Wie sieht es ab September mit der Regierungsmehrheit aus? Diese Frage interessierte vor Landtagssitzung in Kiel am meisten.

Kiel. Dänische Grenzkontrollen, HSH-Untersuchungsausschuss und Elbvertiefung – einen Tag vor Beginn der Landtagssitzung in Schleswig-Holstein standen nicht die Inhalte, sondern der ehemalige CDU-Fraktionschef Christian von Boetticher nochmals auf der Agenda der Fraktionen. Für die August-Sitzung akzeptiert die Opposition die Krankmeldung des 40-Jährigen, der nach Bekanntwerden seiner früheren Beziehung zu einer 16-Jährigen den Partei- und Fraktionsvorsitz zu Beginn der vergangenen Woche niedergelegt hat. Für die Septembertagung machten sie aber deutlich, dass sie genau beobachten werden, ob von Boetticher teilnimmt oder nicht.

In der Septembersitzung erwartet der neue CDU-Fraktionschef Johannes Callsen seinen Vorgänger aber wieder im Plenum. „Ich gehe davon aus, dass er im September wieder da ist.“ Es gebe für ihn keinen Grund daran zu zweifeln, dass von Boetticher sein Mandat wie angekündigt wahrnehmen werde, sagte Callsen. Daran ändere auch nicht die von von Boetticher in Interviews angekündigte längere Erholungszeit. Im September soll nach bisherigem Stand das geplante schleswig-holsteinische Gesetz zur Liberalisierung des Glücksspielwesens beschlossen werden. Dann ist die Koalition auf alle Stimmen der Regierungsfraktionen – die nur eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme hat – angewiesen. Callsen erklärte, seine Fraktion sei „festen Willens“, die begonnene Arbeit fortzuführen.

Die Oppositionsparteien machten deutlich, dass sie sehr genau beobachten werden, ob von Boetticher seiner Abgeordnetenpflicht nachkomme. Der SSW fand es richtig, dass die Grünen erklärt haben, dass das Pairing für diese Landtagssitzung greife, sagte Fraktionschefin Anke Spoorendonk. Aber es gelte nicht, „wenn es sich um politische Krankheiten dreht“. Für die Grünen erklärte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Monika Heinold, bereits am Montag, „wir sind grundsätzlich für diese Sitzung bereit, auch eine Krankmeldung von Christian von Boetticher zu akzeptieren.“ Aber die Grünen-Fraktion werde die Situation immer neu bewerten. „Ein Durchwurschteln bis 2012 werden wir nicht decken.“ Es sei die Aufgabe der CDU, ihre Probleme zu klären und die Pflicht von Boettichers, das Mandat auszuüben, oder es zurückzugeben.

SPD-Fraktionschef Ralf Stegner sagte am Dienstag, im September müsse klar sein, ob die Regierung eine eigene Mehrheit habe oder nicht. Zum Glücksspielgesetz werde seine Fraktion auf jeden Fall eine namentliche Abstimmung beantragen.

Bei der am Mittwoch beginnenden Augustsitzung stehen vor allem Debatten ohne Abstimmungen in der Sache, wo es auf die Regierungsmehrheit ankommt, auf dem Programm. Zudem haben sich neben von Boetticher auch Abgeordnete von Oppositionsfraktionen krankgemeldet, was den Druck von der Koalition nimmt.

Zu Beginn der Sitzung am Mittwoch diskutieren die Parlamentarier nochmals über die dänischen Grenzkontrollen. Hintergrund ist, dass jetzt am Autobahnübergang Ellund auf deutscher Seite dänische Grenzanlagen gebaut werden sollen, die schon seit Jahren geplant sind. Es geht um elektronische Tafeln zur Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 40, Stopp-Lichter und Schranken. Damit sollen Kontrollen bei der Suche nach Kriminellen und Verkehrssündern erleichtert werden. Für Stegner hat das Vorhaben „mit Verkehrskontrollen nichts mehr zu tun“.

Am Donnerstag stehen mit dem Ausbau der A 20 und der Elbvertiefung sowie dem Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals (NOK) Debatten in der Verkehrspolitik an. CDU und FDP stellen sich hinter die Pläne einer Fahrrinnenanpassung für die Elbe. Die Grünen hingegen verlangen in einem Änderungsantrag die Haushaltsmittel für die Elbvertiefung in die Kanalschleusen und die Verbreiterung des NOK zu stecken. Desweiteren gibt die Landesregierung einen Bericht über den Zustand des Atomkraftwerks Brokdorf ab. Freitag stellen die Mitglieder des Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank ihren Abschlussbericht dem Plenum vor.