Wedel. Ein alter Schiffspropeller soll den Hafen an der Elbe schmücken. Doch sein Verbleib ist unklar. Nun wird das Schlimmste befürchtet.
Eigentlich sind die Dinge klar geregelt: Eine Schiffsschraube der mittlerweile geschlossenen Firma Gebrüder Becker ist der Stadt Wedel vermacht worden. Teil des Deals: Sie soll ein schönes Plätzchen am Schulauer Hafen finden, um bei Spaziergängern an der Elbe für noch mehr maritime Stimmung zu sorgen.
Doch noch steht die gut 2,20 Meter breite Schiffsschraube, auch Schiffspropeller genannt, nicht im Schulauer Hafen. Der Umbau des Areals ist bekanntlich seit 2008 in Planung und nimmt allmählich, 15 Jahre später, immer mehr Gestalt an.
Schulauer Hafen: Riesige Schiffsschraube verschwindet in Wedel
Das fehlende Ausstellungsstück, die Schiffsschraube, soll fachgerecht eingelagert auf dem städtischen Bauhof liegen. „Dort müsste der Propeller jetzt schon so drei oder vier Jahre verweilen“, sagt der Holmer Rudolf de Wall. Genau weiß es anscheinend aber niemand.
Die Stadt Wedel hat sich zu diesem Sachverhalt trotz mehrmaliger Abendblatt-Nachfrage nicht geäußert. Die erste Anfrage ließ die Stadt am 1. Juni unbeantwortet, weitere folgten. Auch der Holmer de Wall möchte wie viele andere Schiffsbegeisterte gern Klarheit haben, wann die Leihgabe des letztmaligen Firmeninhabers Claus Becker, der im Dezember 2021 verstarb, nun an seinen vereinbarten Bestimmungsort verfrachtet wird.
Firma, der die Schraube gehört, schloss schon im Jahr 2016
Schon 2016 habe der Chef Claus Becker berichtet, „dass die Firma bald altersbedingt ‘stillgelegt’ werden würde“, erinnert Rudolf de Wall. Es war der Beginn eines viele Jahre gehegten Plans, dessen Vollendung nach wie vor auf sich warten lässt – die Erinnerung an die Firma mittels der öffentlich ausgestellten Schraube.
Der 77 Jahre alte Holmer de Wall ist auch privat mit großer Leidenschaft an der Industriegeschichte Wedels interessiert und recherchiert zusätzlich für das Wedeler Industriemuseum Möller-Technicon. Dort zählt er zu einem Team an Freiwilligen, die mit Leidenschaft der industriellen Stadtgeschichte nachgehen.
„Ich hatte mehrfach – während unserer Technicon Recherchen – von 2016 an Kontakt mit dem letzten Inhaber Claus Becker. Letztendlich führten diese Begegnungen dazu, dass Herr Becker sich bereit erklärte, den Schiffspropeller zu verschenken“, erzählt er.
Eye-Catcher an der Elbe – das ist der Plan für die riesige Schiffsschraube
Für das Technicon am Wedeler Rosengarten sei das Teil allerdings zu groß gewesen. „Und so wurde die Idee geboren, den Propeller an der Elbe als ‘Eye-Catcher aufzustellen, wo die die Firma Becker einst auch ansässig war. Nämlich am neugestalteten Schulauer Hafen“, sagt de Wall.
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Es wurde Kontakt mit der Stadt aufgenommen und der damalige Bürgermeister Niels Schmidt soll von der Idee ebenfalls angetan gewesen sein. Seit einem guten Jahr ist Schmidt nicht mehr im Amt, Gernot Kaser übernahm.
„Vermutlich verrottet das Teil irgendwo in Wedel“
Nach der Einlagerung der Schraube sei aber nicht mehr viel passiert, obwohl es am Hafengelände deutlich erkennbar vorangeht. Das Hotel wird fertiggestellt, die Promenaden nehmen Gestalt an. Aber: „Eine Möglichkeit zum Aufstellen des Propellers ist nicht erkennbar.“, so de Wall.
Seine Annahme: „Vermutlich verrottet das Teil irgendwo in Wedel.“ Er könne sich jedenfalls vorstellen, dass das Ausstellungsstück verschwunden ist. An eine fachgerechte Einlagerung mag er nicht so recht glauben.
Und es ist für ihn unbegreiflich, dass der Propeller immer noch nicht am Hafen ist. „Ein für die Besucher des Hafens und damit auch für Wedel tolles Objekt, welches auch an die Geschichte des Schulauer Hafens erinnert ist damit durch den Unwillen der Verwaltung vielleicht verloren gegangen.“
Schiffsschrauben Gebrüder Becker: 1923 zog die Firma nach Wedel
Die Firma Becker bestand mehr als 100 Jahre. Sie wurde im Jahr 1902 in der Deichstraße in Hamburg gegründet. 1923 zog die Firma nach Wedel-Schulau, um direkt an die Hafenmole am alten Schulauer Hafen direkten Zugang zur Elbe haben zu können. Die Firma stellte mit gut 30 Mitarbeitern Ruderanlagen und Schiffspropeller her.
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Am 6. Januar 1976 wurden bei der großen Sturmflut die Fabrikgebäude komplett zerstört. Die Firma zog danach innerhalb Wedels in die Werkstraße 8 um.
Vor dem Betriebsgebäude war bis zum Aufgabe der Firma ein sehr gut erhaltener Schiffspropeller aus der Becker Fertigung aufgestellt, der ursprünglich ins afrikanische Mosambik überführt werden sollte. Doch dieses Geschäft hatte sich zerschlagen.