Rot-Grün an der Förde – darauf hofft die SPD für die Wahl im Mai. Eine Kampagne gegen das Betreuungsgeld der Berliner Koalition soll helfen.

Kiel. Im Endspurt zu den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen will die SPD mit einer Kampagne gegen das umstrittene Betreuungsgeld punkten. Die Parteispitze startete die Aktion „Für Kitas statt Betreuungsgeld“ am Montag in Kiel. „Wir sind sicher, dass wir einen Regierungswechsel hin zu Rot-Grün bekommen“, sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel nach einer Sitzung des Bundesvorstandes mit dem schleswig- holsteinischen Landesvorstand. Der Spitzenkandidat der Nord-SPD, Kiels Oberbürgermeister Torsten Albig, und seine NRW-Kollegin Hannelore Kraft betonten, sie nähmen den Höhenflug der Piratenpartei ernst, die in beiden Ländern auf den erstmaligen Einzug in das Parlament hofft.

Nach den Umfragen bahnt sich im Norden zur Wahl am 6. Mai ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der SPD und der CDU mit Spitzenkandidat Jost de Jager an. SPD und Grüne wollen gemeinsam die Regierung übernehmen, bräuchten dafür nach bisherigem Stand aber ein Bündnis mit dem dänisch orientierten Südschleswigschen Wählerverband (SSW). In Nordrhein-Westfalen, wo am 13. Mai gewählt wird, können SPD und Grüne laut Umfragen als Duo auf die Mehrheit hoffen.

Wer im Norden einen Politikwechsel weg von Schwarz-Gelb wolle, müsse Rot, Grün oder den SSW wählen, sagte Albig. „Aus unserer Sicht natürlich Rot.“ Wer etwas anderes wähle, also auch die Piraten, arbeite einer großen Koalition zu, die keiner im Lande wolle. „Wir wollen Rot-Grün, wir wollen Rot-Grün/SSW. Dafür kämpfen wir“, sagte Albig. NRW-Kollegin Kraft meinte, bei den Piraten-Vorschlägen sei viel dabei, was sie gut finde, zum Beispiel einen kostenlosen Personennahverkehr oder Schulklassen mit 15 Schülern. Unbeantwortet sei allerdings die Frage, wie das finanziert werden soll. Es sei gut, dass die Piraten Nichtwähler zurückholten, aber es müsse die inhaltliche Auseinandersetzung mit ihnen geführt werden, sagte Kraft.

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Beide SPD-Spitzenkandidaten kritisierten wie Gabriel vehement das Betreuungsgeld, das die Berliner Koalition Eltern zahlen will, die ihre ein- und zweijährigen Kinder zu Hause betreuen und keine Krippen oder Kindergärten nutzen. Dies sei eine kalte Fernhalteprämie, die nicht dem Kindeswohl diene, Eltern vom Arbeitsmarkt fernhalte und besonders Frauen in die berufliche Sackgasse führe, heißt es in einer vom Parteivorstand beschlossenen Resolution. Damit werde der Ausbau der Kitas gestoppt. Obwohl von August 2013 an ein Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Kinder ab dem ersten Lebensjahr bestehe, gebe es erst für ein Viertel aller Kinder unter drei Jahren Kita-Plätze. Es bestehe die Gefahr, dass erstmals ein Rechtsanspruch nicht erfüllt wird, sagte Albig.

Zur SPD-Kampagne gegen das Betreuungsgeld gehören Postkarten mit Kindern in den Mund gelegten Aussagen wie „Mami ist die Beste! Aber ich kann ja nicht immer auf sie aufpassen.“ und „Papi ist der Beste! Aber ich muss auch meine Kumpels treffen.“ Die SPD fordert, die zwei Milliarden Euro, die das Betreuungsgeld kosten soll, in den Ausbau der Kita-Betreuung zu geben. 166 000 Plätze könnten so geschaffen werden, laut Albig 6000 davon im Norden und 25 000 in NRW. Kraft lehnte es ab, eine Prämie dafür zu zahlen, dass Kinder nicht in die Kita kommen.

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Gabriel warf der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, sie drücke sich um den Ausbau der Betreuung in Kitas. Die Koalition wolle stattdessen viel Geld für unsinnige Dinge ausgeben, die Kinder von Bildung fernhielten. „Wir werden prüfen, ob wir klagen können“, sagte Gabriel. Der Bund mische sich in Finanzbeziehungen der Kommunen ein, was auch aus Sicht des Bundesjustizministeriums verfassungsrechtliche Bedenken aufwerfe. Diese müssten geprüft werden, sagte Gabriel.

Den Vorschlag von Unionsfraktionschef Volker Kauder, Eltern mit vor 1992 geborenen Kindern einen zusätzlichen Rentenanspruch zu geben, lobte der SPD-Chef. „Guter Vorschlag, soll er machen, soll von seinem Finanzminister ’ne Finanzierung bringen, aber er soll das bitte nicht ausspielen gegen die bessere Finanzierung der Kindertagesstätten“, sagte Gabriel. „Das ist ja ein schräger und nur ein fauler Kompromiss: Wieso kann man eigentlich sagen, das Betreuungsgeld wird intelligenter, wenn ich die Kindererziehungszeiten in der Rente besser berechne?“ Die SPD werde dem Vorschlag Kauders zustimmen. „Aber das kann man nicht ausspielen gegen die Bedürfnisse der heutigen Eltern und der heutigen Kinder.“

(dpa/abendblatt.de)