Lohndumping soll bei öffentlichen Aufträgen im Norden keine Chance mehr haben. Entsprechendes Gesetz soll im September eingebracht werden.

Kiel. Unternehmen mit Dumping-Löhnen sollen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in Schleswig-Holstein künftig nicht mehr zum Zuge kommen. Die Landesregierung werde noch im September ein entsprechendes Tariftreue- und Vergabegesetz im Parlament einbringen, kündigten SPD, Grüne und der SSW am Donnerstag an. Der Mindeststundenlohn wird demnach 8,92 Euro betragen. Der DGB stellte eigenen Eckpunkte vor und begrüßte die Ankündigung der Koalition, „das fortschrittlichste Landesvergabegesetz Deutschlands zu schaffen und so ein Signal für den gesetzlichen Mindestlohn zu geben“. Ablehnend äußerten sich dagegen das Handwerk und die CDU.

Das geplante Gesetz müsse die Tarifbindung von Unternehmen vorschreiben, die öffentliche Aufträge erhalten, sagte Uwe Polkaehn, Chef des DGB-Bezirks Nord, in Kiel. Das müsse nicht nur für Vergaben des Landes, sondern auch der Kommunen und Kreise gelten. Laut Polkaehn wurden 2010 allein vom Land Investitionen in einer Größenordnung von etwa zwei Milliarden Euro getätigt. Der Mindestlohn sollte nach den Vorstellungen des DGB jedes Jahr an einem Stichtag neu festgelegt werden – unter Einbeziehung einer Kommission mit Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern. SPD, Grüne und SSW lobten die Anregungen des DGB, man sei auf einer Linie.

Polkaehn betonte, dass die Anstrengungen für Mindestlohnregelungen auf Bundesebene seit Jahren nicht von der Stelle kämen. Deshalb seien jetzt die Bundesländer gefordert, eigene Regelungen zumindest für öffentliche Aufträge zu verabschieden.

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„Andere Bundesländer haben vorgemacht, dass rechtssichere Auftragsvergabe auch mit strengen Anforderungen an die Arbeitsbedingungen möglich ist“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Olaf Schulze. „Es wird Zeit, endlich den unhaltbaren Zustand zu beenden, in dem man Ausschreibungen mit Dumping-Löhnen gewinnen kann statt mit Qualität.“

Der geplante Mindestlohn von 8,92 Euro pro Stunde sei der niedrigste tarifliche Vollzeitlohnsatz im Land, erläuterte der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen, Andreas Tietze. Als „gesellschaftlichen Skandal“ bezeichnete er es, dass in Schleswig-Holstein 20 000 Menschen für den Lebensunterhalt neben ihrem Lohn noch als Aufstocker auf zusätzliche staatliche Transferleistungen angewiesen seien. Das belaste die öffentlichen Kassen jährlich mit 180 Millionen Euro. „Geld, das eigentlich als fairer Lohnbestandteil von den Arbeitgebern zu zahlen ist“, sagte Tietze. Der Vorsitzende des SSW im Landtag, Lars Harms, betonte: „Wer den ganzen Tag arbeitet, muss auch davon leben können.“

CDU-Fraktionschef Johannes Callsen bezeichnete das Gesetz als „unnötig“. Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) habe „unsere Handwerksbetriebe ausdrücklich als Vorbild für ihre Mindestlöhne und Tariftreueregelungen gelobt“. Diese beruhten auf der von der CDU im Rahmen des Mittelstandsförderungsgesetzes eingeführten Tariftreueregelung. „Wozu dann ein neues Gesetz?“, fragte Callsen

Die vom DGB Nord vorgelegten Eckpunkte für ein Tariftreue- und Vergabegesetz führen nach Einschätzung des Handwerks dazu, dass kleine und mittlere Betriebe bei Auftragsvergaben durch Land, Kreise und Kommunen nahezu ausgeschlossen werden. „Wenn die Eckpunkte, die der DGB vorgelegt hat, tatsächlich von der neuen Landesregierung in das geplante neue Gesetz aufgenommen werden, wirft sie damit dem gesamten Handwerk Knüppel zwischen die Beine“, kritisierte Ulrich Mietschke, Präsident von Handwerk Schleswig-Holstein e.V. (dpa)