Auf eine stärkere Bürgerbeteiligung zielt ein Gesetzentwurf von SPD, Grünen und SSW. Kieler Landtag brachte Sache auf den Weg.
Kiel. In Schleswig-Holstein sollen sich die Bürger künftig leichter in die Politik ihrer Städte und Gemeinden einbringen und mehr mitentscheiden können. Ein entsprechendes Gesetz hat der Kieler Landtag am Donnerstag auf den Weg gebracht. Der Entwurf von SPD, Grünen und SSW ziele darauf, das allgemeine Interesse an Politik zu erhöhen, sagte Innenminister Andreas Breitner (SPD). „Uns allen muss daran liegen, Politikverdrossenheit und Wahlmüdigkeit entgegenzuwirken. Es muss dringend eine Gegenbewegung in Gang gesetzt werden“, betonte er. An dem Gesetzentwurf hatte die Initiative „Mehr Demokratie“ mitgewirkt.
Demnach werden etwa die Hürden für Bürgerbegehren gesenkt. Um ein Begehren zu starten, müssen bisher zehn Prozent der Einwohner eine Unterschrift leisten. Dies soll künftig abhängig von der Ortsgröße gestaffelt werden. Bei bis zu 8000 Einwohnern bleibt es bei zehn Prozent, bei 45 000 bis 150 000 sind es zum Beispiel noch fünf Prozent. Bei einem Bürgerentscheid in Großstädten sollen nur noch acht statt bisher 20 Prozent der Wahlberechtigten zustimmen müssen, damit eine Initiative Erfolg hat. Dahinter steckt den Angaben zufolge die Erfahrung, dass sich Unterstützer in Dörfern leichter finden lassen als in Städten. Zudem sollen Bürger deutlich frühzeitiger und enger in Planungen eingebunden werden als bisher.
„Direkte Demokratie ist bei uns bisher ein sehr zartes, um nicht zu sagen, kümmerliches Pflänzchen“, sagte die Fraktionschefin von Bündnis 90/Die Grünen, Eka von Kalben. Im Vergleich zu anderen Bundesländern gebe es deutlich weniger Bürgerbegehren. Nun solle Schleswig-Holstein eines der „weitestgehenden Mitbestimmungsgesetze Deutschlands“ bekommen. Man müsse auf die Bürger zugehen, um dem Eindruck entgegenzuwirken, „die da oben machen doch, was sie wollen„“, meinte von Kalben. Bei der jüngsten OB-Wahl in Kiel habe die Wahlbeteiligung nur bei 32 Prozent gelegen, mahnte sie.
Die Opposition zeigt sich skeptisch: „Die Intention ist zweifelsohne eine gute“, sagte der FDP-Abgeordnete Oliver Kumbartzky. Es blieben aber mehrere Fragen offen, etwa ob die Maßnahmen den gewünschten Effekt hätten. CDU-Fraktionschef Johannes Callsen betonte: „Wir haben eine repräsentative Demokratie. Wir dürfen jetzt nicht diejenigen schwächen, die sich oft über Jahre ehrenamtlich in kommunalen Parlamenten engagieren. Da müssen wir genau hingucken.“
Den Piraten dagegen gingen die Vorschläge nicht weit genug. Fraktionschef Patrick Breyer kritisierte unter anderem, dass einige Politikbereiche ausgeklammert wurden. „Eine Mitentscheidung in Finanzfragen traut die Koalition den Bürgern nicht zu“, monierte er. Dabei könnten diese oft besser haushalten. „Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, viele weitere müssen folgen“, betonte Breyer. Der Gesetzentwurf soll im Innen- und Rechtsausschuss beraten werden.