Wedel. Bürgermeister Gernot Kaser streitet sich mit dem Verein Wedel Marketing, versuchte den Vertrag zu kündigen. Darum geht es.
Spannungen gab es schon länger, jetzt scheinen die Fronten zwischen Wedel Marketing und Bürgermeister Gernot Kaser endgültig verhärtet. Kaser etwa sieht in der Entwicklung der Stadt als Marke erhebliches Steigerungspotenzial und wünscht sich zum Wohle Wedels eine professioneller gestaltete Eigenwerbung. Kaser ist unzufrieden mit dem bisher zuständigen Verein, fordert mehr Professionalität und Fokussierung auf festgelegte Ziele. Der Vertrag zwischen Stadt und Wedel Marketing läuft noch bis Ende 2025.
Wedel: Streit zwischen Bürgermeister und Stadtmarketing eskaliert
Zuletzt wagte der Bürgermeister zum Ende des Vorjahres in der Ratsversammlung am 22. Dezember einen Vorstoß. Er versuchte, die von ihm gewünschte Kündigung des Vertragsverhältnisses noch auf die Tagesordnung setzen zu lassen. Doch der Großteil der Politiker entschied sich dagegen – die nötige Zweidrittelmehrheit wurde klar verfehlt. Im Fall einer erfolgreichen Abstimmung wäre der Vertrag bei einer Kündigungsfrist von einem Jahr lediglich noch bis Ende 2023 weitergelaufen. Zudem kündigte der 60 Jahre alte Amtschef zuletzt an, am 20. Februar ein eigenes Stadtmarketing-Konzept für Wedel im Haupt- und Finanzausschuss vorstellen zu wollen.
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Dieses Vorgehen in einem bereits länger schwelenden Konflikt könnte von den Verantwortlichen von Wedel Marketing als klarer Affront gesehen werden. Der Vorsitzende Daniel Frigoni gibt sich aber diplomatisch: „Ich habe große Lust, weiterhin zusammenzuarbeiten.“ Am kommenden Montag, 16. Januar, sollen die Möglichkeiten dafür ausgelotet werden.
Ex-Bürgermeister Niels Schmidt sitzt im Beirat von Wedel Marketing
Im April 2022 gab es in der Wedeler Ratsversammlung einen Beschluss, dass die Stadt Wedel einen Vertrag bis 2025 mit Wedel Marketing eingeht. Der Verein war eigens dafür mit dem Bündnis der Wedeler Kaufleute fusioniert. Drei Jahre war an diesem Projekt gearbeitet worden, stets auch mit Zustimmung der Politik. Damaliger Bürgermeister war Niels Schmidt.
Seitdem Bürgermeister Gernot Kaser am 1. Mai die Amtsgeschäfte übernommen hat, wirkt die Zusammenarbeit von Rathaus und Stadtmarketing ausbaufähig. Dabei ist Kaser laut Vereinssatzung durch das Bürgermeisteramt sogar gemeinsam mit Frigoni und Marc Cybulski Teil des Vorstandes. Für eine erste Irritation hatte Frigoni selbst gesorgt.
„Niels Schmidt sitzt als Privatperson im Beirat von Wedel Marketing. Ich hatte es im Sinn des Vereins und der Weiterentwicklung des Stadtmarketings für eine gute Idee gehalten, ihn in beratender Funktion zu integrieren. Er war 18 Jahre Bürgermeister, hat gute Kontakte in die Wirtschaft oder kennt zum Beispiel auch die meisten Immobilienbesitzer in der Bahnhofstraße“, so Frigoni. Dass er Kaser vor vollendete Tatsachen gestellt habe, sei „äußerst unsensibel gewesen“, so Frigoni. Dafür habe er sich mehrfach persönlich entschuldigt.
Wedel: Streit um Geld für ausgefallenen Ochsenmarkt 2021
Ein weiterer großer Streitpunkt ist das Geld: 2020 und 2021 war der traditionsreiche Ochsenmarkt in Wedel wegen der Corona-Pandemie ausgefallen. Für das Jahr 2020 zahlte Wedel Marketing eine Summe freiwillig zurück, da es ausreichend Rücklagen gab. Für das Jahr 2021 möchte das Stadtmarketing die Summe von 18.000 Euro für den ausgefallenen Ochsenmarkt nicht an die Stadt zurückzahlen.
Teilweise sei im zweiten Corona-Jahr bereits eine Summe in die Planung des Ochsenmarkts geflossen, der dann ausfiel – das restliche Geld sei in die Belebung der lokalen Wirtschaft in schwierigen Pandemie-Zeiten geflossen, unter anderem in das Projekt Lokalhelden, das mit dem Wedel-Gutschein die Kaufkraft lokal halten wollte. Im Jahr 2022 zahlte die Stadt dem Verein laut Leistungsvereinbarung 95.000 Euro.
Wedel Marketing soll Geld zurückzahlen – will aber nicht
In einer Mitteilung des Vorstandes heißt es: „In der aktuellen Leistungsvereinbarung wird unter anderem geregelt, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum Zuschüsse von der Stadt geleistet werden. Diese Zuschüsse sind dabei nicht projektbezogen, sondern sollen für das Tätigkeitsfeld „Stadtmarketing“ verwendet werden.“ Ferner heißt es: „Die Stadt argumentiert, dass 2021 keine Mittel für Veranstaltungen wie den Ochsenmarkt oder auch das Hafenfest verwendet wurden und deshalb eine Rückzahlung eines Teilbetrages zu leisten sei.“
Die Entscheidung, diese Mittel für den lokalen Handel zu verwenden, sei mit dem damals amtierenden Bürgermeister, Verwaltung und Politik abgesprochen wesen „und bedarf daher aus Sicht des Vereins einer rechtlichen Grundlage. Diese Grundlage soll in kommenden Gesprächen nun eruiert werden.“
Wedel Marketing hat fast nur ehrenamtliche Helferinnen und Helfer
Mit Ausnahme von Geschäftsführerin Claudia Reinhard, Alexander Fröschke (Projektarbeit Stationärer Handel) und Monika Hardich (Sachbearbeitung), verteilt auf zwei Teilzeit und eine Vollzeitstelle, helfen im Verein alle ehrenamtlich mit. Zur Stärkung der lokalen Wirtschaft ist Fröschke seit September 2020 dabei.
„Dafür wurden private Mittel eingeworben, sodass die Aufstockung des Personals fast ausschließlich über einen erhöhten Zuschuss durch einige unserer Mitglieder finanziert wird.“ Der Verein umfasst 139 Mitglieder, darunter 93 Unternehmen „und verfügt über ein breites Netzwerk in die heimische Wirtschaft, aber auch in andere Bereiche wie Stadtentwicklung, Tourismus sowie Kunst und Kultur“. Die Notwendigkeit eines professionellen Citymanagements sei ebenfalls bereits vor einem Jahr unterstrichen und als gemeinsames Ziel ausgerufen worden.
„Die Zielkonzeption des Vereins und das Konzept der Stadt Wedel sollten nun übereinandergelegt werden, um dann ab Februar gemeinsam voranzuschreiten.“ Der Verein sei irritiert vom Vorgehen des amtierenden Bürgermeisters zum Jahreswechsel.
Wedel: So stellt sich Kaser das Stadtmarketing in Zukunft vor
Kaser umschreibt seine Vorstellung der künftigen Ausrichtung so: „Ein Stadtmarketing fußt auf der Identität der Stadt und der daraus hervorgehenden Marke. Es geht um Identität, um Marke, um Stadtmarketing als Instrument, es geht um die Stadtmarketing-Organisation und um die Player wie zum Beispiel die ortsansässige Wirtschaft und der noch anzusiedelnden Wirtschaft im Stadtmarketing.“
Für eine erfolgreiche Umsetzung sei die Stadt aus Sicht der Bürger der hauptverantwortlicher Akteur. „Bei einem Stadtmarketing wird man mit externen Dienstleistern mehr oder weniger zusammenarbeiten müssen, da wir als Stadt nicht den Anspruch haben, alles selber machen zu wollen“, so Kaser. Der Fokus müsse auf einer Weiterentwicklung der Stadt liegen. Ihm gehe es darum, alle Elemente wie „Citymarketing, Tourismusmarketing, Standortmarketing mit der Stadtentwicklung, Kultur- und Eventmarketing“, intensiv voranzutreiben.
Wedel: Finden Bürgermeister und Stadtmarketing noch zueinander?
„Mir ist wichtig, dass die Umsetzung in enger Zusammenarbeit mit unserer Wirtschaftsförderung und unserer Stadtentwicklung geschieht“, sagt Kaser. „Es gilt zu eruieren, was im Einzelnen davon realistisch umsetzbar ist. Aber man sollte immer diese Themen in einem Gesamtkontext sehen. Und das erfordert ein starkes Citymanagement.“
Für Wedel werde es in den nächsten Jahren wichtig sein, die Innenstadt und den Einzelhandel durch intelligente Konzepte zu fokussieren und voranzutreiben. „Zum Beispiel müssen wir zielorientiert mit einem konkreten Maßnahmenplan unsere etwas vergreiste Bahnhofstraße viel mehr zum Leben erwecken.“ Und das so schnell wie möglich – Kaser tippt auf den Zeitraum von „zwei bis drei Jahren“.