CDU, FDP und Grüne in Schleswig-Holstein haben ihre erste Krise überstanden. Ist der Streit ein bitterer Vorgeschmack auf das Bündnis?

Kiel. Die „Jamaika“-Partner in Schleswig-Holstein sind angeschlagen; CDU, Grüne und FDP wollen aber dennoch weiter versuchen, zu einer Einigung zu kommen. Das ist der Stand am Tag 3 einer Krise, die man als Koalitionskrise bezeichnen würde, wenn es denn eine „Jamaika“-Koalition in Schleswig-Holstein schon gäbe. So ist es nur eine Koalitionsgesprächskrise – die allerdings einen bitteren Vorgeschmack auf das liefert, was in einem Regierungsbündnis geschehen könnte: Zank und Streit, dazu Vorwürfe von teilweise recht kleinlicher Natur. „Jamaika“ wäre, so scheint es, tatsächlich beinahe am Umgang mit den Kite-Surfern gescheitert.

In Kiel wird nun schon seit Tagen hart am Wind der Empörung gesegelt. Die FDP unterstellte den Grünen, bei Thema Verkehr und Wirtschaft ein falsches Spiel getrieben zu haben. Die Grünen wiederum warfen den Liberalen vor, eigentlich nur nach einem Vorwand zu suchen, um aus den Koalitionsverhandlungen auszusteigen. In internen Runde sollen sich die Streithähne schon mal ins Gesicht gesagt haben, mit welchen Argumenten man dem jeweils anderen die Schuld am Abbruch der Gespräche in die Schuhe schieben würde.

Heinold: "Mit mir ist heute nicht gut Kirschen essen"

Folge: Am Donnerstag schien ein Scheitern der Verhandlungen wahrscheinlicher zu sein als die Fortsetzung. Am Freitag ging das Hickhack zunächst weiter. Monika Heinold, Chefunterhändlerin der Grünen, hatte am Morgen im Hamburger Abendblatt gelesen, was FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki zuletzt besonders genervt hatte: der plötzliche Wunsch der Grünen, ein unter den drei Partnern bereits geeintes Papier zu den Themen Verkehr und Wirtschaft massiv zu verändern. „Ein Drittel des Textes sollte überarbeitet werden“, klagte Kubicki im Abendblatt. Heinold hielt dagegen. „Diese Behauptung ist schlicht unwahr“, sagte sie – und fuhr fort: „Mit mir ist heute nicht gut Kirschen essen.“

Dann wurden die „Jamaika“-Belebungsversuche fortgesetzt. Im Landtagsbüro des CDU-Fraktionsvorsitzenden Daniel Günther traf man sich. Um 11 Uhr am Freitag schlossen sich die Türen hinter den Verhandlungsführern von CDU, FDP und Grünen. Gegen 12 Uhr wurde die Runde erweitert. Auf Seiten der FDP stießen Bernd Buchholz und Christopher Vogt hinzu, die Experten für Wirtschaft und Verkehr. Der grüne Umweltminister Robert Habeck sagte in einer kurzen Pause: „Die Kuh ist noch nicht vom Eis, aber sie lebt.“

Mitarbeiter bangten um Fortsetzung der Gespräche

Sollte es also doch noch klappen mit dem fast schon gescheiterten Versuch, eine Koalition zu bilden? Wurde bereits um Kompromissformeln für die strittigen Bereiche A 20 und Fehmarnbeltquerung gerungen? Stunde um Stunde verstrich. 13 Uhr, 14 Uhr, 15 Uhr – nichts rührte sich. In ihren Büros warteten die Abgeordneten, die auf die eine oder andere Weise Teil der Koalitionsverhandlungen sind – entweder als Mitglied einer der Fachgruppen oder weil sie zum Landesvorstand einer der drei Parteien gehören. Geht es weiter? Geht es zu Ende?

Es geht weiter. Um 15.35 Uhr trat CDU-Wahlsieger Günther vor die Medien. „Die Verhandlungen sind wieder aufgenommen“, sagte er. Hans-Jörn Arp, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion, sagte: „Wir haben einen Kompromiss gefunden, der für alle gesichtswahrend ist.“ In dem nun tatsächlich von allen Partnern mitgetragenen Verkehrs- und Wirtschaftspapier heißt es etwa zur Fehmarnbeltquerung, man wolle die „neuen Möglichkeiten“ dieses Projekts „nutzen“ und zugleich die „negativen Auswirkungen so gering wie möglich“ halten.

Auch die Kite-Surfer spielten in den stundenlangen Gesprächen eine wichtige Rolle. Das lag an der FDP. Die hatte erfahren, dass Robert Habeck noch nach der Landtagswahl am 7. Mai einen Antrag ans Bundesverkehrsministerium auf den Weg gebracht hatte, der nach Ansicht vieler Sportler einem Kite-Surfverbot auf der Nordsee gleichkam. Tatsächlich werden dort auch Zonen beschrieben, in denen das Surfen dauerhaft erlaubt ist.

Zuletzt wären Gespräche fast an Kite-Surfern gescheitert

Nach FDP-Protesten machte Habeck einen Rückzieher. „Ich kann nachvollziehen, dass die FDP Bauchschmerzen hat“, sagte er. Deshalb sei vereinbart worden, erneut Gespräche mit den Beteiligten zu führen. Habeck: „Es ist kein Beinbruch, da noch mal Luft dran zu lassen. So etwas ist zu klein, als daran Regierungsbündnisse scheitern.“ Dennoch: Am Freitag wäre es beinahe zu groß für „Jamaika“ gewesen.

Die Bündnispartner schauen nun wieder voraus. An diesem Sonnabend, Sonntag und Montag soll hinter verschlossenen Türen verhandelt werden. Es geht um die Themen Bildung, Energie, Umwelt, Innen und Recht. Am Dienstag sollen die Ergebnisse vorgestellt werden. Fazit des FDP-Landeschefs Heiner Garg: „Man muss lernen, entspannter miteinander umzugehen.“