Wedel. Thomas Volk möchte sein Grundstück zu einem bezahlbaren Neubauquartier entwickeln. Doch aus dem Rathaus kommt null Resonanz.
Bei weiterhin steigenden Mietpreisen wird der Ruf nach sozialem Wohnungsbau immer lauter – bundesweit und auch in Wedel. Im Idealfall sollen 30 Prozent der neu entstehenden Wohnungen in der Rolandstadt förderungswürdig sein und moderate Mieten bieten. Ein Ziel, für das sich auch der Bau-Ingenieur Thomas Volk einsetzt.
Volk ist Eigentümer einer ehemaligen Industrie- und Gewerbebrache an der Holmer Straße 75. Die Gegend bietet bisher größtenteils einkommensstarken Menschen in großzügigen Einzelhäusern eine Heimat. Volk, der in der Vergangenheit mehrere Bau-Projekte realisiert hat, plant, auf seinem etwa zwei Hektar großen Grundstück Wohnungen zu bauen. 40 bis 48 sollen als sozialer Wohnungsbau deklariert werden. Etwa 60 weitere stünden zu üblichen Konditionen zur Verfügung. Doch es hakt, und zwar schon länger.
Das Areal liegt direkt neben einem Mehrfamilienhaus, es folgen eine Gärtnerei und der Geschosswohnungsbau an der B 431. Die Erschließung sei vorhanden, gleich drei Buslinien fahren unmittelbar am Grundstück vorbei – eine Haltestelle ist vorhanden. Allerdings ist bis heute aus dem fast zwei Jahrzehnte andauernden Wunsch nach Wohnungsbau keine Realität geworden – obwohl Wedel dringend neue Quartiere benötigt.
Wohnungen im Norden: Grundstücksinhaber sieht die Schuld bei Verwaltung
Volk ist schwer genervt und sieht die Hauptschuld vor allem bei der Verwaltung. „Ich biete der Stadt seit mehr als 18 Jahren an, Wohnraum zu schaffen, bin offen für Anregungen und Wünsche der Kommune, aber meine Angebote werden ignoriert und mit Verwaltungsmethoden behindert. Ratsbeschlüsse werden infrage gestellt. Die Gespräche mit Politik und Verwaltung sind nicht zielführend. Es geht einfach nicht voran“, ärgert er sich.
Die Verhaltensweise der Stadt sei für ihn unverständlich. „Einerseits klagen Politik und Verwaltung über einen Mangel an bezahlbarem Wohnraum in der Stadt, andererseits vergibt die Kommune diese Chance, obwohl der Rat bereits baurechtliche Grundlagen beschlossen hat“, meint der 62-Jährige. Schon im Jahr 2005 erfolgte der Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplanes 27d, der diese und auch benachbarte Flächen umfasst.
Damals waren noch Einfamilienhäuser auf Grundstücken von circa 1000 Quadratmetern geplant. Verwirklicht wurde der Plan nicht, da die Zustimmung des Landes Schleswig-Holstein fehlte. Auf Landesebene stehe die Änderung der sogenannten Regionalplanung mit den drei Planungsräumen und deren Besonderheiten bevor. Das Grundstück liegt am Geestrand, der Kreis Pinneberg gehört zum Planungsraum III. „Die Verschiebung der Regionallinie ist von der Landesplanung in Aussicht gestellt worden, hindernde Umstände sind nicht erkennbar“, meint Volk.
Es hakt auch an der Verschiebung der sogenannten Regionallinie
Ist diese Grundlage gegeben, können die Planung vorangetrieben, Fördermittel beantragt und das Gelände vorbereitet werden – bis dann wirklich gebaut wird, dauert es auch noch voraussichtlich einige Jahre.
Die Regionalpläne sollten ursprünglich 2022 veröffentlicht werden. Doch laut Landesangaben verzögerte sich dieser Schritt: „Bei der Aufstellung der Regionalpläne ist jeweils eine strategische Umweltprüfung durchzuführen. Unter anderem die Aktualisierung von Datengrundlagen und eine erforderliche Überarbeitung führten zu zusätzlichem Abstimmungs- und Zeitaufwand und machten auch eine ergänzende Umweltprüfung notwendig“, sagt Tim Radtke, Sprecher des Innenministeriums.
Ende des zweiten Quartals 2023 „sollen die Entwürfe der drei neuen Regionalpläne vorliegen und nach Zustimmung der Landesregierung in ein öffentliches Beteiligungsverfahren gehen. Dort haben die sogenannten Träger öffentlicher Belange und die Öffentlichkeit die Möglichkeit, Stellungnahmen zu den Entwürfen abzugeben“, so der Sprecher.
Wedels Bürgermeister Gernot Kaser sagt: „Die bisher nicht erfolgte Verschiebung der Regionallinie ist der Grund dafür, dass dort bisher nicht gebaut wurde. Ich saß mit Herrn Volk auch zweimal im Rathaus zusammen, um die Situation zu erklären. Er weiß, dass ich ein Verfechter des sozialen Wohnungsbaus und generell von preiswertem Wohnraum bin.“
Bürgermeister Gernot Kaser fordert 40 Prozent sozialen Wohnungsbau
Die Verwaltung wolle ebenfalls sozialen Wohnungsbau in Wedel. „Es mag sein, dass es da in der Vergangenheit andere Sichtweisen gab. Aber aus Sicht der Verwaltung spricht Nichts dagegen, im Gegenteil. Das muss dann eben auch von der Politik getragen werden“, so Kaser.
Kaser fordere sogar eine Quote von 40 Prozent für den sozialen Wohnungsbau in Wedel. Ex-Bürgermeister Niels Schmidt habe bereits 2014 darauf hingewiesen, „dass dringend mehr Flächen insbesondere die von 27d für Wohnungsbau benötigt werden“, so der Bauherr. „Insofern hatte ich mir große Unterstützung der Kommune erhofft, doch stattdessen reagierte die Stadt mit Desinteresse und mit immer neuen Hürden.“
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Mehr noch: Derzeit läuft sogar ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, weil Volk die Vorhaltung der Flächen für eine zeitnahe Bebauung mit sozialem Wohnraum aufgeben soll.
Die Stadt entschied sich in der Vergangenheit dafür, Bauflächen eher an anderen Orten voranzutreiben, unter anderem am Schlödelsweg oder für das Mammut-Projekt Wedel-Nord mit 1000 Wohneinheiten. „Schlödelsweg ist wegen mangelnder Verkaufsbereitschaft der Grundstückseigentümer nicht realisierbar. Wedel-Nord kam wegen Differenzen mit dem Bund um die Verlegung der B 431 sowie wegen zunehmender massiven Anliegerprotesten nicht voran“, moniert Volk. Noch heute fehlt der erforderliche Aufstellungsbeschluss für den ersten Bauabschnitt von Wedel-Nord – vor diesem Schritt wären laut Volk noch 14 Begleitbeschlüsse für den Rahmenplan abzuarbeiten sein. Eine Bürgerinitiative gegen das Projekt wird vermutlich mit Normenkontrollklagen protestieren. Kurzum: Es wird möglicherweise noch sehr lang dauern.
Auch neue Rathausmitarbeiter könnten an die Holmer Straße ziehen
Volk bietet Wedels Bürgermeister Gernot Kaser, der sich auch über fehlenden Wohnraum für Rathausmitarbeiter beklagt, sogenannte Benennungsrechte an. „Das Gesamtquartier hätte dann einen höheren Anteil von sozialen Wohnungen als den vorgeschriebenen Anteil von 30 Prozent“, so Volk. Auf dem Gelände steht zudem eine ehemalige Versandhalle, die auch in eine Kita oder weiteren Wohnraum umgewandelt werden könnte.
Den politischen Parteien in Wedel hat Volk das Projekt vorgestellt. „Die Politik hörte sich die Ideen zwar an, handelte aber inkonsequent.“ Daher verstehe Volk den Fokus auf Wedel-Nord – und die Ablehnung seines Vorhabens – nicht: „Eine Bedarfsbestätigung für die Bebauung in 27d zur Generierung der Finanzmittel für den sozialen Wohnungsbau wird von der Verwaltung verweigert.“.
Falls sich die Verwaltung dafür entscheidet, dass keine Sozialwohnungen benötigt werden, werde das laufende Gerichtsverfahren beendet. „Die Flächen werden dann dem baurechtsmäßigen Zustand zugeführt und stehen auf Jahrzehnte nicht mehr zu Verfügung.“, kündigt Volk an.
Es bestehe Handlungsbedarf im Sinne des Allgemeinwohls, zumal das Bundesgesetz zur Mobilisierung von Bauland den Gemeinden unter anderem mehr Rechte für eine schnellere Bebauung ermöglicht. Vorausberechnungen der Landesplanung über den Wohnungsbedarf im Kreis Pinneberg haben ergeben, dass bis 2031 10.800 neue Wohnungen benötigt werden.
Volk hofft nun auf eine klare und eindeutige Stellungnahme der Kommunalpolitik: „Die betroffenen Wähler bei der Kommunalwahl Mitte Mai sollen wenigstens genau wissen, warum es nicht vorangeht und Forderungen nach mehr sozialem Wohnungsbau wohl nur Sonntagsreden von Entscheidern sind.“ Am 10. Januar wird Volks Anliegen im Planungsausschuss erneut behandelt.