Kiel. Der Wahlsieger kündigt im Gespräch mit dem Abendblatt Sondierungsgespräche an und spricht über die Zukunft der Jamaika-Koalition.

Daniel Günther hat die Landtagswahl überzeugend gewonnen – und sich damit selbst ein Dilemma eingebrockt: Nach dem Triumph der CDU in Schleswig-Holstein – die Partei erreichte 43,4 Prozent der Stimmen – braucht Ministerpräsident Günther jetzt nur noch einen der beiden Partner aus der im Land beliebten Jamaika-Koalition.

Im Gespräch mit dem Abendblatt kündigte der CDU-Politiker für Dienstag nächster Woche erste Sondierungen an: morgens mit den Grünen, nachmittags dann mit der FDP. In den Einzelgesprächen soll es auch um die Frage gehen, ob „Jamaika“ trotz des großen Erfolgs der CDU noch eine Option für die nächsten Jahre sein könnte, sagte Günther am Abend.

Landtagswahl: Daniel Günther kann auf einen Jamaika-Partner verzichten

Sowohl die Grünen als auch die FDP brachten sich am Montag als Koalitionspartner in Stellung. Die Spitzenkandidatin der Nord-Grünen, Monika Heinold, rief Günther zur Bildung eines Bündnisses mit ihrer Partei auf. Bei der Wahl hätten die Grünen „dreimal so stark“ abgeschnitten wie die FDP, sagte sie in Berlin nach Beratungen mit der Grünen-Bundesspitze. „Wir haben Lust zu regieren.“ Dieses Angebot machte Aminata Touré, die andere Frau aus der grünen Doppelspitze, dem Wahlsieger. „Wir sind gesprächsbereit und offen.“ Günther habe als klarer Wahlsieger die Aufgabe, zu Sondierungsgesprächen einzuladen.

FDP-Fraktionschef Christopher Vogt geht von einer Koalition aus CDU und Liberalen aus. „Ich halte das für sehr wahrscheinlich“, sagte Vogt. Die CDU müsse sich entscheiden: Ob sie mit den Grünen eine „große Koalition“ bilden oder mit der FDP die Modernisierung der Infrastruktur vorantreiben sowie Wirtschaft und Bildung stärken wolle.

CDU gewinnt die Landtagswahl in Schleswig-Holstein klar

Die CDU hatte die Wahl klar gewonnen. Es folgten die Grünen mit 18,3 Prozent auf Platz 2. Die SPD kassierte ein Debakel und stürzte auf 16,0 Prozent ab. Die FDP erreichte nach deutlichen Verlusten 6,4 Prozent. Die AfD scheiterte wie die Linke an der Fünf-Prozent-Hürde, der SSW kam auf 5,7 Prozent.

Der Wahlsieger hatte lauthals singend und euphorisch tanzend am Sonntagabend auf der Wahlparty der CDU seinen Erfolg gefeiert. Am Montag erreichte das Abendblatt den alten und wohl auch neuen Ministerpräsidenten auf der Rückfahrt von der Bundesvorstandssitzung in Berlin nach Kiel.

Daniel Günther im Interview: Separate Gespräche mit Grünen und FDP

Hamburger Abendblatt: Herr Günther, herzlichen Glückwunsch zu 43,4 Prozent für die CDU. Was haben Sie gedacht, als Sie die Zahl gesehen haben?

Daniel Günther: Ich habe mich einfach tierisch gefreut. Wir haben die Umfragen, die uns bei 38 Prozent sahen, noch einmal deutlich übertroffen. Im Stillen hatte ich 40 Prozent erhofft, aber jetzt liegen wir mit 43,4 Prozent klar darüber. Das ist sensationell und ein ganz großer Vertrauensbeweis. Aber ich bin auch demütig, denn das Ergebnis bedeutet eine große Verantwortung.

Worauf führen Sie Ihren Erfolg zurück?

Günther: „Jamaika“ hat einen großen Rückhalt in der Bevölkerung, die Leute sind mit unserer Arbeit zufrieden und wünschen sich eine Fortsetzung der Koalition. Zwei Drittel der Stimmen für alle „Jamaika“-Parteien und ein großer Teil davon am Ende bei der CDU, die die Regierung angeführt hat – das sind die entscheidenden Faktoren neben dem richtigen Kurs der Mitte, den wir als Partei gefahren sind. Dieser Kurs macht es möglich, dass die Ränder klein sind. So ist die AfD nicht mehr im Parlament vertreten.

Sie haben Ihr Angebot, „Jamaika“ fortzusetzen, am Wahlabend erst wieder erneuert. Aber ein dritter Partner wird halt nicht mehr gebraucht. Grüne oder FDP – gibt es den bisherigen Partner, auf den Sie am ehesten verzichten könnten?

Günther: Nein, den gibt es nicht. Ich habe im Wahlkampf immer deutlich gemacht, dass wir gemeinsam „Jamaika“ getragen haben. Das gilt weiter. Es gibt eine breite gesellschaftliche Zustimmung für unser Projekt, Ökonomie und Ökologie zu verbinden. Grüne und FDP haben am Erfolg von Jamaika einen gewichtigen Anteil. Dass die Grünen gewonnen haben und die FDP verloren hat, liegt vielleicht auch daran, dass wir als CDU FDP-Wähler für uns gewinnen konnten. Die FDP mit Heiner Garg, Bernd Buchholz und Christopher Vogt an der Spitze hat einen großartigen Job gemacht.

Wie geht es jetzt konkret weiter?

Günther: Wir sprechen separat mit beiden Parteien. Welche Konstellation dann möglich ist, wird in diesen Gesprächen analysiert und besprochen.

Die Schnittmenge von CDU und FDP dürfte größer sein …

Günther: … mal so, mal so. Im Bereich der Inneren Sicherheit haben wir eine größere Distanz zu beiden Parteien. Aber es gibt auch die Themen mit einer deutlich größeren Nähe zwischen CDU und FDP als zu den Grünen.

In Ihre Fraktion wurden doch wieder erheblich mehr Männer als Frauen gewählt, obwohl die Landesliste auf Ihren Wunsch paritätisch besetzt war. Enttäuscht Sie das?

Günther: Die Enttäuschung war ja schon da, ich wusste, dass die Situation eintreten kann. Aber es bleibt bei meinem Ehrgeiz. Die paritätische Liste ist beispielgebend. Unser Frauenanteil in den Wahlkreisen muss bei den nächsten Wahlen noch stärker werden. Aber ich bin sehr froh darüber, dass wir viele starke Frauen in der neuen Fraktion haben. Und die Zahl der Frauen hat sich fast verdoppelt. Das ist ein kleinerer Schritt, als den ich mir gewünscht habe. Aber er geht in die richtige Richtung.