Kreis Pinneberg. 2022 gab es massiven Protest in der Marsch. Sogar Reißzwecken lagen auf dem Asphalt. Darum sind die Dörfer nun nicht mehr dabei.
Im Vorjahr hatte es zwischen den Verantwortlichen des beliebten Hamburger Radrennens Bemer Cyclassics und den Bürgermeistern von Haselau und Haseldorf erheblichen Redebedarf gegeben.
Wenn die Radprofis nun am Sonntag, 20. August, von Hamburg aus auf der etwa 200 Kilometer langen Strecke bei der 26. Auflage der Cyclassics erneut durch den Kreis Pinneberg brettern, sind die beiden Gemeinden kein Teil des Rundkurses mehr.
Cyclassics: Haselau und Haseldorf kein Teil der Strecke mehr
Und das auf eigenen Wunsch: Vielen Bürgern und ihren politischen Vertretern, den Bürgermeistern Peter Bröker (Haselau) und Daniel Kullig (Haseldorf), waren 2022 die stundenlangen Straßensperrungen für das Radrennen ein Dorn im Auge.
Die beiden Marschgemeinden können zu klassischen Straßendörfern gezählt werden, zudem eingegrenzt von der Elbe. Sobald die Hauptstraße gesperrt ist, gibt es quasi kein Rein- und Rauskommen mehr.
Radrennen: Haselau und Haseldorf hätten im Vorjahr fast geklagt
Es entstand letztlich ein Kompromiss, unter anderem wurde der Streckenverlauf im Vorjahr noch abgeändert, die Veranstalter kürzten die Sperrzeiten. Sogar der juristische Weg war zuvor eine Option, weil unter anderem auch Gasthöfe oder Bäckereien nicht zu erreichen wären. Zudem würden die Sperrungen mögliche Feuerwehreinsätze behindern.
Haselaus Bürgermeister Peter Bröker erklärt: „Das Rennen durch die Haseldorfer Marsch hat im letzten Jahr dazu geführt, dass keine Zu- oder Abfahrt aus oder zu den Gemeinden möglich war.“
In den Verhandlungen sei dann mit dem Veranstalter eine Reduzierung der Renngruppen erreicht worden, so dass die Beschränkungen für die Bevölkerung im Rahmen geblieben seien, so Bröker. Zudem herrschte Einigkeit, künftig kein Teil mehr der Cyclassics sein zu wollen.
Beide Dörfer „in nächster Zeit“ nicht berücksichtigt
Frank Wulff, Direktor des Amtes Geest und Marsch Südholstein, sagt: „Es ist richtig, dass sich nach den letztjährigen Streitigkeiten bezüglich der Streckenführung durch die Gemeinden Haselau und Haseldorf mit den Veranstaltern darauf geeinigt wurde, die Gemeinden in der nächsten Zeit nicht zu berücksichtigen.“ Die Frage, über wie viel Jahre dieses Abkommen läuft, blieb unbeantwortet.
„Dadurch ist gewährleistet, dass unter anderem die Gaststätten oder die Hofläden erreicht werden können und die Zu- und Abfahrten für Anlieger möglich sind“, sagt Bröker.
Kritik an Rennradfahrern – und Saboteuren, die Reißzwecken auf die Straße legen
Der Haselauer Bürgermeister siedelt die generelle Akzeptanz für Rennradfahrer in der Marsch eher im unteren Bereich an. „Das liegt aber nur an einzelnen Rennradfahrern, die sich nicht benehmen können“, meint er. Sie würden zum Beispiel in Gruppen bisweilen auf der Landstraße nebeneinander fahren und dadurch viel Raum einnehmen.
Im Vorjahr legten unbekannte Täter während der Cyclassics sogar Reißzwecken oder Nägel aus Protest gegen das Radrennen auf den Asphalt. Glücklicherweise gab es keine schlimmeren Unfälle – nur vereinzelt platte Reifen. Brökers klare Meinung: „Solch ein Verhalten ist natürlich überhaupt nicht duldbar. So etwas geht nicht, weil es eine echte Gefahr für die Radfahrer darstellt.“
Cyclassics-Strecke führt nicht mehr direkt durch Barmstedt
Haselau und Haseldorf sind komplett raus, auch durch Hetlingen führt kein Streckenabschnitt mehr. In Barmstedt führt die Strecke auch nicht mehr direkt durch den Ortskern. Doch Radsport-Fans haben auch andere Möglichkeiten im Kreis Pinneberg, Profis und Amateure anzufeuern.
Auf dem großen Rundkurs geht es für die Profis – und Jedermänner, die sich für die 100 Kilometer-Tour entscheiden – von der Alster in Hamburg in westlicher Richtung nach Schenefeld und dann gen Norden vorbei an Halstenbek (L104) in Richtung Quickborn. In Barmstedt wird sozusagen über die südliche Ortsumgehung und dann Richtung Bevern gewendet.
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Weitere Stationen: Von Ellerhoop rasen die Radler über Appen und Holm nach Wedel – dort gibt es in diesem Jahr kein Bike-Fest – von dort aus geht es dann wieder in Hamburger Gefilde.
Appens Bürgermeister hat noch nie Beschwerden wegen Cyclassics erhalten
Appens Bürgermeister Hans-Peter Lütje hat keinerlei Probleme mit der Veranstaltung in seinem Ort: „In Appen war all die Jahre die Wedeler Chaussee oder nun auch die Haupt- und Appener Straße teilweise gesperrt. Aber ich habe noch nie etwas Negatives über das Radrennen gehört. Die Leute stellen sich an die Straße und gucken da gern zu.“
Schon seit 38 Jahren wohnt der Lokalpolitiker, der im Vorjahr das Bürgermeisteramt übernommen hatte und nach der diesjährigen Kommunalwahl wiedergewählt worden war, in Appen. Gerade die Kurvenbereiche seien im Ort beliebt, um einen Blick auf die vorbeirasenden Zweiradfahrer zu werfen.
Cyclassics führen seit der Premiere durch den Kreis Pinneberg
In der großen Rennrad-Euphorie, die um Jan Ullrich einst geherrscht habe, hätten sich die Appener sogar mit Stühlen an die Straßen gesetzt, um den Profis und Jedermännern auf dem Rennrad zuzuschauen, erinnert sich Lütje. Der Appener Bürgermeister selbst sei nicht wirklich radsportbegeistert, auch wenn er gern Fahrrad fahre. „Tour de France ist mir persönlich zu langweilig“, gibt er ehrlich zu.
Seit der Premierenveranstaltung der Cyclassics im Jahr 1996 führen Teile des Rennens die Fahrer regelmäßig durch den Kreis Pinneberg. Eine zweite Distanz des Jedermann-Rennens – 60 Kilometer – führt die Teilnehmer über Schenefeld und die LSE in Richtung Pinneberg.
Cyclassics-Strecke durch den Kreis Pinneberg kann sich noch ändern
Doch die Kreisstadt passieren die Cyclassics-Fahrer nicht: Es geht vorher über die Wedeler Chaussee nach Holm und von dort aus über Wedel die Elbe entlang nach Hamburg.
An beiden Streckenführungen können noch Details verändert werden. Aktuell laufen noch Abstimmungen mit Behörden. So soll etwa die Landesstraße 110 bei Barmstedt wegen Arbeiten an der Stromtrasse eigentlich noch bis Ende August gesperrt sein.