Schleswig-Holstein. Ein neues Hotel lockt immer mehr Besucher nach Nordfriesland: Die Erfolgsgeschichte des ehemaligen Lehrers Christoph Brunk.
Urlaub in Niebüll? Daran denken wohl die wenigsten. Die meisten Hamburger kennen den kleinen Luftkurort lediglich als Tor nach Sylt, von wo aus der Autozug hinüber auf die Lieblingsinsel startet. Doch mit seinem Hotel „Landhafen“, das Christoph Brunk vor etwas mehr als zwei Jahren eröffnet hat, wurde eine schicke und moderne Unterkunft ganz nach dem Geschmack von Großstädtern geschaffen.
Was macht Niebüll so attraktiv? „Dort hinten“, sagt Christoph Brunk und zeigt von der Holzterrasse aus in den Garten mit 200 Jahre alten Obstbäumen hinter seinem Hotel, „war einmal ein kleiner Hafen.“ Vor 350 Jahren reichte die Nordsee bis zu dem Ort, wo sich heute das Hotel befindet. Da lag es für Brunk und seine Ehefrau Lisa nahe, ihr Hotel „Landhafen“ zu nennen. In einem der 45 Zimmer hängt ein alter Plan von 1650. Dort ist der Hafen noch eingezeichnet. Es war aber kein Klimawandel, der dazu führte, dass sich das Meer seitdem zurückgezogen hat, sondern der Mensch. Die Nordfriesen legten das Land trocken, um Flächen für Ackerbau zu gewinnen und um Häuser zu bauen.
Nordsee: Urlaub in Niebüll lohnt sich
Die Geschichte seiner Heimat Nordfriesland ist dem 33-Jährigen wichtig. Nach Stationen in Kiel, wo Christoph Brunk Englisch und Sport auf Lehramt studiert hat, und nach seinem Lehrerjob an einem Gymnasium in Hamburg-Winterhude ist er zurückgekehrt – und war eigentlich nie wirklich weg. Nebenan auf dem Bauernhof, den einer seiner drei Brüder heute betreibt, ist er aufgewachsen, hat schon als Kind in dem 7500 Quadratmeter großen Obstgarten des Hotels gespielt. „Ich bin gern Gastgeber. Ich kann, glaube ich, ganz gut mit Menschen“, sagt er. Mit dem „Landhafen“ hat er sich einen Traum erfüllt. Weil er es auch richtig anpacken wollte, hat er noch zusätzlich Hotelbetriebswirt studiert. Dort, wo innerhalb von 13 Monaten der Hotelneubau entstand, war schon zuvor die Gaststätte „Morgenstern“ mit Hotel, die aber jahrelang brach lag. „Als Niebüller hatte ich immer das Gefühl, es fehlt ein richtiges Hotel, in dem man mal Freunde unterbringen kann.“
Tatsächlich hat der Ort derzeit 52 Betten in Ferienwohnungen und 250 Hotelbetten. Bürgermeister Wilfried Bockholt: „Die Bettenzahl in den Hotels und Pensionen war in den letzten fünf Jahren relativ statisch und hat sich durch den massiven Zuwachs durch den ,Landhafen’ Ende 2019 erhöht.“
Heute ist das Hotel nicht nur bei Touristen, sondern auch bei Einheimischen beliebt. Die lassen bei passendem Wetter an den Feuerschalen im Garten ihren Feierabend ausklingen bei Getränken oder treffen sich zum Stammtisch am eigenen Friesentisch.
Hotel „Landhafen“: Yoga, Fass-Sauna und Ziegen
Den Stil des Hotels beschreibt Christoph Brunk selbst als „eine erfrischende Kombination aus traditionellem Landhaus und modernem Industrie-Design“. Herzstück ist die gute Stube. Wie zu Hause sollen sich die Gäste hier fühlen, als seien sie in ihrem eigenen Wohnzimmer. Es gibt gemütliche Sitzecken, Bücher, warmes Kerzenlicht und – dank bodentiefer Fenster – viel Helligkeit auch an düsteren Nordfriesland-Tagen. Brunk weiß, „dass Niebüll nicht als Destination wahrgenommen wird.“ Viele Gäste bleiben vielleicht nach einer langen Anfahrt eine Nacht, bevor es nach Sylt weitergeht. Aber: „Wer einmal hier war, kommt beim nächsten Mal schon für zwei oder drei Nächte“, sagt der Hotelchef und lächelt.
Denn wer hierher kommt, den erwartet ein modernes Haus mit Angeboten, die einen Hotelaufenthalt zu etwas Besonderem machen. Neben dem Obstgarten und der sonnigen Terrasse gibt es eine Fass-Sauna im Garten, ein Hot-Tub, der von den Gästen mit Feuerholz auf mehr als 40 Grad erhitzt werden kann – was auch schon mal zwei Stunden dauern kann. Aber Zeit soll hier egal sein, Hektik keine Rolle spielen. Da gibt es Original-Strandbuden aus dem benachbarten Dagebüll, in denen etwa in kleinerer Runde gespielt werden kann. Brunks Ehefrau Lisa bietet Yoga an. Und dann sind da noch die Ziegen Kurt, Ferdinand und Olaf.
Urlaub in Niebüll: Das Watt ist nicht weit weg
Und schon nach etwas mehr als zwei Jahren hat Brunk es geschafft, dass es eben nicht nur Sylt-Urlauber auf Durchreise sind, die kommen. Es sind Hamburger, die ein langes Wochenende in dem „schnuckeligen Luftkurort“, wie Christoph Brunk es auf seiner Hotel-Homepage schreibt, entspannt verbringen wollen, ob als Paar, mit Freunden, mit Kind oder Hund. Zwölf feste Mitarbeiter und zwei Auszubildende arbeiten im „Landhafen“. Es gibt Frühstück, Kaffee und Kuchen und abends kleine Snacks. Ein eigenes Restaurant hat das Hotel nicht.
Und die gelben Gummistiefel im Hoteleingang deuten darauf hin: Das Watt ist nicht weit weg, und auch die Wiese im Obstgarten kann nach Regen sehr nass sein. „Ich brauche hier keinen Golfrasen“, sagt Brunk. Hier steht das Naturerlebnis im Mittelpunkt. Wer in Nordfriesland Urlaub macht, nimmt Regen in Kauf. Und die Vorteile Niebülls? Der Ort ist eine touristische Drehscheibe: „Von hier aus sind die Inseln Sylt, Föhr und Amrum sowie die Halligen im Weltnaturerbe Wattenmeer, das südliche Dänemark und die Husum und Flensburg in kurzer Zeit zu erreichen“, sagt Brunk.
Bürgermeister Bockholt ergänzt: „Die ganze Region Südtondern mit ihrer Bandbreite von der Nordseeküste mit den Möglichkeiten der vorgelagerten Inseln und Halligen im Weltnaturerbe Nationalpark Wattenmeer bis hin zur Geest des Mittelrückens in Schleswig-Holstein mit ihren Wäldern und Feldern sowie den Möglichkeiten im dänischen Grenzland ist die Destination schlechthin, als Gesamtheit.“ Und da gehöre Niebüll eben dazu.
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Nordsee-Urlaub: „Erlebe Nordfriesland, erlebe dich selber“
„Der Erfolg trotz Corona-Start kurz nach der Eröffnung des Landhafens gibt ihnen Recht. Der Landhafen hat einen großen Zuspruch. Und auch die Insel-Pension der Familie Oldigs erweitert aufgrund der steigenden Nachfrage ihr Angebot kontinuierlich durch Aufkäufe und Umbauten von Liegenschaften rund um das Kernhaus. So ist gerade jetzt wieder eine Erweiterung an den Start gegangen, fünf Gehminuten von der Innenstadt und zwei Minuten vom Bahnhof entfernt. An dem übrigens der alte Wasserturm als Mini-Hotel ausgebaut und von der Insel-Pension vermarktet wird“, so Wilfried Bockholt.
Die Nordsee ist von hier zehn Kilometer entfernt. Wer mehr Strand erleben will als den künstlichen am Gartenteich hinter dem Obstgarten des Hotels „Landhafen“, kann in einer Dreiviertel Stunde auf die dänische Insel Rømø gelangen. Oder man besucht das dänische Städtchen Tøndern – mit dem Auto ist es in einer halben Stunde zu erreichen. Auch das Emil-Nolde Museum liegt nur ein paar Autominuten entfernt.
Mit seinem Hotel, sagt Christoph Brunk, möchte er Erlebnisse schaffen. Sein Motto: „Erlebe Nordfriesland, erlebe dich selbst.“