Mit seiner Rede im Kieler Landtag begeisterte Joachim Gauck die Abgeordneten. Er lobte die Minderheitenpolitik des Landes und forderte mehr Rechte für Roma. Albig begleitet Gauck während des Besuchs.

Kiel. Gläserner Plenarsaal mit freiem Blick auf die Förde – dem gebürtigen Rostocker Joachim Gauck muss bei seinem Besuch im Kieler Landtag das Herz übergegangen sein. „Ihr Parlamentssaal passt gut zu meinem Bild einer Demokratie der Bürgerinnen und Bürger“, sagt der Bundespräsident dann auch an diesem Freitag zum Auftakt seines offiziellen Antrittsbesuchs in Schleswig-Holstein. Mit seiner Rede über Minderheitenschutz, Demokratie und Bürgerbeteiligung zieht der 73-Jährige die Abgeordneten in seinen Bann. Auch die früheren Ministerpräsidenten Heide Simonis (SPD) und Peter Harry Carstensen (CDU) zeigen sich beeindruckt.

Begonnen hatte der Tag mit einer Panne: Um rund eine Stunde verzögert sich das Programm des Bundespräsidenten und seiner Lebenspartnerin Daniela Schadt, weil das für sie vorgesehene Flugzeug einen Defekt hatte und ein anderes angefordert werden musste.

Erst um 10.30 Uhr landet die Maschine in Hohn bei Rendsburg. Auf Plattdeutsch entschuldigte Gauck und traf damit nicht nur den Nerv Carstensens, den er erst vor acht Tagen in Berlin mit einem hohen Orden geehrt hatte. „Das ist ein äußeres Zeichen von Identität und Heimatverbundenheit“, lobte der Ex-Regierungschef.

Sein Nachfolger, Torsten Albig (SPD), schenkt Gauck dann im Gästehaus der Landesregierung das Bild „Schönes Schleswig-Holstein“ des Künstlers Franco Costa. „Das nehme ich mit an die Ostsee“, sagt Gauck und gönnt sich noch einen Blick auf die Förde. „Wirklich schön“ sei das. Draußen pfeift ein eisiger Nordwind über das Wasser. Dann ein kurzes „Denn man tau“ („Dann mal zu“), das Landeskabinett und die Vorsitzenden der Landtagsfraktionen warten.

Als Ansporn für die Menschen, weiterhin Gutes und Großes für ihr Land zu leisten, wertet der Ministerpräsident Gaucks Besuch. Das Staatsoberhaupt solle einen Eindruck davon bekommen, was Schleswig-Holstein zu bieten habe an wissenschaftlicher Innovation, kulturellen Highlights und hochmotivierten Menschen.

In der halbstündigen Runde mit Kabinett und Fraktionschefs geht es um Bürgerbeteiligung, Energiewende, auch um Schulen. „Es war nett“, sagt FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki danach. „Ein sehr sympathischer Mensch.“ Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner freut sich besonders darüber, dass Gauck so sehr die Minderheitenpolitik des Landes gelobt hat. Im Norden stehen nicht nur die dänische und die friesische Minderheit unter besonderem Schutz der Verfassung, sondern seit vergangenem Jahr auch Sinti und Roma. Gauck würdigt das ausdrücklich.

Als er um 11.10 Uhr den Plenarsaal betritt, empfangen ihn die 69 Abgeordneten mit Standing Ovations. Direkt vor dem Rednerpult steht ein großes Blumengesteck in den Farben des nördlichsten Bundeslandes: Blauer Rittersporn gepaart mit weißen Rosen sowie roten und weißen Gerbera. Gaucks Lebensgefährtin Daniela Schadt - gekleidet mit dunklem Blazer, Schal und weinrotem Rock – nimmt auf einem Stuhl im Innenraum Platz.

Auf den Fraktionsbänken herrscht an diesem Tag – ausnahmsweise - pure Eintracht. Noch am Vortag hatten sich Koalition und Opposition wieder einmal heftig gestritten, auch über Themen, bei denen sie im Grundsatz eigentlich einig sind. Am Freitag spielt das keine Rolle und passend zur feierlichen Stimmung lugt während Gaucks Rede die Sonne hervor und lässt die schneeweiße Wiese zwischen dem gläsernen Landtag und der Förde glitzern.

Als zweite Station seines offiziellen Antrittsbesuchs in Schleswig-Holstein besuchte Gauck eine international renommierte Einrichtung zur Meeresforschung. Das Staatsoberhaupt besichtigte das „Geomar - Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung“. Direktor Peter Herzig und weitere Wissenschaftler erläuterten die Arbeit des Zentrums. Die Auswirkungen der Ozeane auf das Klima und die Erforschung von Rohstoffen in den Meeren sind zwei Schwerpunkte. Gauck besichtigte die Gesteinssammlung und ließ sich Meeres-Messbojen zeigen. Im vergangenen Jahr hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sich im Helmholtz-Zentrum informiert.

Am Freitagnachmittag besuchte Gauck dann Schleswig. Dort will er in Begleitung seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt das Schloss Gottorf besichtigen, den Sitz der Schleswig-Holsteinischen Landesmuseen. Dort wird sich der Bundespräsident die Gotische Halle und die Schlosskapelle ansehen.

Am Abend ist ein Empfang in der Reithalle mit etwa 150 Gästen aus den Bereichen Jugend und Ehrenamt geplant.