Schleswig. Immer wieder rieseln Partikel aus dem Kraftwerk auf eine Wohnsiedlung. Anwohner befürchten Gesundheitsschäden. Fall landet vor Gericht.

Sind die Partikel aus dem Heizkraftwerk Wedel schädlich oder nicht? Das Verwaltungsgericht in Schleswig verhandelt seit Mittwoch mehrere Klagen von Anwohnern gegen Partikelemissionen aus dem Kraftwerk im Kreis Pinneberg, das Teile von Hamburg mit Fernwärme beliefert. In dem Wohngebiet der Kläger gehen seit Jahren in unregelmäßigen Abständen Partikel nieder, die auch aus dem Schornstein des Kraftwerks stammen. Das ist soweit unstreitig. Doch wie schädlich die Emissionen für die Gesundheit, aber auch für beispielsweise Lacke sind, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Nach Ansicht der Anwohner sind die Partikel gesundheits- und materialschädigend. „Seit fünf Jahren, seit Juli 2016, emittieren hochätzende Partikel in unserem Wohngebiet“, sagte Kerstin Lückow, eine der Klägerinnen und Mitglied einer Bürgerinitiative gegen das Kraftwerk. „Und zwar jedes Mal, wenn der Wind rüber dreht.“ Die Partikel hätten beispielsweise schon zu Schäden an im Wohngebiet abgestellten Autos geführt. Auch gesundheitliche Schäden durch die ätzenden Partikel insbesondere Augenschäden befürchten die Kläger. Sie wollten erreichen, dass das Kraftwerk solange abgestellt werde, bis die Rauchgasanlage in Ordnung gebracht sei, keine Partikel mehr emittierten „und wir alle wieder ein ganz normales Leben haben“, sagte Lückow.

Kraftwerk Wedel: Partikel gesundheitsschädlich?

Mehrere Klagen von insgesamt zwölf Klägern verhandelte das Verwaltungsgericht am Mittwoch stundenlang. Diverse Gutachten der Klägerseite zum Thema liegen dem Gericht vor. Beklagt ist das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) Schleswig-Holstein. Es soll der Wärme Hamburg GmbH, die das Kraftwerk betreibt, den weiteren Betrieb untersagen, bis sichergestellt ist, dass von den Partikeln keine gesundheits- oder materialschädigende Wirkung ausgeht. Alternativ soll das LLUR eine nachträgliche Anordnung erlassen, dass die Wärme Hamburg sicherstellt, dass im Wohngebiet der Kläger keine Partikel aus dem Kraftwerk mehr niedergehen.

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Nach Ansicht des beklagten Landesamtes ist eine Schädlichkeit für Material und Gesundheit nicht nachweisbar. Auch das LLUR hat mehrere Gutachten eingebracht. Gesundheitsgefahren und Lackschäden durch Partikelemissionen sind demnach nach Auffassung des LLUR ausgeschlossen.

Wedel zählt mit seinen rund 60 Jahren zu den ältesten Kraftwerken Deutschlands. Die Stadt Hamburg hatte das in den 1960er-Jahren von den Hamburger Electricitäts-Werken (HEW) erbaute Kraftwerk 2019 im Zuge des Fernwärmerückkaufs vom Energiekonzern Vattenfall zurückerworben. Es versorgt rund 120 000 Haushalte in Hamburgs Westen mit Wärme. Im Zuge der Neugestaltung der Hamburger Wärmeversorgung soll es nach Plänen der Umweltbehörde spätestens 2025 stillgelegt werden.