Am Donnerstag wollen sich Sigrid Rieger und Arnd Warnsholdt auf dem Heavy-Metal-Festival in Wacken das Ja-Wort geben. Den Segen spendet Gemeindepastorin Petra Judith Schneider auf der Bühne.
Wacken. Eine Pastorin bei der Trauung in einem schwarzen Talar ist normal – dass auch Braut und Bräutigam ganz in Schwarz kommen eher nicht. Sigrid Rieger (54) und Arnd Warnsholdt (50) wollen sich am Donnerstag (31. Juli) auf dem 25. Heavy-Metal-Festival im schleswig-holsteinischen Dorf Wacken (bei Itzehoe) im schwarzen Metal-Look das Ja-Wort geben. Arnd Warnsholdt: „Ich kleide mich so, wie ich sonst auch aufs Festival gehe: schwarze Jeans, Wacken-Shirt, schwarze Stiefel.“
Pastorin Petra Judith Schneider wird den Gottesdienst auf der „Wackinger Stage“ gestalten, einer Nebenbühne auf dem Festivalgelände. Was anders sein wird als in einem regulären Traugottesdienst? „Nichts. Es gibt Predigt, Traufragen, Trauversprechen“, sagt die fröhliche Theologin. Sie bringt Kreuz, Kerzen und Blumen mit, „damit man den Altar auch wirklich erkennt“.
Sie sei offen gewesen für alle Vorschläge und hätte auch Heavy-Metal-Musik im Gottesdienst gespielt. „Doch das wollten die beiden gar nicht, sie haben sich klassische Musik gewünscht“. Eine Kirchenmusikerin wird auf dem Keyboard den Hochzeitsmarsch spielen, und am Ende das Kirchenlied „Nun danket alle Gott“. Pastorin Schneider: „Da dürfen dann auch gern alle mitsingen.“
Brautpaar hat sich beim Wacken-Festival kennengelernt
Das Brautpaar habe eben keine „Event-Hochzeit“ gewollt, sondern einfach ein Umfeld gewählt, mit dem sie beide persönlich viel verbinden. „Schließlich haben wir uns auf dem Wacken Open Air lieben gelernt“, sagt Sigrid Rieger. Beide kannten sich bereits mehrere Jahre als Nachbarn in einem Pinneberger Mehrfamilienhaus, als sie sich vor zwei Jahren Arnd und seiner „Wacken-Gruppe“ anschloss. „Ich wollte da immer schon mal hin.“
Für die Kirchengemeinde ist es nicht die erste „Wacken-Trauung“. Nach der Premiere 2009 bekam die kleine Gemeinde so viele Anfragen, dass Schneider und ihr damaliger Kollege festlegten: Es sollen nur noch Paare aus Wacken getraut werden. Rieger und Warnsholdt leben seit Januar im Dorf und kommen seitdem regelmäßig in den Gottesdienst.
Wacken Open Air gilt als größtes Metal-Festival der Welt. Die 75.000 Tickets waren nach 44 Stunden ausverkauft. Für das 1.800-Einwohner-Dorf im Kreis Steinburg bedeutet es jedes Jahr eine Woche Ausnahmezustand. Bereits eine Woche vorher säumen Hinweisschilder und Absperrgitter die Landstraßen. Die Wacken-Ortsschilder werden durch Stahlrahmen vor Souvenir-Jägern geschützt. Fast alle Wackener machen mit: Sie bieten ihre Vorgärten zum Zelten an, verkaufen kaltes Bier und heiße Würstchen über den Gartenzaun. Über 25 Jahre hinweg sind da viele enge Freundschaften entstanden.
Pastorin gehört zum Team der „Festival-Seelsorge“
Mit der Festival-Leitung steht die Pastorin nicht nur wegen der Hochzeit in engem Kontakt. „Wir reden das ganze Jahr miteinander - vor allem aber in diesen Tagen.“ Denn Petra Schneider gehört zum Team der „Festival-Seelsorge“: In einem Zelt am Rand des Geländes bietet sie mit 20 Kollegen Möglichkeiten fürs Gespräch. „Die Leute kommen mit allen Problemen, die sie sonst auch beschäftigen: Liebeskummer, Stress im Job, Einsamkeit“, sagt die ausgebildete Notfall-Seelsorgerin. Einige seien aber auch psychisch vorbelastet und kämen dann mit den Menschenmassen und der Lautstärke nicht klar.
Trotzdem ist Petra Schneider auch während des Festivals normale Gemeindepastorin. „Zwischendurch mache ich Geburtstagsbesuche oder führe ein Taufgespräch.“ An manchen Tagen läuft sie zwei, drei Mal zum Seelsorge-Zelt – zu Fuß sind das immerhin 40 Minuten, denn mit dem Auto kommt auch die Wacken-Pastorin nicht an den Security-Posten vorbei. Die sorgen dafür, dass unter den Anreisenden kein Chaos ausbricht, das gesamte Areal ist immerhin halb so groß wie der Hamburger Flughafen inklusive Start- und Landebahn. Teilweise führen nur schmale Feldwege zur nächsten Bühne oder Campingplatz – denn alles findet auf den Weiden und Ackern der Wackener Bauern statt.
Nach der Trauung wird die Pastorin mit Brautpaar und Hochzeitsgesellschaft erst einmal feiern – auf dem Campingplatz, auf dem das Brautpaar während des Festivals wohnt. „Auch wenn wir jetzt im Dorf ein Haus haben – zum Festival bleiben wir mit unseren Freunden auf dem Gelände,“ sagt Arnd Warnsholdt. Statt Dosenbier gibt es gekühltes Bier vom Fass, Grillwürste und natürlich laute Musik.