Mit Zweidrittel-Mehrheit verabschiedete das Parlament in Kiel einen entsprechenden gemeinsamen Antrag aller Parteien – nur die CDU stimmte dagegen. Fracking-Methode sorgt für heftige Diskussionen.
Kiel. Mit großer Mehrheit hat sich der Landtag in Kiel für eine volle rechtliche Gleichstellung der sogenannten Homo-Ehe ausgesprochen. Das Parlament verabschiedete am Donnerstag mit Zweidrittel-Mehrheit einen entsprechenden gemeinsamen Antrag fast aller Parteien – nur die CDU stimmte dagegen.
Die Landesregierung wurde aufgefordert, sich auf Bundesebene für die notwendigen Gesetzesänderungen einzusetzen. Das würde auch das Recht auf gemeinsame Adoptionen gleichgeschlechtlicher Paare und die steuerliche Gleichstellung mit einbeziehen.
Während Abgeordnete der Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und SSW sowie der FDP und Piratenpartei endlich die volle Gleichstellung und ein Ende von Diskriminierung forderten, verwies die stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Katja Rathje-Hoffmann auf den besonderen verfassungsrechtlichen Schutz der Ehe von Mann und Frau. Es gelte auch noch eine ausstehende weitere rechtliche Klärung des Bundesverfassungsgerichts im Sommer abzuwarten. Gründlichkeit müsse vor Schnelligkeit gehen.
Der FDP-Landesvorsitzende Heiner Garg und SPD-Fraktionschef Ralf Stegner appellierten an die Unionsabgeordneten, auf den Fraktionszwang zu verzichten und in dieser Frage allein ihrem Gewissen zu folgen. So sei eine vermutlich nahezu einstimmige Zustimmung im Parlament zu erlangen, denn die schleswig-holsteinische Union stehe in Wirklichkeit konservativen Hardlinern wie der Bundestagsabgeordneten Katherina Reiche oder dem CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt nicht nahe. Die Abgeordneten Rainer Wiegard und Axel Bernstein verwahrten sich gegen Versuche, einen Spaltpilz in die Union tragen zu wollen.
Nach Ansicht von Garg müssen nicht diejenigen, die gleiche Rechte für eingetragene Partnerschaften verlangen, dies begründen, sondern diejenigen, die diese Rechte verweigern wollen. Deutschland sollten sich an Ländern wie Großbritannien oder den USA orientieren, die hier weiter wären als die Bundesregierung. Stegner betonte, die Politik müsse dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung tragen und dürfe nicht im gesellschaftlichen Biedermeier verharren. „Wir wollen und wir müssen jeder Art von Diskriminierung entgegen treten.“
Der Grünen-Abgeordnete Rasmus Andresen meinte, es gebe keine Gründe gegen die Ehe für alle. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Piraten, Torge Schmidt sagte, „es ist traurig, dass wir überhaupt noch darüber reden müssen“. Nach Ansicht des SSW-Abgeordneten Lars Harms sollte der sperrige Begriff „eingetragene Lebenspartnerschaften“ ersetzt werden durch „Ehe“, erst dann sei Gleichheit sichtbar. Garg betonte, dass Kinder in glücklichen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften besser aufwachsen als in zerrütteten Ehen von Mann und Frau.
Weitere Themen: Fracking und Nord-Ostsee-Kanal
Für heftige Diskussionen sorgte das umstrittene Fracking-Verfahren zur Gas- und Ölförderung. Dabei ging es um den rechtlichen Handlungsspielraum für ein Moratorium sowie um mehr Transparenz bei Anträgen von Energieunternehmen. Umweltminister Robert Habeck (Grüne) appellierte an alle Fraktionen, den Grundkonsens hervorzuheben: Nämlich die gemeinsame Ablehnung von toxischem Fracking.
Über den Bundesrat setzt sich Schleswig-Holstein für ein bundesweites Fracking-Verbot ein. Ein Antrag der Piraten und ein Änderungsantrag der Regierungsfraktionen SPD, Grüne und SSW wurden in den Umwelt- und Agrarausschuss überwiesen.
Vor Beginn der Landtagssitzung hatte die Piratenpartei mit einer Aktion gegen das Fracking protestiert. Vor dem Landeshaus verteilten die Piraten-Abgeordnete Angelika Beer und Fraktionschef Patrick Breyer sogenannte Fracking-Quell-Flaschen, die auf den Chemikalieneinsatz und die Trinkwassergefährdung hinweisen sollten. In einem Parlamentsantrag fordern die Piraten, die Öffentlichkeit unverzüglich über potenzielle Fracking-Regionen zu informieren sowie einen Stopp von Bohrungen zum Aufsuchen oder Ausbeuten von Lagerstätten.
Stellnetzfischerei soll eingeschränkt werden
Das Parlament diskutierte am Donnerstag auch kontrovers darüber, wie die Fischer ihre Existenz sichern und zugleich Schweinswale vor der Todesfalle Stellnetz bewahrt werden können. Die Landesregierung plant, die Fischerei mit Stellnetzen einzuschränken, um Schweinswale und Tauchenten zu schützen. Sie können sich in den Netzen verfangen, wenn sie auf der Nahrungssuche Hering, Dorsch oder Scholle jagen.
Das Fischereiministerium ist seit Monaten im Gespräch mit Fischern über eine neue Küstenfischerei-Verordnung. Dabei geht es um die Frage, welche Schutzzonen ausgewiesen werden und zu welchen Zeiten dort keine Stellnetze verwendet werden dürfen. CDU und FDP forderten die Regierung auf, auf solche Maßnahmen zu verzichten. Damit werde die Existenz von 140 Betrieben im Land gefährdet. Es sei schwierig, in dieser Frage Tierschutz und Fischerei miteinander zu versöhnen, sagte Minister Robert Habeck (Grüne).
Lehrerausbildung bleibt Streit-Thema
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Waltraud Wende hat ihren Kurs zur Reform der Lehrerausbildung verteidigt. Die Lehrer müssten künftig möglichst weitgehend sowohl an Gymnasien als auch an Gemeinschaftsschulen eingesetzt werden können, sagte die parteilose Politikerin am Donnerstag im Landtag. Wende versicherte, es würden keine finanziellen und personellen Ressourcen von der Universität Kiel an die Uni Flensburg abgezogen. Die Opposition warf der Ministerin Konzeptionslosigkeit vor und befürchtete, der Standort Kiel könnte gegenüber Flensburg benachteiligt werden.
Neue Regelungen für Asylbewerber
Auch Regelungen für Asylbewerber wurden im Landtag besprochen. Das Parlament ist dafür, dass Flüchtlinge so früh wie möglich Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Derzeit müssen Asylbewerber ein Jahr warten, bis sie in Deutschland arbeiten dürfen. Zudem muss die Bundesagentur für Arbeit zustimmen und prüfen, ob es andere Bewerber auf die jeweilige Stelle gibt.
Alle Fraktionen wollen sich in weiteren Ausschussberatungen darum bemühen, parteienübergreifend einen gemeinsamen Antrag zu erarbeiten. Bisher liegen Anträge der Koalitionsfraktionen sowie von FDP und Piraten vor. Der Zugang zum Arbeitsmarkt sei eine wichtige Voraussetzung zur Integration, argumentierte das Parlament. Bestehende Hemmnisse seien diskriminierend und in Zeiten des Fachkräftemangels Verschwendung von Potenzial. Die bisherigen Regelungen seien überholt, hieß es. Die Landesregierung unterstützt den Kurs der Landtagsmehrheit.
Auch der Nord-Ostsee-Kanal steht auf dem Programm
Weitgehend Einigkeit dürfte unter den Fraktionen bestehen bei der dringenden Sanierung und dem Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals. Die Regierungsfraktionen SPD, Grüne und SSW fordern vom Bund dazu ein ganzes Maßnahmenpaket. Die Parlamentarier werden sich außerdem mit der Zukunft der Ostseefischer sowie der Lehrerausbildung im Norden befassen. Das Landtagsprogramm am Donnerstag ist wegen des Antrittsbesuchs von Bundespräsident Joachim Gauck am Tag darauf besonders umfassend. Gauck wird im Parlament sprechen, ansonsten entfällt der dritte Beratungstag der März-Landtagssitzung.
Am Mittwoch war im Landtag die Beamtenbesoldung diskutiert worden. Demnach sollen die Beamten in Schleswig-Holstein mehr Geld bekommen, allerdings soll der Tarifabschluss für die Angestellten nicht übernommen werden.