Wedel. Anwohner und Bürgerinitiative wollen Abschaltung des Kohlemeilers erreichen. Mündliche Verhandlung am Mittwoch.

Jetzt wird es ernst für die Gegner des Wedeler Kraftwerks: Das Verwaltungsgericht Schleswig befasst sich am Mittwoch, 12. Mai, mit den Klagen von zwölf Anwohnern, die in unmittelbarer Nähe des Kraftwerks wohnen und eine Stilllegung des Betriebs einfordern.

In der mündlichen Verhandlung geht es um die Partikel, die aus dem Schornstein des Kraftwerks stammen und in unregelmäßigen Abständen auf das westlich der Anlage gelegene Wohngebiet niedergehen. Die Kläger, die Mitglieder einer 2012 gegründeten Bürgerinitiative sind, führen in der Klage an, dass diese Partikel gesundheits- und materialschädigend seien und bereits zu erheblichen Schäden an im Wohngebiet abgestellten Autos geführt hätten. Zu genau dieser Frage hat die Bürgerinitiative in den vergangenen Jahren diverse Gutachten eingeholt, die die Ansicht der Kläger bestätigen.

Zuletzt hatte eine Untersuchung des Instituts Ökopol im Auftrag der BI ergeben, dass trotz zahlreicher Umbauten und technischer Neuerungen weiterhin ätzender Ascheregen die Schlote des alten Meilers verlässt. Alle seit 2016 angeordneten Maßnahmen zur Minderung des Partikelausstoßes seien „wirkungslos“ geblieben, heißt es darin.

Beklagter ist das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein, das als Genehmigungsbehörde für das 1961 erbaute Kohlekraftwerk zuständig ist. Es wurde jahrelang von dem Energieunternehmen Vattenfall betrieben. Als die Stadt Hamburg 2019 das Fernwärmenetz von Vattenfall übernahm, wurde sie auch Eigentümerin des Kraftwerks. Es wird inzwischen von der Wärme Hamburg GmbH betrieben, deren Vertreter ebenfalls an der Verhandlung teilnehmen müssen.

Die Anwohner fordern von der Behörde und der Wärme Hamburg GmbH, den weiteren Betrieb des Kraftwerks zu untersagen beziehungsweise eine nachträgliche Anordnung zu erlassen, die den Betreiber verpflichtet, dass keine Partikel aus dem Schornstein des Kraftwerks mehr auf das Wohngebiet der Kläger niedergehen.

Die Behörde sowie die Betreiber sind dagegen der Meinung, dass die im Wohngebiet niedergehenden Partikel weder eine Gesundheitsgefahr darstellen noch den Lack der Fahrzeuge beschädigen können. Darüber hinaus argumentiert die Gegenseite, dass diese Partikelniederschläge im Hinblick auf Häufigkeit und Ausmaß keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen, sodass ein Einschreiten gegen die Wärme Hamburg GmbH schon rein rechtlich nicht zulässig sei. Der alte Kohlemeiler halte alle Schadstoff-Grenzwerte ein, heißt es.

Zuständig ist die Sechste Kammer des Verwaltungsgerichts in Schleswig, die Verhandlung beginnt am Mittwoch um 10 Uhr. „Wie lange verhandelt wird und ob es an diesem Tag auch zu einem Urteil kommt, können wir noch nicht sagen“, erläutert Martina Petersen, die Sprecherin des Gerichts. Sollte an diesem Tag ein Urteil zu Gunsten der Bürgerinitiative ergehen, sei die sofortige Abschaltung des Kohlekraftwerks nicht die unmittelbare Folge. Petersen: „Es handelt sich um eine Verpflichtungsklage, die Behörde soll also zum Anordnen eines Erlasses verpflichtet werden.“

Möglicherweise werde es einen Verkündungstermin zu einem späteren Zeitpunkt geben. Ein Urteil könnte zudem vermutlich vor dem Oberverwaltungsgericht angefochten werden.