Kiel. Ministerpräsident Günther beschwört in einer Regierungserklärung Zusammenhalt – und erntet heftige Kritik.
Ministerpräsident Daniel Günther hat die Schleswig-Holsteiner auf eine schwere Zeit eingestellt, ihnen aber auch Mut zugesprochen. „Nach zwei Wintern mit Corona gehen wir nun erneut auf eine ungewisse kalte Jahreszeit zu“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in einer Regierungserklärung. „Für viele Menschen mag der Blick in die Zukunft heute ein sorgenvoller Blick sein. Doch ich versichere Ihnen, wir werden alles tun, um auch das gemeinsam durchzustehen.“ Die Regierung wolle sich nicht von Krise zu Krise hangeln, sondern das Land langfristig krisenfest aufstellen.
Begleitet von harscher Oppositionskritik stellte Günther seine Rede unter das Motto „Zusammenhalten – zusammen gestalten“. „In Schleswig-Holstein halten wir zusammen. Wir können auch Krise“, sagte er. Das hätten die Bürger in der Corona-Pandemie bewiesen. Jetzt machten sich viele Sorgen wegen der hohen Preise. Die Energiekosten zeigten, wie zentral die Frage der sozialen Gerechtigkeit sei. Mehr Gerechtigkeit sei Antrieb der Regierung in allen Politikfeldern.
Schleswig-Holstein: Günther will Land klimaneutral machen
Wer die Lasten nicht schultern könne, bekomme Hilfe, sagte Günther. Der Staat könne aber nicht jede Härte ausgleichen. Die Regierung setze sich in Berlin für Entlastungen bis in die Mittelschicht ein. Das Land helfe da, wo der Bund es nicht tut. „Die wirklich starken Schultern werden ihr Päckchen selbst tragen müssen“, sagte Günther. Die Bundesregierung müsse dringend ein weiteres Entlastungspaket liefern. Auf Kritik der FDP an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte er, deren Bundesminister bekleckerten sich nicht mit Ruhm. „Höchstens mit Glamour“, fügte er in Anspielung auf die Sylt-Hochzeit von Finanzminister Christian Lindner hinzu.
Günther hob das Ziel hervor, das Land schnellstmöglich klimaneutral zu machen. „Wir werden noch stärker als bisher unsere eigene Energie hier ernten, speichern und verwenden.“ Energie werde zum entscheidenden Standortfaktor. In Schleswig-Holstein könnten sich Unternehmen künftig direkt mit grünem Strom versorgen. „Veredelt in Form von Wasserstoff, können wir Lastwagen, Busse und Schiffe damit betanken und Industrieprozesse sowie Verkehr dekarbonisieren.“ Schleswig-Holstein wolle als erstes Land in allen Bereichen des Lebens und Wirtschaftens ohne fossile Energieträger auskommen.
„20 Prozent müssen wir schaffen“
Günther betonte die Notwendigkeit des Energiesparens. „20 Prozent müssen wir schaffen.“ Das Land unterstütze Bürger mit einem 50-Millionen-Euro-Programm bei persönlichem Klimaschutz-Engagement. Für 450 Landesgebäude greife zum Winter ein Energie-Sparprogramm. Das Land setze sich auch für gezielte Zuwanderung von Fachkräften ein.
SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller zeigte sich enttäuscht. Es fehlten konkrete Maßnahmen. Für vieles erkläre sich die Regierung für nicht zuständig. Sie müsse sich aber aktiv um sozialen Zusammenhalt kümmern. Günther nehme ganze Teile der Gesellschaft nicht in den Blick. „Mein Eindruck ist, dass wir in zwei unterschiedlichen Ländern leben. Es gibt zwei Schleswig-Holsteins.“ Es gebe eines für Schwarz-Grün und in dem Schwarz-Grün Politik mache, sagte er. „Das ist das Land, in dem Sie und ihre Freunde und Bekannten leben. Und es gibt ein anderes Land, das kennen Sie kaum.“
Schleswig-Holstein: Kritik an Günthers Erklärung
CDU-Fraktionschef Tobias Koch wies das empört zurück. Nicht die Koalition spalte die Gesellschaft, sondern der Oppositionsführer. Auch Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter widersprach Losse-Müller. „Der Krieg spaltet die Gesellschaft“, sagte er. „Die Regierung startet fokussiert und geschlossen in eine schwierige Zeit.“
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Günther habe den Koalitionsvertrag in Kurzform vorgetragen, sagte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Das hätte er auch vor der Sommerpause tun können. Konkrete Lösungen für Energiekrise und Entlastungen von Bürgern fehlten. Nur nach Berlin zu zeigen, sei „ganz dünne Soße“. Aus Sicht von SSW-Fraktionschef Lars Harms tut die Koalition nicht genug gegen die Kostenbelastung der Menschen. Ein Beispiel sei der Verzicht auf Mietpreisbremse und Senkung der Kita-Gebühren. Die Politik müsse sich besser um die Bürger kümmern, sonst gebe es ein Problem für die Demokratie.