Landtag bringt Anträge zur Aufgabe des Sonderweges beim Glücksspiel auf den Weg. CDU und FDP warnte vor weniger Steuereinnahmen.

Kiel. Schleswig-Holstein will seinen Sonderweg beim Glücksspielgesetz rückgängig machen und dem Glücksspielstaatsvertrag der 15 anderen Bundesländer möglichst schnell beitreten. Innenminister Andreas Breitner (SPD) skizzierte am Freitag im Landtag dazu den rechtlichen und gesetzlichen Weg. Notwendig sei unter anderem die Aufhebung des bisherigen, noch von CDU/FDP beschlossenen Glücksspielgesetzes. Parallel werde Schleswig-Holstein dem Glücksspielstaatsvertrag der 15 anderen Länder beitreten.

Beide Maßnahmen müssten demnach in Brüssel notifiziert werden. Die europarechtlichen Vorgaben würden beachtet werden, versicherte Breitner. Entsprechende Gesetzesanträge der Koalition wurden in Parlamentsausschüsse zur weiteren Beratung verwiesen.

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Die emotionale Debatte war nicht nur von Sachargumenten geprägt. FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki hielt SPD-Fraktionschef Ralf Stegner inakzeptable persönliche Beleidigungen vor. Ihm und seinem CDU-Kollegen Hans-Jörn Arp werde vorgehalten, mit der Unterstützung eines liberalisierten Glücksspielmarktes letztlich Prostitution und Geldwäsche zu fördern. Solche Polemik sollte Minister Breitner unterbinden, „sonst erleben Sie hier bunte Tage“. „Sie wollen nicht argumentieren, sondern denunzieren“, hielt Kubicki Stegner vor. Arp verwahrte sich gegen beleidigende Äußerungen, er sei ein Lobbyist.

Zuvor hatte Stegner gesagt, sollten Poker-Anbieter tatsächlich Lizenzen bekommen, würde Schleswig-Holstein zum Eldorado der Schwarzgeldwäscher. „Es geht um Geldwäsche und organisierte Kriminalität.“ Kubicki kritisierte diese Beschreibung von Sportwettenanbietern. Als Kieler Oberbürgermeister habe der jetztige Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) freiwillig solche Unternehmensvertreter eingeladen, um mit ihnen über eine Ansiedlung in Kiel zu sprechen. Arp sagte, dass Steuereinnahmen durch Glücksspiele sportlichen und sozialen Zwecken zu Gute kämen.

Die rot-grün-blaue Landesregierung will laut Stegner Schadenersatzforderungen von Glücksspielunternehmen möglichst verhindern. Sollte es dennoch dazu kommen, seien allein CDU und FDP dafür verantwortlich.

Im Norden wurden bisher sieben Lizenzen an Sportwettenanbieter vergeben. Insgesamt haben 49 Unternehmen Lizenzen beantragt, darunter 28 Sportwettenanbieter und 21 Online-Casinospiele-Anbieter.

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Lars Harms (SSW) verwies auf die schwierige Lage, dass möglicherweise weitere Lizenzen noch erteilt werden müssten, bis die komplexe Gesetzeslage geändert sei, da sonst Schadensersatzforderungen drohten. Die Notifizierung in Brüssel könne bis zu drei Monaten dauern. Dennoch werde die Landesregierung das bisherige Glücksspielgesetz aufheben und dem Glücksspielstaatsvertrag beitreten, „um Schlimmeres zu verhindern“.

Der Grünen-Abgeordnete Rasmus Andresen wies auf das Problem hin, dass der Glücksspielstaatsvertrag der Länder keine Regelung für Online-Anbieter vorsehe. So würden Spieler auf ausländische Anbieter zurückgreifen, Spielersperren oder eine Kontrolle von Geldwäsche sei für diesen Bereich in Deutschland nicht möglich. Verlierer seien die Suchtabhängigen. Ähnliche Kritik äußerte Patrick Breyer von der Piratenpartei, die dem Glücksspielstaatsvertrag nicht zustimmen will.

Mit Material von dpa