Am 6. Mai wird der Landtag gewählt. Joachim Wagner (CDU) und Martin Habersaat (SPD), Direktkandidaten im Wahlkreis Stormarn-Süd, im Streitgespräch.
Hamburger Abendblatt: Herr Wagner, Sie wollen in den Landtag. Warum?
Joachim Wagner: Ich will meine politischen Erfahrungen auf Landesebene einbringen. Sie wissen ja, dass ich schon einmal Abgeordneter im Landtag war. Da will ich wieder hin.
Herr Habersaat, Sie sind schon seit drei Jahren Landtagsabgeordneter und kandidieren nun für weitere fünf Jahre. Warum?
Martin Habersaat: Drei Jahre haben nicht gereicht. Man braucht schon eine Weile, bis man sich eingearbeitet hat und weiß, wie der Hase läuft. Ich habe das Gefühl, dass es jetzt losgehen kann. Jetzt bin ich fit in den Themen.
Was haben Sie in den vergangenen drei Jahren für den Wahlkreis erreichen können?
Habersaat: Ich musste, weil ich einziger SPD-Landtagsabgeordneter aus Stormarn war, den ganzen Kreis vertreten. Mich hat gefreut, dass wir es in Kiel geschafft haben, den Fokus ein bisschen mehr auf den Süden des Landes zu legen. Davon hat der Wahlkreis profitiert. Die S 4 hat mich beschäftigt, die für Stormarn wichtig ist. Und im Bildungsausschuss, in dem ich Mitglied bin, musste ich für den Wahlkreis gar nicht so viel tun, weil wir da schon ein Schulsystem haben, wie ich es mir für ganz Schleswig-Holstein vorstelle.
Nun ist der Wahlkreis allerdings gerade um Wentorf erweitert worden. Und da soll es nach dem Willen der Eltern ein G-9-Gymnasium geben. Das aber passt nicht ins Schulsystem der SPD.
Habersaat: Ja, da habe ich die Ausnahme geerbt. Wir haben in Stormarn nur G-8-Gymnasien, dazu Gemeinschaftsschulen, die nach neun Jahren zum Abitur führen. Ich hoffe, möglichst viele davon überzeugen zu können, dass Wentorf auch auf diesen Weg einschwenkt.
Sind Sie auch dieser Meinung, Herr Wagner?
Wagner: Ich bin ein Fan von G 8 an Gymnasien. Die derzeit noch bestehende Wahlmöglichkeit zwischen G 8 und G 9 kann nur eine Übergangslösung sein. Die Wentorfer Situation ist eine ganz schwierige, weil die Eltern etwas anderes wollen. Ich kann verstehen, wenn Eltern darüber klagen, dass G-8-Gymnasiasten wegen der vielen Unterrichtsstunden kaum noch Freizeit haben. Man muss endlich mal die Lehrpläne entrümpeln. Ich hätte erwartet, dass der Bildungsminister Klug von der FDP das tun würde. Aber meine Erwartungen wurden nicht erfüllt.
Herr Wagner, wo würden Sie Ihre Schwerpunkte setzen, falls Sie in den Landtag gewählt werden?
Wagner: Meine Interessen liegen im Bereich Wirtschaft und Finanzen, darum würde ich mich kümmern wollen.
Viele Kommunen klagen darüber, dass das Land bei der Genehmigung von neuen Gewerbegebieten zu zögerlich ist.
Wagner: Da ist die Wahrnehmung sehr unterschiedlich. Der Innenminister Klaus Schlie stellt das anders dar als beispielsweise Thomas Schreitmüller, der Bürgermeister von Barsbüttel. Barsbüttel will ja gerade erweitern. Ich habe jetzt gehört, dass die 15 Hektar, um die es dort geht, genehmigt werden sollen. Aber es sollte nicht so sein, dass sich jede Kommune, die Freude daran hat, ein Gewerbegebiet hinstellt. Ich kenne schon Gebiete, in die keine Firma ziehen mag.
Habersaat: Es gibt ein Gutachten zu Gewerbeflächen in der Metropolregion, das belegt, dass der Leerstand wächst, je weiter das Gebiet von Hamburg entfernt ist. Das betrifft in Ansätzen auch den Norden Stormarns. In Dithmarschen ist es noch viel ausgeprägter. Dieses Gutachten kommt allerdings auch zu dem Schluss, dass Flächen entlang der A 1, zum Beispiel in Barsbüttel und Stapelfeld, zu den Premiumlagen gehören. Wenn das so ist, verstehe ich nicht, warum es für Barsbüttel so schwierig ist, eine Genehmigung für die Erweiterung seines Gewerbegebiets zu bekommen.
Nun hat der Landtag gerade beschlossen, Befugnisse der Landesplanungsbehörde in die Hände der Kreise zu legen. Ist das sinnvoll?
Habersaat: Mir leuchtet noch nicht ein, wie das funktionieren soll. Mehrere Kreise sollen einen Planungsraum bilden. Die Kreise müssten sich dann darauf verständigen, wo Gewerbeflächen ausgewiesen werden. Dabei könnte schlimmstenfalls herauskommen, dass etwa Barsbüttel nur dann Flächen bekommt, wenn auch im Kreis Segeberg etwas ausgewiesen werden darf. Ich hätte eher den Wunsch, dass sich die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein in der Metropolregion planerisch abstimmen.
Herr Wagner, wie stehen Sie zu einer grenzüberschreitenden Planung?
Wagner: Ich bin skeptisch. Wenn wir eine gemeinsame Planung hätten, die in Hamburg sitzt oder in Kiel, dann wäre meine Sorge, dass die Stormarner Interessen hinten runterfallen.
Die Kommunen in Ihrem Wahlkreis sind fast alle verschuldet. Wie wollen Sie das ändern, Herr Wagner?
Wagner: Wir brauchen das Konnexitätsprinzip - also die Verpflichtung von Bund und Land, dass sie die Kosten ihrer Entscheidungen auch selbst bezahlen und nicht den Kommunen aufbürden. Und die Standards für öffentliche Einrichtungen müssen gesenkt werden.
Sie würden also sagen, dass auch einfachere Schulbauten ausreichen oder dass die Zahl der Kinder in einer Kita-Gruppe größer werden muss?
Wagner: Ja, zum Beispiel.
Finden Sie das auch, Herr Habersaat?
Habersaat: Nein. Ich würde es lieber sehen, wenn den Kommunen das nötige Geld zur Verfügung gestellt wird, damit sie die Standards einhalten können. Der erste Schritt dazu wäre, dass der Bund alle Kosten seiner Beschlüsse selbst bezahlt. Ein Beispiel: Wenn der Bund einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz beschließt, dann muss der Bund eben auch das Geld dafür bereitstellen.
Wagner: Meiner Meinung nach kann sich der Staat diesen Rechtsanspruch gar nicht leisten. Er bedeutet, dass Eltern jederzeit sagen können: 'Wir wollen unser Kind betreuen lassen, wir brauchen sofort einen Platz.' Das ist für die Kommunen planerisch auch gar nicht machbar, das wird uns irgendwann kaputtmachen.
Testfrage: Wissen Sie, wie hoch die Gemeinde Wentorf verschuldet ist?
Wagner: Enorm hoch.
Habersaat: Ich muss gestehen: Ich habe die Zahl nicht parat.
Zehn Millionen Euro sind es. Und diese Verschuldung wird demnächst auf mehr als das Doppelte wachsen, weil sich die Gemeinde ein teures Kinderzentrum leistet. Ist das gut?
Habersaat: In diesem Fall ja. Fast alle Wentorfer Baugebiete sind erschlossen. Es ist richtig, die Infrastruktur für diese nun vorhersehbare Zahl von Einwohnern zu schaffen.
Was sagen Sie dazu, Herr Wagner?
Wagner: Eine Verdoppelung der Schulden halte ich für problematisch - egal wofür das gemacht wird.
Wie stehen Sie zu dem Wunsch der Wirtschaft nach einem Ausbau der B 404 inklusive einer neuen Elbquerung östlich von Hamburg?
Wagner: Da bin ich sehr dafür, sehr zum Leidwesen meiner Partei, die sich für die Elbquerung bei Glückstadt einsetzt.
Habersaat: Die östliche Elbquerung ist auch viel günstiger, das ist nur einer von vielen guten Gründen, die für sie sprechen.
Interview: Matthias Popien