Der CDU droht der Verlust ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit im Landtag, sollte ihr Ex-Chef nicht an der nächsten Sitzung teilnehmen. Der beruhigt.

Uetersen. Der zurückgetretene Landes- und Fraktionschef der Nord-CDU, Christian von Boetticher, wird nach Angaben seines Sprechers an der nächsten Landtagssitzung im September teilnehmen. „Das stand für ihn von vornherein fest“, stellte der Sprecher am Donnerstagabend nach einem Telefonat mit Boetticher klar. Boettichers Teilnahme ist wichtig, weil die schwarz-gelbe Koalition mit nur einer Stimme Mehrheit regiert. Die Grünen hatten ihre Haltung verschärft. Sie erklärten, selbst bei einer erneuten Krankmeldung würde sie ein Fehlen des CDU-Abgeordneten bei der Sitzung (14.-16. September) nicht akzeptieren und das Pairing-Abkommen in diesem Fall aufkündigen.

Dies sieht vor, dass Regierungsparteien und Opposition auf erkrankte Abgeordnete Rücksicht nehmen und auf entsprechend viele eigene Stimmen bei Abstimmungen verzichten. Boetticher war im August über eine zurückliegende Affäre mit einer 16 Jahre alten Schülerin gestürzt und hatte auch seine Spitzenkandidatur aufgegeben. Zur August-Sitzung des Kieler Parlaments meldete er sich krank. Die Grünen akzeptierten dies.

Der Sprecher Boettichers erklärte, der ehemalige Parteichef habe um Ruhe gebeten. Er verwies auch auf frühere Äußerungen des Politikers, wonach er sein Mandat weiterhin ausüben und die Regierungskoalition nicht gefährden wird.

Die Grünen hatten für den Fall, dass von Boetticher aus dem Landtag ausscheidet und ein Nachfolger einzieht, angekündigt, vor das Landesverfassungsgericht zu ziehen. Es handle sich um ein nicht ausgeglichenes Überhangmandat, das deshalb nicht nachbesetzt werden dürfte, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin, Monika Heinold, am Donnerstag der dpa. Der wissenschaftliche Dienst des Landtags habe diese Auffassung in einem Gutachten bestätigt.

Das Landesverfassungsgericht hatte in einem Urteil die Neuwahl des Landtags bis 2012 angeordnet, weil das bei der Landtagswahl 2009 geltende Wahlgesetz in Teilen nicht verfassungskonform war.

+++ Enttäuschter Christian von Boetticher verlässt Schleswig-Holstein +++

Von Boetticher hatte zuletzt erneut für Wirbel gesorgt. Die Liaison des ehemaligen CDU-Spitzenkandidaten mit einer 16 Jahre alten Schülerin und seine gleichzeitigen Ablehnung des Wahlrechts mit 16 rufen Gymnasiasten in Schleswig-Holstein auf den Plan. In einem offenen Brief fordern Schüler der Klasse 12c des Ludwig-Meyn-Gymnasiums in Uetersen im Kreis Pinneberg von Boetticher am Mittwoch auf, sich als Schirmherr an die Spitze der im sozialen Netzwerk Facebook angestoßenen Kampagne „Wahlrecht ab 16 in Schleswig-Holstein“ zu stellen. Die Abiturienten verweisen auf eine „hitzige Diskussion“ Boettichers mit den „größtenteils minderjährigen“ Schülern ihrer Klasse vor knapp einem halben Jahr. Damals habe der CDU-Mann ihnen wegen Unreife das Wahlrecht abgesprochen.

Unterdessen hat sich der designierte CDU-Landeschef und Spitzenkandidat für die kommende Landtagswahl, Jost de Jager, am Donnerstag in Tarp (Kreis Schleswig-Flensburg) der Basis gestellt. „Acht Monate vor der Wahl das Spitzenpersonal auswechseln zu müssen, ist nicht leicht, (...) aber wir haben Handlungsfähigkeit bewiesen“, sagte de Jager vor rund 120 Gästen auf der ersten von vier Regionalkonferenzen. Ziel sei es bei der Landtagswahl am 6. Mai mit Abstand stärkste Partei zu werden. „Wir haben den Gestaltungswillen, weil wir, die CDU Schleswig-Holstein die Schleswig-Holstein-Partei sind.“ Der 46-Jährige de Jager soll am 24. September als Parteichef und am 4. November als Spitzenkandidat gewählt werden.