Schleswig-Holsteins smarter Grünen-Fraktionschef will in die Regierung. Formal steht der Spitzenkandidat auf Listenplatz zwei.

Kiel. Der smarte Robert Habeck ist das Gesicht der Grünen in Schleswig-Holstein. Der 42-Jährige wirbt zwar als Spitzenkandidat um die Gunst der Wähler, doch formal musste sich der Politstratege wegen des Frauenstatuts seiner Partei mit Listenplatz zwei begnügen. Auf Platz eins steht die langjährige Landtagsabgeordnete Monika Heinold.

Habeck hat die Grünen im Norden nach dem Gang in die Opposition 2005 konsequent neu ausgerichtet – sowohl inhaltlich als auch personell. Seit 2009 sitzt der ehemalige Schriftsteller als Fraktionschef selbst im Kieler Landtag. Nach der Landtagswahl am 6. Mai will der 42-Jährige von dort auf einen Ministerposten wechseln. Umfragen zufolge kann seine Partei auf eine Regierungsbeteiligung mit SPD und SSW hoffen.

Geboren in Lübeck, aufgewachsen in Heikendorf an der Kieler Förde, wohnt der Vater von vier Söhnen seit 2001 nahe der dänischen Grenze, zunächst bei, mittlerweile direkt in Flensburg. Dort schrieb der promovierte Philosoph – seine Doktorarbeit ging über die "Natur der Literatur“ – gemeinsam mit seiner Frau Andrea Paluch mehrere Romane und auch Kinderbücher ("Hauke Haiens Tod“, "Felix und Lea“).

Die Politik entdeckte Habeck erst 2002 für sich. Nach seiner ersten Kreismitgliederversammlung war er sofort Sprecher der Grünen im Kreis Schleswig-Flensburg, zwei Jahre später Landeschef.

Habeck ist redegewandt und smart. Zum Anzug trägt der Mann mit dem jugendlichen Charme auch gerne mal Cowboystiefel. Im Landeshaus gilt er als fairer Vorkämpfer. Der Stratege und ehemalige Landeschef stand lange für den Eigenständigkeitskurs der Nord-Grünen und wollte sich eine schwarz-grüne Option wahren. Mittlerweile betont er jedoch die inhaltliche Verbundenheit zur SPD.

Im Wahlkampf tourt Habeck unter dem Motto "Auf Schicht“ durch das Land zwischen den Meeren und arbeitet dabei jeweils einen Tag in den Betrieben mit, von der Müllabfuhr auf der Nordseeinsel Sylt bis hin zur Arbeit an einem Gemüsestand auf Wochenmärkten.

+++ Garanten für neue Politik: Nord-Grüne ambitioniert +++

Erholung von der Politik sammelt Habeck zuhause in Flensburg bei ausdauernden Läufen. "Das sind die richtig guten Tage, wenn ich den Hintern hoch kriege und zwei Stunden lang laufe“, sagt er. Dazu joggt er aus der Stadt hinaus in ein Waldgebiet, seine Laufstrecke entspricht einer Acht. "Der Scheitelpunkt liegt bei den Wildschweinen.“

"Es geht darum, lange mit sich alleine zu sein und abends kaputte Beine zu haben“, sagt Habeck. Früher habe er dabei neben einem Walkman auch Zettel und Bleistift dabei gehabt, weil ihm auf solchen Läufen Einfälle für Reden kamen.

Jahrelang arbeitete Habeck zu Hause, schrieb dort gemeinsam mit seiner Frau Andrea Paluch Bücher. "Lesen ist mittlerweile keine Entspannung mehr für mich“, sagt Habeck. Das habe er bereits als Schriftsteller gemerkt. "Ich habe gelernt, dass ich auch einfach gar nichts tun kann.“ Das sei eine neue Erfahrung für ihn.

Habeck ist ungeduldig und entschlussfreudig. Eine öffentliche Person zu sein empfindet er als anstrengend. Privat fiebert er regelmäßig in den Sporthallen des Nordens mit, wenn einer seiner vier Söhne dort Handball spielt. Habeck selbst spielte in seiner Jugend Fußball, zum Handball kam er erst durch seine Kinder. Bei Heimspielen der SG Flensburg-Handewitt findet man ihn seit Jahren als Dauergast auf der Stehtribüne im Fanblock. "Wenn es auf dem Feld richtig zur Sache geht, dann will man auch rumbrüllen.“

Nach dem Ende seiner politischen Laufbahn will Habeck irgendwann wieder an seinen alten Schreibtisch zurückkehren und schreiben. Einen Enthüllungsroman müssten die anderen Abgeordneten im Kieler Landtag nach seiner Aussage aber nicht fürchten.

(dapd)