Kiel/Hamburg. Günther will vor Sommerpause Koalition bilden. Merkel sieht “klaren Auftrag“ für CDU. Alle Neuigkeiten zur Wahl in Schleswig-Holstein.
Einen Tag nach der Landtagswahl sucht Schleswig-Holstein den besten Kurs zur Regierungsbildung. Der Wahlsieger CDU schließt eine große Koalition mit dem Wahlverlierer SPD praktisch aus. Die Chance für eine SPD-geführte Ampelkoalition mit Grünen und FDP sehen die Freidemokraten fast – wenn auch nicht ganz – bei Null. Die Grünen geben die Hoffnung darauf aber noch nicht auf. Im Mittelpunkt der Diskussionen steht deshalb ein sogenanntes Jamaika-Bündnis von CDU, Grünen und FDP. Vor der nächsten Landtagswahl am Sonntag in Nordrhein-Westfalen dürfte es allerdings keine Entscheidung geben. Die aktuellen Entwicklungen im News-Blog.
Günther glaubt nicht an schnellen Vertrag
CDU-Wahlsieger Daniel Günther hält es für unrealistisch, dass ein Koalitionsvertrag vor der konstituierenden Landtagssitzung am 6. Juni geschlossen wird. Günther wollte sich am Montagabend in Kiel nach einer Sitzung des erweiterten Landesvorstandes nicht auf einen Zeitplan für Sondierungs- und später Koalitionsgespräche festlegen. Aber bis zur Sommerpause des Landtags sei es definitiv zu schaffen, sagte er. Die Nord-CDU will nächste Woche Sondierungsgespräche mit Grünen und FDP über eine gemeinsame Koalition in Schleswig-Holstein starten.
Kubicki für Jamaika-Bündnis
Schleswig-Holsteins FDP will Einladungen aller Parteien zu Sondierungsgesprächen nach der Landtagswahl annehmen. Die klare Präferenz der Mitglieder sei aber ein Jamaika-Bündnis, sagte FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki am Montagabend nach einem kleinen Parteitag in Kiel der Deutschen Presse-Agentur. Beschlüsse habe die Partei aber nicht getroffen. Zuvor hatte Landeschef Heiner Garg angekündigt, zunächst mit den Grünen über ein mögliches Jamaika-Bündnis mit der Union sprechen zu wollen.
Stegner: Albig-Rückzug "kein Thema"
Der SPD-Landesvorstand in Schleswig-Holstein hat am Montag über die schwere Niederlage bei der Landtagswahl beraten. Dabei sei ein möglicher Rückzug von Ministerpräsident Torsten Albig kein Thema gewesen, teilte Landesparteichef Ralf Stegner mit. „Darum ist es nicht gegangen.“ Natürlich sei die Enttäuschung groß, weil die SPD ihre Wahlziele nicht erreicht habe.
Der SPD-Landesvorstand tagte unter Stegners Leitung mit Albig in spürbar angespannter Stimmung. Nach der Wahlniederlage war Albig wegen seines Agierens im Wahlkampf als Spitzenkandidat innerparteilich in die Kritik geraten.
Grüne können sich Ampel auch ohne Albig vorstellen
Die Grünen machen eine Koalition mit SPD und FDP in Schleswig-Holstein nicht vom Verbleib von Ministerpräsident Torsten Albig an der Regierungsspitze abhängig. "Unser Favorit in dieser Situation ist die Ampel. Wir machen das an Inhalten fest und reden nicht über Personen", sagte die Grünen-Spitzenkandidatin Monika Heinold am Montag in Berlin. Sie kam damit der FDP entgegen, deren Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki einer Ampelkoalition unter Führung von Albig eine klare Absage erteilt, aber ein solches Bündnis nicht gänzlich ausgeschlossen hatte.
Bei der Landtagswahl am Sonntag war die "Küstenkoalition" aus SPD, Grünen und SSW abgewählt worden. Heinold sagte, eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP werde nicht ausgeschlossen. Dagegen erklärte die Spitzenkandidatin der Grünen bei der NRW-Landtagswahl am kommenden Sonntag, Sylvia Löhrmann, eine Jamaika-Koalition mit der "neoliberalen und marktradikalen" FDP zusammen mit der CDU werde ausgeschlossen. In NRW will die FDP im Gegenzug keine Ampelkoalition eingehen. Grünen-Chef Cem Özdemir sagte, die Entscheidung über die Bildung von Koalitionen bleibe den Landesverbänden vorbehalten.
Günther blickt zuversichtlich in Richtung Jamaika
Schleswig-Holsteins CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther hat sich zuversichtlich über eine mögliche Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen geäußert. Er sei „optimistisch, dass wir das hinbekommen“, sagte Günther am Montag in Berlin. Natürlich sei dies für die bisher mit der SPD regierenden Grünen „ein deutlich weiterer Weg“ als für die FDP, mit der die CDU gemeinsam in der Opposition gewesen sei. Es gebe aber ein eindeutiges Wählervotum mit SPD-Verlusten und Gewinnen der CDU. „Ich glaube schon, dass die Grünen das auch respektieren werden, dass es einen Wunsch nach einem wirklichen Regierungswechsel in Schleswig-Holstein gibt.“ Darüber wolle man Gespräche führen.
Für die Grünen hatte Landesumweltminister Robert Habeck deutlich gemacht, dass er große Hürden für die Bildung eines Jamaika-Bündnisses sieht.
Meinungsforscher zur Nichtwähler-Mobilisierung
Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein haben 118.000 vorherige Nichtwähler ihre Stimmen abgegeben. Das geht aus Analysen des Forschungsinstituts Infratest dimap hervor. Mit 51.000 entschied sich der Löwenanteil derer, die 2012 nicht gewählt haben, nun für die CDU. Dagegen wählten nur 30.000 von ihnen die SPD. Bei einem Teil von ihnen könnte es sich um vormals verprellte CDU-Anhänger handeln, wie Infratest-Geschäftsführer Nico Siegel erläutert. Die Christdemokraten hätten bei der Landtagswahl 2012 viele Anhänger ins Lager der Nichtwähler verloren. Solche potenziellen CDU-Wähler seien nun offensichtlich wieder mobilisiert worden.
Für Forsa-Institutschef Manfred Güllner sind die Zahlen zur Nichtwähler-Mobilisierung allerdings wenig solide: „Man kann nicht in die Köpfe der Wähler hineinschauen.“ Bei den Ergebnissen handele es sich um reine Modellrechnungen. Statt sich über „Fantasie-Zugewinne“ aus den Reihen der Nichtwähler zu freuen, sollten sich die Christdemokraten fragen, wie der Stimmenverlust seit der Bundestagswahl 2013 zustande kam. Damals erhielt die CDU rund 640.000 Stimmen aus Schleswig-Holstein – bei der Landtagswahl jetzt waren es 470.000 (32,0 Prozent).
Kanzlerin Merkel sieht "klaren Regierungsauftrag" für die CDU
Kanzlerin Angela Merkel sieht nach dem Wahlsieg der CDU in Schleswig-Holstein einen eindeutigen Führungsanspruch ihrer Partei. Angesichts des deutlichen Vorsprungs vor der SPD gebe es „einen klaren Regierungsauftrag“ für die CDU, sagte Merkel am Montag in Berlin. Die bisherige SPD-geführte Koalition sei abgewählt worden, da sie eine mangelhafte Bilanz gehabt habe. Der CDU-Erfolg im Norden habe ganz stark darauf beruht, „dass man auf die Landesthemen gesetzt hat“, sagte Merkel. Darauf werde die CDU auch bei der Wahl am Sonntag in Nordrhein-Westfalen abheben. Zu Auswirkungen auf die Stimmung im Bund sagte die Kanzlerin: „Eine Landtagswahl ist eine Landtagswahl.“
Landeswahlleiter: Keine Auffälligkeiten, aber langes Auszählen
Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein hat es laut Wahlleiter Tilo von Riegen keine besonderen Zwischenfälle gegeben. „Es war eine absolut ruhige und unauffällige Wahl“, sagte von Riegen der Deutschen Presse-Agentur am Montag. Allerdings dauerte es sehr lange, bis alle Stimmen ausgezählt waren. Ab 23.30 Uhr wollte der Landeswahlleiter ursprünglich das vorläufige amtliche Endergebnis verkünden, es kam dann aber erst drei Stunden später. Das Ergebnis im Wahlkreis Plön-Ostholstein war das letzte.
Zu den Gründen für die lange Auszähldauer sagte von Riegen, es müsse ganz genau gezählt werden. „Da geht Sorgfalt vor Schnelligkeit.“ Wenn es sehr lange bis in die Nacht hinein dauert, lasse auch die Konzentration nach. „Einige Wahlbezirke mussten neu zählen“, sagte der Landeswahlleiter. Er will mit den Kreiswahlleitern auch klären, ob die Tatsache, dass die neuen Wahlzettel deutlich größer waren als die alten, mit zu Verzögerungen beigetragen hat. Die Zettel mussten mehrfach gefaltet wurden, um in die Wahlurnen zu passen. Folglich dürften die Wahlvorstände auch mehr Zeit gebraucht haben, um sie wieder auseinanderzufalten.
Günther will ein Jamaika-Bündnis, die Grünen lieber eine Ampel
CDU-Wahlsieger Daniel Günther schloss eine große Koalition im Norden so gut wie aus. „Wir liegen so eindeutig vor der SPD, die Menschen in Schleswig-Holstein wollen einen richtigen Wechsel. Das geht nur, wenn die CDU die Landesregierung anführt“, sagte er in Berlin. Eine große Koalition wäre „das falscheste Signal“ nach so einer Wahl. Seine Priorität sei klar: eine Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP.
Das ist allerdings nicht die der dafür benötigten Grünen. Aus der inhaltlichen Analyse spreche für die Grünen mehr dafür, eine Ampelkoalition zumindest zu sondieren, sagte der grüne Landesumweltminister Robert Habeck, das Zugpferd der Partei bei der Wahl.
SPD sieht Schuld für Wahlverlust bei Albig
Bei der SPD war Wundenlecken angesagt. „Es gibt manchmal Momente im Leben, wo der Beifall wie warmer Regen ist“, sagte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz in der Berliner Parteizentrale. Angesichts des dramatischen Signals von der Waterkant für seinen Wahlkampf spielten führende Sozialdemokraten die bundesweite Bedeutung herunter - und machten Ministerpräsident Torsten Albig als allein Schuldigen aus.
Es sei „nicht mehr so sehr um politische, um Gerechtigkeitsthemen“ gegangen, „sondern eher um Dinge wie das Privatleben des Ministerpräsidenten“, sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley im NDR. Sie spielte damit auf ein vile kritisiertes Interview Albigs an, in dem er sich zur Trennung von seiner Frau geäußert hatte, die sich um Haus und Kinder gekümmert habe und nicht mehr auf Augenhöhe mit ihm gewesen sei. Und Bundesparteivize Ralf Stegner betonte im ZDF, dass die SPD im Norden durchaus vom Kanzlerkandidaten profitiert habe: „Martin Schulz hat uns schon deutlich geholfen.“ Barley erklärte, auch in Schleswig-Holstein sei die Zustimmung zur Bundespolitik der SPD ungebrochen bei um die 30 Prozent.
Berliner Blick richtet sich auch nach NRW
Die Blicke richteten sich auch auf die NRW-Wahl am Sonntag. Der dortige CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet sagte in Berlin: „Herr Albig hat einen Fehler gemacht, den ich finde, Frau Kraft auch macht: Dass sie nämlich nicht klar ein Bündnis mit der Linken ausschließt. (...) Ich fordere sie jetzt auch noch einmal auf, Rot-Rot-Grün ein für alle mal auszuschließen.“
NRW-Regierungschefin Hannelore Kraft wollte partout keine Auswirkungen der SPD-Niederlagen im Saarland und in Schleswig-Holstein auf ihr Land sehen: „Beide Länder sind nicht mit Nordrhein-Westfalen vergleichbar und haben völlig andere Strukturen“, sagte sie der dpa. „Es gab in Schleswig-Holstein auch individuelle Fehler vor Ort, die die Kollegen jetzt selbst analysieren müssen.“
Robert Habeck hält Ampel für wahrscheinlicher als Jamaika
Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) sieht große Hürden für die Bildung eines Jamaika-Bündnisses mit CDU und FDP. „Es ist kein Geheimnis, dass wir große Probleme haben eine Idee mit der CDU und der FDP zusammen zu entwickeln, die ein Land tragen kann, wenn sie denn liberal und fortschrittlich sein soll“, sagte Habeck am Montag vor Beginn einer Sitzung des Landesvorstandes mit Fraktion und Ministern. Mit Blick auf CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther fügte er hinzu: „Von der Energiewende bis zur Einwanderungspolitik hat Daniel Günther Pflöcke eingeschlagen, die man jetzt so schnell nicht mehr aus der Erde rauskriegen kann.“
Formal müssten aber alle demokratischen Parteien miteinander gesprächsfähig sein, sagte Habeck. „Wir können ein Land ja nicht ins Chaos führen.“ Es gelte zu vermeiden, „alles Mögliche auszuschließen, um danach Lügner und Wortbruch zu produzieren“. Das Entscheidende für die nächste Koalition werde es sein, eine gemeinsame Idee zu haben. „Das, was ich sehen kann, ist am ehesten eine, die über eine Ampel führt.“
Hannelore Kraft sieht in SPD-Schlappe keine Sogwirkung für NRW
Die Wahlschlappen der SPD in Schleswig-Holstein und im Saarland haben aus Sicht von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) keine Bedeutung für die Wahl in Nordrhein-Westfalen. „Beide Länder sind nicht mit Nordrhein-Westfalen vergleichbar und haben völlig andere Strukturen“, sagte Kraft am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. „Es gab in Schleswig-Holstein auch individuelle Fehler vor Ort, die die Kollegen jetzt selbst analysieren müssen.“
Sowohl im Saarland (29,6 Prozent) als auch in Schleswig-Holstein (27,2 Prozent) war die SPD mit deutlich schlechteren Ergebnissen als erwartet von der CDU abgehängt worden. Als Spitzenkandidatin für die NRW-Landtagswahl am kommenden Sonntag will Kraft nicht auf den „Schulz-Effekt“ hoffen. „Wir haben uns in Nordrhein-Westfalen immer auf uns selbst verlassen“, sagte die SPD-Landeschefin.
CDU-Vize Klöckner appelliert an SPD: Wechsel akzeptieren
Die CDU-Vizevorsitzende Julia Klöckner hat an die SPD in Schleswig-Holstein appelliert, den Wahlsieg der CDU als Wählervotum für einen Wechsel zu akzeptieren. Sie äußerte am Montag in Berlin zwar Verständnis dafür, dass die SPD trotz ihrer Wahlschlappe Koalitionsmöglichkeiten mit FDP und Grünen ausloten möchte. Nach einem Wahltag schaue sich jeder an, welche Konstellationen möglich seien, sagte Klöckner. „Das ist Demokratie.“ Sie mahnte aber: „Der Wähler wollte einen Wechsel. Diesen Wählerwillen sollte man abbilden bei der Regierungsbildung.“
Kubicki schließt Ampelkoalition aus
Der FDP-Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, hat einer Ampelkoalition unter Führung des bisherigen Ministerpräsidenten Torsten Albig eine klare Absage erteilt. "Die Wahrscheinlichkeit für die Ampel tendiert gegen Null", sagte Kubicki am Montag in Berlin und fügte hinzu: "Und unter der Führung von Torsten Albig ist sie wirklich ausgeschlossen."
Albigs SPD hat bei der Landtagswahl am Sonntag stark verloren und ihr zweitschlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl erzielt. Die amtierende Koalition mit den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) hat damit keine Mehrheit mehr.
Wahlsieger wurde die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Daniel Günther. Rechnerisch wäre eine große Koalition unter Führung der CDU, eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP und eine sogenannte Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP. Eine Zusammenarbeit mit der AfD, die mit 5,9 Prozent erstmals den Sprung in den Kieler Landtag schaffte, haben die anderen Parteien ausgeschlossen.
Günther schließt große Koalition so gut wie aus
Wahlsieger Daniel Günther (CDU) schließt eine große Koalition im Norden so gut wie aus. „Wir liegen so eindeutig vor der SPD, die Menschen in Schleswig-Holstein wollen einen richtigen Wechsel. Das geht nur, wenn die CDU die Landesregierung anführt“, sagte Günther am Montag vor Beginn einer Präsidiumssitzung der Bundes-CDU mit Kanzlerin Angela Merkel in Berlin. Eine große Koalition wäre „das falscheste Signal“ nach so einer Wahl. „Eine SPD, die so krachend abgewählt wurde, die kann nicht in einer neuen Landesregierung sein“, sagte Günther. Seine Priorität sei klar: Jamaika. Deshalb werde er nun Gespräch mit den Grünen und der FDP aufnehmen. „Ich bin auch sehr optimistisch, dass diese Gespräche erfolgreich sein werden.“
FDP und Grüne erzielten jeweils zweistellige Ergebnisse und hätten sowohl mit der CDU als auch mit der SPD eine Mehrheit im neuen Landtag.
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommt die CDU auf 32,0 die SPD auf 27,2 Prozent, die Grünen erreichten 12,9, die FDP zieht mit 11,5 und die AfD mit 5,9 Prozent in den Landtag.
Habeck: Ampel-Koalition zumindest sondieren
Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck von den Grünen hält trotz der Niederlage der SPD bei der Landtagswahl eine Koalition mit den Sozialdemokraten und der FDP für denkbar. Habeck sagte am Montag im rbb-Inforadio, entscheidend sei, dass ein Bündnis eine politische Idee habe. „Wenn ich mir bei zentralen gesellschaftlichen Fragen anschaue, was die CDU will, (...) dann ist das von den Vorstellungen von den Grünen doch ziemlich weit weg“, sagte er dem Sender. „Deswegen spricht aus der inhaltlichen Analyse für uns mehr dafür, eine Ampel-Koalition zumindest mal zu sondieren.“
Es wäre schade, wenn man das Bündnis mit der SPD nach deren Wahlniederlage nicht fortsetzen könnte, äußerte der Kieler Umweltminister. Das Wahlergebnis der Grünen von 12,9 Prozent sei super und „fast eine kleine Sensation“.
Kirchen begrüßen gestiegene Wahlbeteiligung
Die beiden großen Kirchen haben die gestiegene Wahlbeteiligung bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein begrüßt. "Das ist ein gutes Zeichen für eine funktionierende Demokratie", sagte Gothart Magaard, evangelischer Bischof im Sprengel (= Bischofsbezirk) Schleswig und Holstein der Nordkirche, am Sonntagabend. Der katholische Hamburger Erzbischof Stefan Heße bezeichnete den gestiegenen Gang in die Wahlkabine als "gutes und stärkendes Zeichen für die Arbeit des neuen Landtages".
Den Abgeordneten des neuen Landtags wünschte Magaard Gottes Segen - "und dass sie in all ihren Entscheidungen für die Menschenwürde jedes einzelnen, für Gerechtigkeit und das friedliche Zusammenleben hierzulande und in Europa sowie für unsere pluralistische Gesellschaft einstehen". Heße dankte den Parteien für einen fairen Wahlkampf. "Er ist ein gutes Zeugnis für die politische Kultur im Land". Die neue Bandbreite der Parteien im schleswig-holsteinischen Landtag bilde die Stimmung in der Gesellschaft ab und sei "teilweise auch ein Alarmsignal".
Politologe: CDU profitiert von höherer Wahlbeteiligung
Von der gestiegenen Wahlbeteiligung hat nach Überzeugung des Politikwissenschaftlers Joachim Krause zuallererst die siegreiche CDU profitiert. Mit Daniel Günther habe die CDU diesmal einen Spitzenkandidat aufgeboten, der aus der Landespolitik komme und im Wahlkampf unprätentiös und sachorientiert aufgetreten sei, sagte Krause der Deutschen Presse-Agentur. Günther verkörpere ein Bild, wie es sich viele CDU-Wähler wünschten.
Die um vier Punkte auf 64,2 Prozent gestiegene Wahlbeteiligung habe zudem der FDP und den Grünen genutzt, sagte Krause. Deren Abschneiden mit zweistelligen Ergebnissen sei bundespolitisch schon fast exzeptionell. Dies hänge mit den führenden Politikern Robert Habeck (Grüne) und Wolfgang Kubicki (FDP) zusammen, die bundesweit bekannt seien. „Kubicki ist ein Typ, den die Leute mögen, weil er unterhaltsam ist und ausspricht, was viele Leute denken.“ Auch die AfD habe von der höheren Wahlbeteiligung profitiert.
Die Quote von gut 64 Prozent ist aus Krauses Sicht ganz gut. „Ich hätte mir aber schon 70 Prozent gewünscht.“ Dass diesmal wie zuvor schon in anderen Ländern mehr Wahlberechtigte ihre Stimme abgaben, führt Krause wesentlich auf die Brexit-Entscheidung und die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten zurück. Beides habe dazu geführt, dass viele traditionelle Wähler von CDU, SPD und FDP wieder an die Urnen gegangen sind.
SPD-Urgestein sieht Wahlniederlage hausgemacht
Der langjährige SPD-Landtagsabgeordnete Günter Neugebauer sieht die Gründe für die Niederlage der SPD in den eigenen Reihen. „Das lag an der Wahlkampfführung und am personellen Angebot“, sagte Neugebauer der Deutschen Presse-Agentur. Er kritisierte vor allem das Auftreten von Ministerpräsident Torsten Albig im Wahlkampf.
Albig habe bei Terminen im Wahlkampf zu oft SPD-Landeschef Ralf Stegner vorgeschickt. „Er ist CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther ausgewichen“, sagte Neugebauer. „Das hätte er nicht tun sollen.“ Stegner sei zwar innerhalb der Partei hoch anerkannt, er habe jedoch nicht die nötigen Sympathiewerte außerhalb der SPD. Das sei deshalb ein strategischer Fehler gewesen.
Kommentar: Albigs schwere Fehler
Kritisch sieht Neugebauer auch das Interview des Ministerpräsidenten mit dem Magazin „Bunte“, in dem dieser kurz vor der Wahl Heiratspläne mit seiner Lebensgefährtin Bärbel Boy verkündete. Schilderungen zur Trennung von seiner langjährigen Ehefrau darin lösten eine Diskussion über das Frauenbild Albigs aus. „Das Interview war ein großer Fehler“, sagte Neugebauer.
Am Sonntagabend hatte bereits Landeschef Stegner erklärt, der Bundestrend sei nicht Grund für die Wahlniederlage gewesen: „Wir müssen am Ende die Gründe bei uns selbst suchen.“ Landesvorstand und Parteirat wollen das Wahlergebnis am Montag in Kiel analysieren.