Kappeln. In Kappeln gibt es großen Bedarf an Hotelzimmern. In diese Lücke stoßen Bo Teichmann und Tilmar Hansen.
Die kleine Stadt Kappeln ist bekannt für ihre Heringszäune, ihre Klappbrücke und für die Schlei, die mitten durch den Ort fließt – aber bestimmt nicht für ihre Hotels. Das soll sich ändern, zumindest wenn es nach Bo Teichmann geht. Der gebürtige Kappelner betreibt bereits zwei von ihnen, das Schlei Hotel und den Pierspeicher. Ein drittes, der Südspeicher, soll im Sommer eröffnet werden. „Hier in der Stadt besteht ein großer Bedarf an Hotelzimmern, und in diese Lücke wollen wir stoßen“, sagt er.
Teichmann hatte bis vor Kurzem, genauer gesagt bis ins Jahr 2019, nichts mit Hotels zu tun. Der gelernte Handelsfachwirt führte jahrelang gemeinsam mit Henning Mittelmann die in Kappeln ansässige Mittelmann’s Werft. Zu seinem neuen beruflichen Standbein kam er eher durch einen Zufall. „Einer meiner engsten Freunde ist Projektentwickler.“ Tilmar Hansen heißt der, besitzt die MTK Development und die Rennyacht „Outsider“, zu deren festen Crewmitgliedern Teichmann seit vielen Jahren gehört.
Bisher hätten sich Hansens Unternehmen um Einkaufszentren in Osteuropa gekümmert, berichtet Teichmann. Seit dem Jahr 2014 kamen auch Hotels dazu, zuerst in Venedig und Wien. „Wir haben immer gesagt, irgendwann müssen wir mal etwas zusammen machen.“ Wie man das so sagt, unter guten Freunden eben.
Aus dem Thomsen Motel in Kappeln wurde das Schlei Hotel
Und dann stand in Kappeln plötzlich das Thomsen Motel zum Verkauf. Ein alter klassischer Familienbetrieb, nicht weit von der Klappbrücke entfernt. „Ich habe die Information sofort an Tilmar weitergeleitet.“ Beide erkannten das Potenzial des Hauses schnell. Gründeten die Teichmann + Hansen GmbH und erwarben das Haus. Am 3. Juni 2019, pünktlich zu den Heringstagen, wurde unter neuem Namen als Schlei Hotel eröffnet. Teichmann kümmert sich seitdem vor Ort um das operative Geschäft und vor allem die Modernisierung. „Wir renovieren das Hotel im laufenden Betrieb“, sagt Teichmann. Von den 27 Zimmern sind mittlerweile 20 erneuert worden. Ein Drei-Sterne-Haus sei das Schlei Hotel heute, wirklich klassifizieren lassen wolle er es allerdings nicht. „Die positiven Reaktionen zur Übernahme und Umgestaltung haben uns gezeigt, dass wir den richtigen Schritt gegangen sind“, so Teichmann, der alle Mitarbeiter übernommen hat. Die Stieftochter des ehemaligen Besitzers, Sina Borow, leitet übrigens bis heute das Haus.
Bereits kurze Zeit später kamen Teichmann und Hansen auf die Idee für ein weiteres Hotel direkt am Wasser. „Wir sind durch Kappeln gelaufen und haben den Südspeicher gesehen. Sofort dachten wir, daraus kann man doch auch ein schönes, stilvolles Hotel machen“, sagt Teichmann. Also kontaktierten die beiden den Besitzer und stellten ihre Idee vor. Zum Hintergrund: Seit Jahren wird in Kappeln am Wasser rund um den alten sogenannten Südspeicher viel renoviert und neu gebaut. So sind hier bereits viele Wohnungen mit direktem Schleiblick entstanden. In der Mitte dieser Gebäude befindet sich der Südspeicher. Über 80 Jahre ist er alt und steht unter Denkmalschutz.
Historischer Pierspeicher in Kappeln wird zu Hotel umgebaut
Seit gut zwei Jahren renovieren und restaurieren Teichmann und Hansen das alte Gebäude nun. Dabei sollen historische Elemente erhalten bleiben und mit modernem Design kombiniert werden. 32 Zimmer entstehen gerade, alles auf Vier-Sterne-Niveau. Dazu ein privater Saunabereich, der von Gästen und anderen Interessierten gemietet werden kann. Und ein Restaurant. Am 1. August soll das Hotel unter dem Namen Südspeicher eröffnet werden. Das Restaurant wollen die beiden Geschäftsleute selbst betreiben, ihnen schwebt ein Bistrokonzept vor.
Quasi nebenbei sind Teichmann und Hansen dann auch noch an den Pierspeicher gekommen. Das historische Gebäude am Wasser, das für Kappeln so charakteristisch ist, gehörte bis vor Kurzem der Familie Mittelmann, die die gleichnamige Werft betreibt. „Doch die zwei Erben wollten das Hotel nicht selber weiterbetreiben“, sagt Teichmann. Ihm sei bereits lange klar gewesen, dass das Haus ein großes Potenzial habe, also habe er gemeinsam mit Hansen den beiden ein Übernahmeangebot gemacht und den Betrieb im Sommer 2020 übernommen. „Das ist einfach ein ganz tolles Gebäude.“
Sechs Stockwerke hoch ist das historische Haus. Bisher gibt es hier 17 große Zimmer und Suiten von bis zu 75 Quadratmetern, alles auf Vier-Sterne-Niveau. Teichmann wäre nicht Teichmann, wenn er nicht noch weitere Pläne hätte. Der Pierspeicher soll umgebaut und erweitert werden. „Die Zimmer sind ehrlich gesagt zu groß.“ Außerdem wird bisher nur ein Bruchteil des gesamten Gebäudes genutzt, nämlich der Teil hinter der südlichen Fassade, der Rest steht unsaniert leer. Hier sollen weitere Zimmer entstehen. Insgesamt wird das Hotel damit auf 52 Zimmer erweitert.
Für das große Glashaus, das an den Pierspeicher anschließt und in dem sich bisher ein Parkhaus befand, sind ebenfalls Zimmer geplant, außerdem eine eigene Physio-Praxis. Ein großzügiger, mehr als 1000 Quadratmeter großer Spa-Bereich mit Saunalandschaft und Fitnessstudio soll im Keller entstehen. Auch das Restaurant wird umgebaut und erweitert. Die Genehmigungen für das Projekt stehen noch aus. Teichmann rechnet damit, dass die Bauarbeiten Ende 2022 beginnen können.
Die große Herausforderung sind für Teichmann und Hansen aber gar nicht die Bauarbeiten, die sich natürlich hier und da coronabedingt mal verzögern. Am meisten Sorge bereitet den Unternehmern der Personalmangel. Im Moment sei sein Team gut aufgestellt, sagt Teichmann. Aber für das neue Hotel brauche er dringend noch weitere Mitarbeiter.
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Auch deshalb war für den Unternehmer von Anfang an klar, dass alle Mitarbeiter ganzjährig angestellt sein sollen. „In der Branche ist es ja durchaus üblich, die Kollegen im Winter zu entlassen. Um sie dann im Frühjahr wieder zu beschäftigen. Das halte ich für absolut unredlich.“ Gute Leute dürfe man auf gar keinen Fall entlassen, auch wenn es nur auf dem Papier geschehe. „Unsere Mitarbeiter übernehmen im Winter, in dem die Hotels nicht ausgebucht sind, einfach andere Aufgaben, wie Renovierungsarbeiten.“
Und um auch weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, haben Teichmann und Hansen zwei Immobilien mit insgesamt 13 Einheiten erworben. Hier sollen künftig die Kollegen die Möglichkeit bekommen, eine Mitarbeiterwohnung zu beziehen. „Das ist unsere Investition in die Zukunft.“ Und man weiß ja nicht, ob nicht noch das eine oder andere Objekt hinzukommt, auch wenn Teichmann vehement bestreitet, derzeit etwas im Auge zu haben.