Kieler bestimmen in Stichwahl neues Stadtoberhaupt. Gaschke ist Favoritin im Rennen gegen CDU-Bewerber Gert Meyer.

Kiel. Im Kampf um den Oberbürgermeisterposten in Kiel fällt an diesem Sonntag die Entscheidung. In einer Stichwahl treten die Journalistin Susanne Gaschke von der SPD und der frühere Stadtkämmerer Gert Meyer von der CDU gegeneinander an. Die 45 Jahre alte Gaschke gilt als klare Favoritin: Sie lag bereits im ersten Wahlgang am 28. Oktober vor Meyer (41) und kann jetzt noch mit Stimmen rechnen, die damals auf den Grünen-Kandidaten Andreas Tietze entfielen. Auch Meyer sieht die „Zeit“-Redakteurin Gaschke in der Favoritenrolle, da Kiel als Hochburg der SPD gilt. Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt muss den Oberbürgermeister neu wählen, da der frühere Amtsinhaber Torsten Albig (SPD) Ministerpräsident wurde.

Im ersten Durchgang hatte Gaschke 43,23 Prozent der Stimmen geholt, während Meyer auf 38,76 Prozent kam. Grünen-Landtagsfraktionsvize Tietze erhielt 13,78 Prozent. Nach dessen Ausscheiden sprachen sich die Kieler Grünen dafür aus, in der Stichwahl die SPD-Kandidatin zu unterstützen. In der Ratsversammlung kooperieren SPD, Grüne und SSW miteinander – wie auch auf Landesebene. CDU-Bewerber Meyer kann auf Rückhalt aus dem FDP-Lager zählen.

Angesichts dieser Ausgangslage wäre alles andere als ein Sieg Gaschkes eine sehr große Überraschung. Die Hauptaufgabe der Sozialdemokraten in den verbleibenden Tagen bis zur Stichwahl besteht darin, ihre Wähler auch zur Stimmabgabe zu bewegen. Die Wahlbeteiligung in der ersten Runde lag mit 35,78 Prozent noch unter dem Tiefstand von 2009 (36,5 Prozent). Vor der Stichwahl wollen Gaschke und Meyer noch einmal alle Kräfte mobilisieren. Im Wahlkampf werben die Rivalen sachlich für ihre Positionen; „Schlammschlachten“ blieben aus.

Rund 195 000 Wahlberechtigte sind am Sonntag aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Kiel ist eine traditionelle Hochburg der SPD, die jahrzehntelang den Oberbürgermeister stellte. 2003 war es dann der Christdemokratin Angelika Volquartz in einer für ihre Partei bundespolitisch günstigen Ausgangslage gelungen, die OB-Wahl zu gewinnen. 2009 scheiterte sie dann klar an Albig beim Wiederwahl-Versuch.

Ein halbes Jahr vor den Kommunalwahlen im Norden ist die Entscheidung für SPD und CDU gleichermaßen wichtig. Die Sozialdemokraten wollen ihre Hochburg unbedingt verteidigen, und die CDU möchte zeigen, dass sie auch in einer Großstadt wieder erfolgreich sein kann.

Gaschke hatte sich nur sehr knapp in einem parteiinternen Bewerberrennen durchgesetzt und war auch nicht die Wunschkandidatin der SPD-Spitze. Studiert hat sie Anglistik, Pädagogik und Öffentliches Recht.

CDU-Bewerber Meyer, Ex-Stadtrat für Finanzen, langjähriges Mitglied der Ratsversammlung und Diplom-Betriebswirt, setzte im Wahlkampf auf seine kommunalpolitische Kompetenz und stellte sich als seriöser Pragmatiker dar. Immer wieder machte er deutlich, dass sich die 245 000-Einwohner-Stadt keine großen Sprünge leisten kann. Kiel sitzt auf einem Schuldenberg von 400 Millionen Euro, das Defizit in diesem Jahr beträgt rund 90 Millionen Euro. Der Bau einer in Kiel viel diskutierten und auch von der Landeskoalition angestrebten Stadt-Regional-Bahn ist aus Sicht Meyers nicht bezahlbar. Gaschke will darüber die Bürger abstimmen lassen.