Wedel. Journalistin Verena Linde wagt sich mit ihrem Debüt „Ist es noch weit?“ auf neues Terrain. Darum geht es in dem Kinderbuch.
Ein erstes Feedback aus der Leserschaft hat die Wedeler Kinderbuchautorin Verena Linde schon kurz nach der Veröffentlichung erreicht. „Eine sechs Jahre alte Leserin ist morgens im Badezimmer herumgekrabbelt“, berichtet sie. Auf die Frage der Mutter, weshalb das Kind auf dem Boden herumturne, habe das Mädchen geantwortet: „Ich wandere.“ Der Opa hatte am Vorabend die Geschichte von Upsi, der Erdkröte, vorgelesen. So ist es jedenfalls der Autorin erzählt worden.
Wedeler Autorin stellt ihr erstes Kinderbuch vor
Seit Donnerstag ist Lindes Werk „Ist es noch weit? Wie Tiere auf Wanderschaft gehen“ im Ellermann-Verlag, Teil der Oetinger-Verlagsgruppe, erschienen. Kindern ab fünf Jahren werden darin auf 96 Seiten Reiserouten von fünf Tieren aufgezeigt, die unterschiedliche Distanzen aus jeweils individuellen Beweggründen absolvieren. Neben der Erdkröte geht es auch um die Ameise namens Kya, das Gnu Zottel, die – um wissenschaftlich korrekt zu bleiben – unechte Karettschildkröte Karetta und Mello, die Mehlschwalbe.
„Das ist mein erstes Kinderbuch. Und es ist schon anders, die Figuren glaubhaft darzustellen und kreativ Handlungsstränge selbst zu entwickeln. Dabei soll noch möglichst unauffällig Wissen für die kleinen Leser vermittelt werden“, sagt Linde. Hauptberuflich ist sie redaktionelle Koordinatorin bei „Geolino“ – einem Wissensmagazin für Kinder. Dort arbeitet sie sowohl auf kindgerechter, textlicher Ebene und fungiert als Schnittstelle zu Kooperationspartnern des Magazins.
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Sohn Jonathan gab seiner Mutter den entscheidenden Tipp
Die besten Berater hat die 44 Jahre alte Autorin, die im Dezember 2020 mit Nicole Röndings für das rbb-Hörbuch-Format Ohrenbär Geschichten über den „Glupsch“ beisteuerte, ohnehin neben ihrem Mann Johannes im eigenen Haus: Es sind ihre Kinder Jonathan (8) und Benjamin (6). Nach dem Studium einer Zwischenfassung folgte die Analyse. „Jonathan hat zu mir gesagt, dass ich die einzelnen Tiere unbedingt in der Geschichte detailliert an ihren jeweiligen Zielorten ankommen lassen muss. Es reicht nicht, dass beispielsweise die Ameise die Bananenplantage nur aus der Ferne erkennt“, so Linde. Dies sei ein nicht unwichtiger Hinweis gewesen.
Während die Mehlschwalbe mit gut 30.000 jährlich zurückgelegten Kilometern ein echter Langstrecken-Spezialist ist, hat Verena Linde in ihrer beruflichen Vita tendenziell kürzere Routen bevorzugt. Aufgewachsen ist sie in Wedel, nach dem Germanistik-Studium in Hamburg folgte ein Volontariat beim Bauer-Verlag. Währenddessen war sie auch drei Monate für die Harzer Volksstimme in Wernigerode (Sachsen-Anhalt) aktiv. Danach ging es für die 2007 fertig ausgebildete Journalistin zurück zu den regionalen Wurzeln, anschließend war sie unter anderem auch für das Magazin Welt der Wunder in Hamburg tätig.
Wedel: Für ihr Kinderbuch musste Linde viel recherchieren
„Der erste leise Gedanke daran, ein Kinderbuch zu schreiben, müsste 2010 gewesen sein“, so Linde. Zu dem Zeitpunkt war sie einer Schreibgruppe beigetreten. Noch heute trifft sie sich alle sechs Wochen mit sechs weiteren Textern, um Ideen auszutauschen und Geschriebenes zur Diskussion zu stellen.
„Und dann habe ich 2021 einen Anruf vom Ellermann-Verlag bekommen, ob ich mir vorstellen könnte, ein Kinderbuch über Tierwanderung zu schreiben. Ende August habe ich mit der Lektorin gesprochen. Und es sprühten sofort die Ideen“, erinnert sich die Wedelerin.
Mitte Januar 2022 gab sie die finale Ausgabe beim Verlag ab. Zuvor stand die konkrete Konzeption und eine intensive Recherche an. „Zu jedem der fünf Tiere gibt es noch einen Steckbrief mit wahren Fakten zu ihrer Wanderung“, erklärt die Autorin. Bei einer Kinderbuch-Schreiberin, die hauptberuflich für eine wissenschaftlich interessierte Kinderleserschaft Texte verfasst, sollten sich keine Fehler einschleichen. Linde durchforstete viele Fach-Artikel, nahm das italienische Tierwanderungsbuch „Grenzenlos“ in deutscher Fassung zur Hand und informierte sich auch beim Nabu.
Kreative Ideen kommen Verena Linde oft beim Joggen
Doch bei solch einem Buch für diese kritische Leserschaft komme es nicht nur auf den Inhalt an. Auch die Optik muss stimmen. „In diesem Fall war es so, dass die Illustratorin erst angefangen hat, als der Text fertig lektoriert war. Insofern war ich da schon sehr erleichtert, als im vergangenen März die ersten Skizzen kamen“, sagt Linde. Zuvor habe es zwischen ihr und Kinderbuch-Illustratorin Anka Schwelgin keinen Kontakt gegeben – bis zum grafischen Happy End.
Der Hauptjob bei einem monatlicherscheinenden Wissensheft, zwei eigene Kinder, dazu parallel die Arbeit am eigenen Werk. Bleibt überhaupt noch Zeit für irgendwas anderes? „Ich spiele im Mixed-Team in Rissen Volleyball. Das ist mein Sport und ich geh auch manchmal joggen“, sagt sie. Vor allem das Joggen sei für sie enorm wichtig, „um kreativ zu arbeiten, weil sich die Gedanken dann noch einmal setzen. Durch diesen gedanklichen Leerlauf komme ich auf neue Ideen oder denke Sachen noch einmal neu durch.“ Direkt hinter ihrem Haus beginnt der gut sechs Kilometer lange Waldlauf.
Wedel: Autorin stellt ihr erstes Kinderbuch vor
Das Schreiben sei ebenfalls oft ein Dauerlauf. Manchmal gehe es aber auch flotter. „In meinem Buch steht ein Kapitel jeweils für ein Tier. Eine Geschichte habe ich innerhalb eines Vormittages komplett fertig geschrieben. Da flutschte es einfach so raus“, sagt Linde und lächelt.
Und nun ist sie selbst gespannt, wie es sich mit ihrem Buch noch entwickelt. „Ich habe schon mit der Illustratorin gesprochen, dass wir zum Beispiel doch eine Kombi-Lesung veranstalten könnten. Sie malt mit den Kids und ich lese aus dem Buch vor.“ Da müsse man aber abwarten, wohin die Reise gehe – anders als bei den wandernden Tieren in ihrem Buch.
Als gebundenes Buch ist das Werk „Ist es noch weit?“ für 16 Euro erhältlich, unter anderem auch im Pinneberger Bücherwurm an der Dingstätte. Es kann auch bestellt werden (ISBN: 978375140086) oder ist online erhältlich. Zudem gibt es eine E-Book-Variante.