Sylt. „Kochen ist kein Ego-Shooter“: Im Sylt-Podcast spricht Zweisternekoch Jan-Philipp Berner über seine Küchenphilosophie.

Kulinarisch ist Sylt bestens aufgestellt. Für jeden Geschmack und Geldbeutel ist etwas dabei. Auch für die Freunde der Spitzengastronomie ist die Insel ein beliebter Anlaufpunkt. Und eine der ersten Adressen ist der Söl´ring Hof. In den Dünen von Rantum thront dieses kleine Luxushotel mit 15 Zimmern unter Reet.

Das hauseigene Restaurant ist mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Damit belegt der Gourmettempel auf der Insel den ersten Platz – ansonsten gibt es noch die Restaurants Bodendorf’s im Landhaus Stricker und das Kai3 im Hotel Budersand, die jeweils einen Michelin-Stern ihr Eigen nennen.

Sylt: Berner übernimmt den Söl’ring Hof

Mehr als 20 Jahre lang hat im Söl’ring Hof Starkoch Johannes King Regie geführt, als Geschäftsführer und Gesellschafter. Zum Jahresanfang übernimmt Jan-Philipp Berner das Zepter und war jetzt zu Gast im Sylt-Podcast des Hamburger Abendblatts. Sein Ziel ist klar gesteckt: „Ich setze darauf, auch in Zukunft gemeinsam mit meinem Team beste Qualität für unsere Gäste zu liefern.“

Der 33-Jährige, der zusammen mit drei Geschwistern in der Universitätsstadt Göttingen aufgewachsen ist, hatte schnell seinen Traumberuf gefunden. Nach der Realschule hatte er keine Ambitionen, noch „drei Jahre die Schulbank für das Abitur zu drücken“. Der junge Mann wollte Koch werden. „Mein erstes Praktikum habe ich in einer Küche gemacht. Diese Gerüche, dieses Tempo, mit dem dort gearbeitet wurde, haben mich beeindruckt. Ich war gepackt davon, mit den Händen etwas zu erarbeiten und dafür Resonanz zu bekommen.“

Jan-Philipp Berner bei Sternekoch Jörg Müller

Seine Ausbildung machte Berner in einem Betrieb bei Göttingen. Nach der Lehre wollte ihm sein Chef einen Urlaub auf Sylt schenken. Aber Berner wollte lieber arbeiten, Erfahrungen sammeln. Schließlich landete er bei Sternekoch Jörg Müller in Westerland und aus zwei Wochen Reinschnuppern wurden schließlich anderthalb Jahre.

Im Sylt-Podcast verrät Jan-Philipp Berner: „Eigentlich war ich danach mit der Insel durch. Ich hatte keine Lust mehr auf Sylt.“ Am Ende aber war die Liebe stärker. Denn kurz bevor er die Insel verlassen wollte, hat der Spitzenkoch seine spätere Frau Theresa kennengelernt, die – kein Scherz – damals im Söl’ring Hof arbeitete. Für Berner ging es erst mal auf die „Wanderschaft.“

Jan-Philipp Berner stand 2009 im Söl’ring Hof am Herd

Er startete mit der Ausbildung zum Küchenmeister, die er 2011 abschloss, und kochte im Sternerestaurant Tschifflik im Romantik Hotel Landschloss Fasanerie Zweibrücken. Doch 2009 kehrte Berner bereits für ein gutes Jahr zurück und stand im Söl’ring Hof am Herd.

Es folgte eine weitere Station im legendären Gourmetrestaurant im Schloss Lerbach in Bergisch-Gladbach. Vor neun Jahren holte ihn Johannes King zurück auf die Insel. Mit Mitte 20 wurde Berner Küchenchef im Söl’ring Hof. „Das war eine unglaublich spannende Zeit. Johannes King ist ein toller Mentor, ich konnte mich komplett auf das Kochen und die Teamführung konzentrieren.“ Dass seine Mitarbeiter teilweise deutlich älter waren, stellte ihn nicht vor Probleme. „In der Küche funktioniert das Leistungsprinzip, nur so gibt es Anerkennung.“

Zweisternekoch: „Kochen ist kein Ego-Shooter"

Manche Spitzenköche setzen heute nicht mehr auf die Michelin-Sterne, für andere ist diese Auszeichnung nach wie vor ein Heiligtum. Berner sagt: „Die Michelin-Sterne haben eine unglaubliche Strahlkraft. Das ist schon wirklich wichtig, um Gäste zu erreichen.“ Die Sterne sieht Berner aber nicht als eine Ehre für sich an, sondern für das gesamte Team.

„Kochen ist kein Ego-Shooter, sondern ein Mannschaftssport. Wir haben 24 Köche und unterstützen uns alle gegenseitig.“ Wer Berner am Abend mit seiner Mannschaft in der offenen Küche beobachtet, erlebt eine Symbiose. Jeder Handgriff sitzt, die Köche arbeiten beinahe lautlos und hochkonzentriert.

Söl’ring Hof: Degustationsmenü kostet ca. 239 Euro

Ein Essen im Söl’ring Hof hat seinen Preis: Das Degustationsmenü mit sechs Gängen liegt bei 239 Euro exklusive Getränke. Berner möchte seinen Gästen „tolle Stunden“ bereiten, und der Genuss soll „an oberster Stelle stehen“. DasWichtigste sei, dass der Abend seinen „Preis wert ist“. Beim Service setzt Berner auch auf Spitzenqualität. „Unser Personal ist mit den Gästen auf Augenhöhe. Unsere Mitarbeiter sind eben keine unterwürfigen Diener.“ Berner schätzt die lässige Atmosphäre, „aber natürlich immer mit Respekt vor dem Gast“.

Wenn man mit dem Sternekoch über Produkte spricht, glänzen seine Augen. Der Chef lässt es sich nicht nehmen, Gemüse und Kräuter oder essbare Blumen im eigenen Söl’ring Hof Garten in Keitum anzubauen und zu ernten. Es ist ein bisschen wie ein Experimentierlabor. „Wir probieren hier auf kleinen Flächen Dinge aus. Und wenn uns dann das Produkt zusagt, bitten wir einen Landwirt, das für uns auf einer größeren Fläche anzubauen.“

„Wir haben keine Fischindustrie auf Sylt"

Er möchte mit den „Schätzen der Insel arbeiten“, aber das ist nicht immer möglich: Man könnte denken, in der Nordsee vor Sylt müsste es doch Fisch wie Sand am Meer geben. Aber damit räumt Berner auf: „Wir haben keine Fischindustrie auf Sylt. Wenn wir nur Fisch von Sylt nehmen würden, dann würde es viermal im Jahr Makrele in zwölf Gängen geben.“

Deshalb bezieht Berner „tolle Meeresfrüchte und Fisch“ vornehmlich aus Dänemark und hat dort seine Genussexperten vor Ort, die ihm bei den Fischauktionen die beste Ware sichern. Auch das Fleisch kommt nicht nur von der Insel. Ab und an gibt es Wild aus der heimischen Jagd, aber das reicht bei Weitem nicht aus. „Ich glaube nicht, dass es geschmacklich einen Unterschied macht, ob die Lämmer auf dem Deich in Morsum oder in Klanxbüll auf dem Festland gestanden haben“, sagt Berner.

Söl’ring Hof auf Sylt: Berner setzt auf Genuss

Wenn er selbst essen geht, setzt er auch „auf Genuss.“ Und verrät: „Das kann eine Muschelbude sein oder ein Gourmettempel.“ Privat lebt er in Hörnum, gemeinsam mit seiner Frau und den beiden ein und drei Jahre alten Töchtern. Sein Zuhause ist für den Workaholic ein Rückzugsort. Inzwischen bezeichnet es der Wahlsylter als ein Privileg, auf der Insel zu leben, und schwärmt von dem Naturparadies.

Bedingt durch Corona musste Berner die große Hochzeitsfeier mit seiner Theresa – standesamtlich haben die beiden bereits geheiratet – zum zweiten Mal absagen. Im nächsten Jahr bleibt aufgrund der Söl’ring-Hof-Übernahme auch keine Zeit. Aber 2022 soll das große Fest mit Familie und Freunden nachgeholt werden. Die Location steht bereits fest. Es wird nicht auf Sylt gefeiert, sondern in Hessen.