Der Mittelpunkt der Heavy-Metal-Welt befindet sich in Norddeutschland. Die Wiesen rund um das beschauliche Wacken erbeben. 75.000 „Metalheads“ feiern bei dem gigantischen Open-Air-Spektakel.
Wacken. Das kleine Wacken bebt. Mit der Lautstärke eines Düsenjets begann am Donnerstag offiziell das Heavy-Metal-Spektakel in dem 1800-Seelen-Örtchen, als die Wacken-Pioniere von Skyline in die Saiten hauen. Beim Start des Festivals 1990 spielte die Band, damals mit Festival-Gründer Thomas Jensen an der Bassgitarre, noch vor 800 Menschen. Zu der 25. Ausgabe strömen 75.000 „Metalheads“ in die schleswig-holsteinische Provinz – und machen das Wacken Open Air zum laut Veranstalter größten Heavy-Metal-Festival der Welt.
Schon vor Konzertbeginn erschallt immer wieder der „Wackeeeen!“-Ruf. Während Skyline neben dem zwölf Meter breiten Wacken-Symbol, einem skelettierten Rinderschädel zwischen beiden Bühnen, mächtigin die Saiten hauen, moshen die Langhaarigen los. Immer wieder heben sie den Arm mit gespreiztem Zeigefinger und kleinem Finger in die Höhe - die„Pommesgabel“, der Gruß der Metaller.
Wo sonst Kühe weiden, toben bereits seit Tagen Festivalbesucher auf den Campingplätzen des 220 Hektar großen Areals. Der Bierverbrauch der vergangenen Nacht ist am Morgen deutlich zu erkennen – zwischen den Zelten und auch auf den Wegen, die hier Namen haben wie „Apokalyptischer Reitweg“ oder„Highway to Hell“. Auf einer dieser Wiesen hat auch Villy aus Bulgarien sein Zelt aufgeschlagen. „Das ist hier eine spezielle Atmosphäre“, sagt er. Gemeinsam mit einem Freund hat er die 2200 Kilometer bis nach Wacken im Auto zurückgelegt, „der schönen Menschen, schönen Musik“ zuliebe. Jedes Jahr strömen Metalfans aus aller Welt in Deutschlands Norden. Wackens Ruf geht mittlerweile weit über Europa hinaus. Auch aus Australien und Nordamerika reisen regelmäßig Fans an.
Der 32-jährige Sievan ist das erste Mal auf dem Festival. „Seit ich 15 war, träume ich von Wacken“, sagt der Mann aus Trinidad. Er könne es kaum glauben, nun tatsächlich dort zu sein. Gemeinsam mit seinem Freund Jignesh wandelt er über das Gelände – beide in einer Flagge ihres Heimatlandes gehüllt. Sievans ist glücklich:„Ich habe noch niemals so viele „Metalheads“ gesehen.“
Ein paar Wege weiter ertönen ungewöhnliche Töne unter einem Zeltdach. Der Dithmarscher Mario entlockt sie einer Trompete. Jedoch nur kurz.„Lass Papa mal blasen“, verlangt Vater eindringlich das Instrument, um darauf„La Paloma“ zu spielen. Der 59-Jährige ist erstmals in Wacken.„Das ist so geil“, sagt er. Erste Wacken-Erfahrungen macht auch Helmut aus dem Kölner Raum. Der 59-Jährige ist mit seiner Anne in den Norden gekommen. Sie habe eine Karte übergehabt und „ich wollte relaxen“. Nach der ersten Nacht sind seine Eindrücke gut.
Auch wenn es beim Campen sicher etwas lauter ist als im Urlaub an der Ostsee. Das liegt auch den unzähligen Stromtransformatoren. Hunderte sind zwischen den einzelnen Zelten aufgebaut. Verlangt doch die laute Musik aus den großen Boxen reichlich Strom. Und auch die zahlreichen Paletten Bier wollen irgendwie gekühlt werden. Denn trotz kleiner, aber heftiger Schauer am Donnerstagmorgen ist in Wacken Sommerwetter. Statt Schlamm wie oftmals in den Vorjahren wehte über das Gelände am Mittwoch immer wieder der Sand, so trocken war es zu Beginn.
Accept, Kreator, Saxon, Slayer, Motörhead, das Programm zum 25. Jubiläum kann sich sehen lassen. Der echte Knaller - wie Rammstein im vergangenen Jahr – fehlt aber. Er habe sich schon größere Headliner erhofft, sagt ein Metalfan aus Nordrhein-Westfalen. Die 20-jährige Sarah kämpft derweil mit anderen Problemen. Die Haare des Festivalneulings sind nass von einer Bierdusche der Begleiter. Das stört die junge Frau aber nicht weiter:„Wacken macht Spaß.“