Jesteburg. Am Sonntag widmet man sich in der Jesteburger Kunststätte Bossard der Malerin Paula Modersohn-Becker und ihren Träumen

Paula Modersohn-Becker will Malerin werden. 1876 wird sie in Dresden geboren, wenige Jahre später zieht ihre Familie nach Bremen. Obwohl ihr Vater sie dazu drängt, Lehrerin zu werden, lässt sie sich nicht von ihrem Traum abbringen.

Sie besucht das Lehrerinnenseminar, nimmt aber gleichzeitig Zeichenunterricht und studiert dann über den Verein Berliner Künstlerinnen. Später geht sie allein nach Paris, um dort die erste Weltausstellung zu besuchen, um andere Künstler kennenzulernen und ihren eigenen Stil zu finden. Bei ihrer Suche lässt sie sich nicht beirren, auch von ihren Kritikern nicht.

Vortrag in Jesteburg anlässlich des bevorstehenden Frauentags

Paula Modersohn-Becker habe sich durch alle Widrigkeiten gekämpft, sagt Katharina Groth, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Kunststätte Bossard. „Sie hat gezeigt, dass man an den eigenen Vorhaben festhalten sollte. Die Frauen heute sollten doch auch tun, worauf sie Lust haben.“ Am Sonntag, 6. März, lädt sie deshalb um 11 Uhr zu einem Vortrag in die Kunststätte Bossard ein, bei dem die Malerin, die einen Großteil ihres Lebens in der Künstlerkolonie Worpswede verbrachte, als Wegbereiterin der Moderne im Zentrum stehen soll. Danach soll im Garten gespeist und diskutiert werden.

Willy Dammasch war fasziniert von der Künstlerin

Groth will am Sonntag auf den Lebensweg der Künstlerin eingehen, aber auch im Vortrag eine Verbindung zur Ausstellung herstellen, die aktuell in der Jesteburger Kunststätte zu sehen ist. Denn der Maler Willy Dammasch sei von der kurzen, aber reichen Schaffensperiode Modersohn-Beckers fasziniert gewesen, berichtet Groth. Dammasch habe es selbst nie einfach gehabt, zeitlebens sah er sich mit der eigenen Kleinwüchsigkeit konfrontiert. Vielleicht habe er sich deswegen von einer Frau inspirieren lassen, die ebenfalls zu kämpfen hatte, vermutet Groth. Im Vordergrund habe aber natürlich ihr Werk gestanden.

Groth ist als gebürtige Bremerin quasi mit Modersohn-Becker aufgewachsen. Dennoch entdecke sie in ihren Bildern immer wieder Neues. „Ich sehe das Experimentelle, was sie vorwegnahm und woraus andere Künstler aufbauten“, so Groth. Insbesondere ihre Selbstbildnisse seien revolutionär gewesen, so die Kunstexpertin.

Paula Modersohn-Becker porträtierte 1903 eine Stillende Mutter. Leuchtende Farben zu verwenden, lernte sie in Paris. Bild: Museum OstwallLandesmuseum Hannover
Paula Modersohn-Becker porträtierte 1903 eine Stillende Mutter. Leuchtende Farben zu verwenden, lernte sie in Paris. Bild: Museum OstwallLandesmuseum Hannover © Museum Ostwall/Landesmuseum Hannover

Sie beschäftigte sich mit der eigenen Weiblichkeit, auch kritisch

Modersohn-Becker beschäftigte sich insbesondere mit der eigenen Weiblichkeit. Auf einem Bild von 1906 ist sie an ihrem sechsten Hochzeitstag nackt, mit vorgewölbtem Bauch, zu sehen. Groth geht nicht davon aus, dass sich die Malerin hier so darstellte, als würde sie ein Kind erwarten, obwohl sie es nicht tat. Modersohn-Becker habe sich vielmehr an gotischen Motiven orientiert und sei mutig genug gewesen, sich hier als schwanger darzustellen – aber schwanger mit der Kunst beziehungsweise mit einem Traum. Stets sei sie kritisch mit sich selbst umgegangen, das sei so beeindruckend, findet Groth.

Dabei wollte die Künstlerin tatsächlich schwanger werden, was ihr erst spät gelang und sie letztlich umbrachte: 1907 stirbt Modersohn-Becker am Kindbettfieber. Erst zehn Jahre später widmete man ihr die erste Ausstellung in Hannover und ihre Arbeit erhielt den Ruhm, der ihr zu Lebzeiten nicht vergönnt war.