Kiel. Heinold und Touré wollen das Bündnis mit Daniel Günther. Die FDP gibt sich ebenfalls zuversichtlich. Bleibt die Frage: Grün oder Gelb?

Sie sind – neben der CDU – die großen Gewinner der Landtagswahl: Die Grünen konnten ihr Wahlergebnis von 2017 um 5,4 Punkte auf 18,3 Prozent steigern. Damit ließ die Partei sogar die SPD hinter sich und landete auf Platz 2. Daraus leitet die Doppelspitze von Monika Heinold und Aminata Touré einen Wählerauftrag ab.

„Wir sind gesprächsbereit und offen, haben Lust zu regieren“, sagte die bisherige Landtagsvizepräsidentin Touré am Montag dem Abendblatt. Daniel Günther habe als klarer Wahlsieger die Aufgabe, die Parteien zu Sondierungsgesprächen einzuladen. Touré sprach von der „Notwendigkeit, Regierungsverantwortung zu übernehmen“.

Schleswig-Holstein-Wahl: Schwarz-Grün soll Gesellschaft zusammenhalten

Für Monika Heinold, die angetreten war, Günther als Ministerpräsidentin abzulösen, sind die Schnittmengen von Schwarz-Gelb größer als bei einem Bündnis der CDU mit den Grünen. „CDU und FDP liegen eng beieinander. In der jetzigen Situation würde die FDP wahrscheinlich das CDU-Programm als Koalitionsvertrag unterschreiben.“ Gerade deshalb sei so spannend, was Daniel Günther aus seinem Ergebnis mache.

„Er war mit ,Jamaika‘ deshalb so erfolgreich, weil die Regierung nicht ein Lager bedient, sondern die Gesellschaft zusammengehalten hat; weil sich in der Regierung viele Teile der Gesellschaft wiedergefunden haben“, sagte Heinold. Wenn man dieses Modell einer modernen Politik weiter haben möchte, dann müsse es ein schwarz-grüne Koalition geben. „Schwarz-Gelb bedeutet Stillstand“, sagte Heinold. „Und dieses Bündnis wäre nicht der Wille der Wählerinnen und Wähler.“

Deutliche Verluste für die FDP

Das sieht die FDP naturgemäß anders. Deren Fraktionschef Christopher Vogt jedenfalls geht von einer künftigen Koalition aus CDU und Liberalen aus. „Ich halte das für sehr wahrscheinlich“, sagte Vogt. Die CDU müsse sich nach ihrem klaren Wahlsieg entscheiden, wohin sie das Land führen will: Ob sie mit den Grünen eine „große Koalition“ bilden oder mit der FDP die Modernisierung der Infrastruktur vorantreiben sowie Wirtschaft und Bildung stärken wolle.

„Aber das liegt nicht in unserer Hand“, sagte Vogt. Die CDU hat mit 43,4 Prozent klar gewonnen. Es folgten die Grünen mit 18,3 Prozent und die SPD mit 16 Prozent. Die FDP erreichte nach deutlichen Verlusten nur 6,4 Prozent.

Erst mal durchatmen, dann sondieren

Wird Günther Vogts Worten folgen oder wird er eher auf ein Bündnis mit den deutlich stärkeren Grünen setzen und dann auf die FDP als Koalitionspartner verzichten? Und würde die CDU dieses Kurs überhaupt mittragen? Sie glaube schon, dass Günther die Macht hätte, ein Bündnis mit den Grünen durchzusetzen, sagt Touré. Sie nannte das Wahlergebnis einen „Erfolg Günthers, nicht seiner konservativen Partei. Jetzt kommt es auf dessen internes und externes Verhandlungsgeschick an.“

Heinold geht nicht davon aus, dass es in dieser Woche bereits erste Sondierungsgespräche geben wird. Die möglichen Verhandlungspartner dürften zunächst die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am Sonntag abwarten. Erst nächste Woche dürften die Gespräche im Norden starten. „Es dürfte uns allen guttun, ein paar Tage durchzuatmen um dann durchzustarten“, sagte Heinold.

Heinold glaubt nicht ans Jamaika-Comeback

Sie glaubt nicht an einer Wiederauflage des Jamaika-Bündnisses. „Die FDP hat das für den Fall ausgeschlossen, dass nur zwei Partner gebraucht würden. Und ich habe immer gesagt, dass ein Bündnis nur dann stabil ist, wenn alle Partner gebraucht werden.“

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    Heinold wird nachgesagt, Finanzministerin im Land bleiben zu wollen, wenn sie schon nicht Ministerpräsidentin werden kann. Sie nannte die Aufgabe zuletzt sehr spannend, weil sie als Finanzministerin Gesellschaftspolitik machen könne. Und was wird aus Touré? Möglicherweise auch Ministerin? Oder lieber Fraktionschefin? „Monika Heinold und ich sind als Doppelspitze in den Wahlkampf gegangen, weil wir uns eine Menge zutrauen. Je nach Konstellation kann ich mir beides gut vorstellen.

    Die klimakompetenten Grünen

    Die Grünen hatten im Wahlkampf auf ein deutlich höheres Tempo beim Umbau des Landes Schleswig-Holstein hin zur Klimaneutralität gedrängt. Während die CDU das Jahr 2045 dafür anpeilt, wollen die Grünen schon 2035 soweit sein. In einer Umfrage durch Infratest dimap im Auftrag der ARD gaben am Sonntag denn auch 56 Prozent der Schleswig-Holsteiner an, die Grünen hätten die höchste Kompetenz in Sachen Klima- und Umweltpolitik. Zum Vergleich: Die CDU kam in dieser Frage auf gerade einmal elf Prozent.

    In der Altersgruppe der 16 bis 24-Jährigen schnitten die Grünen am besten ab. Sie holten 26 Prozent der Stimmen. Auf Platz 2 in dieser Altersgruppe lag die CDU, die SPD folgte auf 3. In der Gruppe der Menschen, die älter sind als 70 lag die CDU mit weitem Abstand vorn: Sie kam hier auf einen Anteil von 55 Prozent.

    Der Kieler Politikwissenschaftler Wilhelm Knelangen rechnet mit einem schwarz-grünen Bündnis. „Ein erklecklicher Teil der Wählerschaft hat Günther eben nicht als CDU-Kandidaten gewählt, sondern als Jamaika-Kopf“, sagte der Professor der Deutschen Presse-Agentur. „Er gilt als derjenige, der die konservativen Teile des Landes zusammenbringt mit der ökologischen Bewegung der Grünen.“ Deshalb sei die Union gut beraten, diesen wichtigen Teil des Wahlerfolges nicht infrage zu stellen.

    Programmatisch, so Knelangen, seien CDU und FDP näher beieinander. Auch würden schwarz-grüne Koalitionsverhandlungen nicht reibungslos verlaufen. „Aber wenn man die Geschichte weitererzählen will, dass modern-konservativ und progressiv-ökologisch zusammenkommen, dann wird das die Parteien zusammenbringen.“ Die Union werde natürlich auch mit der FDP sprechen, sagte Knelangen. „Vermutlich wird sie nach Gesprächen mit FDP und Grünen feststellen, dass es mit beiden aktuellen Koalitionspartnern gehen wird. Am Ende wird es Daniel Günther sein, der entscheidet.“