben als eine Schwarz-Bunte. Seien es bei einer Milchkuh bis zu 40 Liter am Tag, schaffe eine Wasserbüffel-Kuh lediglich bis zu zehn Liter täglich. Außerdem seien ihre Wasserbüffel schlauer als ihre Milchkühe. „Wenn ich Anna, Maren oder Ilse rufe, dann hören die auf ihre Namen und treten an zum Melken“, sagt die Agrarbetriebswirtin.
Verschmust seien sie außerdem, aber nicht bei jedem. Bei dem Koch vom "Deichkind" schon. Immer wieder stupsen sie Markus Friederici an, wollten gekrault werden.
Büffelmilch ist fettiger und laktosefrei
Das war bei ihren Milchkühen früher nicht so. Bis zum vergangenen Jahr hielten sie, ihr Mann Arno und Sohn Thies Jürgen, auch noch 130 Milchkühe. Nun der endgültige Wechsel auf hochwertige Büffelmilch-Produkte. Der Unterschied zu Kuhmilch: „Der Fettgehalt von 9,3 Prozent ist bei Büffelmilch viel höher, sie hat einen höheren Kalziumgehalt und ist durch das Fett viel geschmacksintensiver“, so Frau Feddersen. Geschmacksintensiv ohne Eigengeschmack.
Für Markus Friederici aber kommt es vor allem auf die fehlende Laktose an. Denn er strebt eine allergenfreie Küche an. Schon jetzt gibt es bei allem, was er selbst herstellt, keinen Weizen, nur Dinkel, Roggen-Dinkel- und Vollkornmehl. Sein Pesto besteht aus Öl, Salz, Kräutern und Pfeffer – ohne Parmesan, ohne Pinienkerne. Sämtliche Soßen und Dips fertigen er und seine Mitarbeiter in ihrer Küche. Statt herkömmlicher Nudeln gibt es bei ihm nur selbst gemachte Bio-Dinkel-Grieß-Nudeln.
Glutenfreie Frikadellen: Und keiner merkt’s
Wem es nicht schmeckt, hat Pech gehabt. So einfach ist das. Manchmal müsse man die Menschen nämlich an die nachhaltige und vegane Küche gewöhnen. „Ich möchte niemandem etwas weg nehmen, sondern den Horizont erweitern“, so Friederici.
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Seine glutenfreien Frikadellen zum Beispiel enthalten Haferflocken statt Brot. Die meisten Gäste bemerken das gar nicht. Seine Idee fürs kommende Jahr: Statt die veganen und laktosefreien Gerichte auf der Speisekarte zu kennzeichnen, wird er es umgekehrt handhaben und extra auf Milch und Fleisch hinweisen.
Zur nachhaltigen Gastronomie gehört es auch, dass es bestimmte Lebensmittel auch einmal nicht gibt. Wenn der Mozzarella aus Büffelmilch alle ist oder gerade nicht lieferbar, nimmt Küchenchef Markus Friederici diesen einfach von der Karte.
Seine Philosophie: „Wir können eben nicht immer alles zu jeder Zeit haben. Wir müssen lernen, mit den Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, zu leben und das geht nicht durch übermäßigen Konsum.“ Die Jahreszeiten nutzen und in der Region gucken, die Produzenten vor Ort unterstützen, dann passe es. Das mache eine moderne Küche aus.
Markus Friederici kommt vom Bauernhof
Zwei- bis dreimal im Jahr besucht er seine lokalen Produzenten. Selbst auf einem Bauernhof bei Göttingen in Niedersachsen aufgewachsen, weiß er, wie es auf einem Bauernhof auszusehen hat, worauf es ankommt. „Ich habe als Kind auf Knien Kartoffeln ernten müssen.“
Neben Feddersens Farm gehört Wagyu-Fleisch von Familie Eggers aus Risum-Lindholm dazu, Fisch aus Hamburg, Eier aus Meldorf, Garnelen aus der Kieler Förde, Bio-Gemüse aus Dithmarschen oder Bio-Kresse aus Büsum, Milchprodukte von der James-Farm in Flensburg.
Allergenarm, vegan und vegetarisch und hochwertiges Fleisch aus artgerechter Haltung, darauf kommt es ihm an. Seit sieben Jahren kocht er für die StrandGut-Gäste nach Ausbildung und zwölf Jahren in der Sansibar auf Sylt, nach Stationen auf der MS Europa in Südafrika und auf den Malediven. Klingt exotisch, aber hier in Nordfriesland setzt der Vater von zwei Jungs (zehn und zwölf) auf Küche ohne viel Chichi.
Der Küchenchef isst nur wenig Fleisch, dafür Gutes
Er selbst bezeichnet sich als Flexitarier, heißt er isst nur wenig und nur ausgesuchtes Fleisch. Während des Corona-Lockdowns hat er sich per Fernstudium zum Ernährungsberater für vegane-vegetarische Küche fortgebildet. „Ein Koch zu sein, bedeutet viel mehr als nur zu kochen“, sagt er. „Du bist Ernährungsberater, du musst Weitblick haben, und du hast eine soziale Verantwortung nicht nur für deine Mitarbeiter, sondern auch für die Händler, mit denen du zusammenarbeitest.“
Das mit dem guten Kochen ist, wenn es nach Markus Friederici geht, ganz einfach: „Mit geilen Produkten kannst du richtig glänzen.“ Die Gäste in St. Peter-Ording, sagt er, seien anspruchsvoll. „Meine Idee ist, ein bewusster, qualitativer, regionaler Genuss mit ausgezeichneten Produkten.“