Pinneberg. Der jüngste Fußball-Trend hat vom HFV seine eigene Liga bekommen. Wie und mit wem der VfL Pinneberg da mitmischen möchte.
Mit angespannter Miene lehnte Nadine Falkenau an der Barriere des Stadions 2 und verfolgte das ungewöhnliche Geschehen auf dem Pinneberger Kunstrasenplatz. In wenigen Minuten würde sie zum ersten Mal in ihrem Leben aktiv mit dem Fußball in Berührung kommen. Als eine von insgesamt nur zwei Frauenkickerinnen des VfL Pinneberg in der Walking-Football-Sparte fieberte die Pinnebergerin „Fußball-Action“ entgegen.
Walking Football: Die Einstiegsschwelle ist niedrig; nach zwei Trainingseinheiten geht es los
Nach zuvor lediglich zwei Trainingseinheiten ging sie los, die Premiere eines vom Hamburger Fußball-Verband (HFV) unlängst ins Leben gerufenen Wettbewerbs, der sowohl Seniorensportler unterschiedlichster Altersklassen als auch die jüngere Generation ansprechen soll. Der HFV gründete eine Liga mit 13 Mannschaften, die jetzt in einen geregelten Spielbetrieb eingestiegen sind. Zu denen gehört aus der regionalen Nachbarschaft auch eine „Geher-Crew“ des HSV.
Worum geht es denn überhaupt? Auf keinen Fall um Tempo oder feurige Zweikämpfe. Es gibt keine Torhüter, kein Abseits, keine Strafstöße und auch hohe Schüsse entsprechen nicht den Regeln. Sie werden wie Fouls auch vom Schiedsrichter abgepfiffen (siehe Infokasten). Und: Wie der Name schon sagt, darf mit dem Leder nicht gelaufen oder gerannt werden. Meist wird aus dem Stand gegen den Ball getreten. Klingt verrückt, ist aber so.
Marcus Ohlmeier versucht über Walking Football den Wiedereinstieg nach seiner langen Verletzungspause
Eine Tatsache, die auch Marcus Ohlmeier zugutekommt. 1997 hatte sich der heutige Trainer des 2017er-Jahrgangs im VfL (Pinneberger Löwen) beide Innenbänder gerissen, ehe er sich später unter anderem mit Thaiboxen wieder die nötige Fitness anzueignen begann. In den vergangenen zehn Jahren ist Ohlmeier dem Fußball allerdings wieder fern geblieben. Er versuchte nun nach zehn Jahren einen Neuanfang. Nach den ersten Matches fand er: „Es ging heute alles wunderbar ruhig und gemütlich vonstatten. Dabei kostet es durchaus einige Kraft.“
Eines stellte Organisator Sven Lempfert schon klar, bevor der Ball gemächlich in Rollen kam. „Wir sehen das hier nicht als Jux-Veranstaltung, sondern wollen neue Wege gehen, indem wir auch Inklusionsteams fördern, also Menschen mit und ohne Behinderung“, sagt der langjährige VfL-Jugendleiter. „Der soziale Aspekt hat bei uns eine hohe Wertigkeit.“
Zurzeit trainieren im Schnitt zehn Walking Footballer beim VfL, der Verein hofft auf reichlich Zuwachs
Im Moment finden sich im Schnitt zehn Spieler und Spielerinnen beim Walking Football im Stadion 2 ein, trainiert wird mittwochs ab 20 Uhr. Die Verantwortlichen Sven Lempfert und seine unterstützende Koordinatorin Annette Nazarenko-Grund hoffen nicht erst seit der Saisonpremiere, dass es möglichst bald mehr werden. Nazarenko-Grund leitet zusammen mit Danny Lodwig und Ilker Ciftci die E- und D-Junioren. Beim VfL spielen insgesamt 839 Sportler Fußball, 43 Mannschaften sind gemeldet, davon drei Erwachsenen-Teams.
Viele Anfänger im Walking Football haben früher in höheren Klassen Fußball gespielt
Beim Walking Football treffen sich überwiegend Sportler, die ehemals sogar in höheren Klassen Fußball gespielt haben und nach ihrem Rücktritt inzwischen eine neue Begeisterung dank der aktuellen Variante entdecken. Ist ja auch klar: Die Verletzungsgefahr ist gering, und Tore fallen offenbar wie am Fließband.
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So war es auch am ersten Spieltag in Pinneberg. Die erste Partie gegen den USC Paloma gewannen die Gastgeber mit 7:4, das anschließende 4:6 gegen den SV Osdorfer Born nahm hinterher auch niemand krumm. Auch Annette Nazarenko-Grund lächelte. Nachdem zum Auftakt nur vier Akteure zur Verfügung gestanden hatten und sie daher um Verstärkung bei den Gegnern bitten musste, füllte sich der Kader anschließend ein wenig…
Weitere Infos gibt es telefonisch bei Annette Nazarenko-Grund: 0176/21 04 98 09 und Sven Lempfert: 0152/55 90 98 04
Das ist Walking Football
Gespielt wird sechs gegen sechs auf einem Kleinfeld (41 x 21 Meter).
Die Spieler dürfen weder rennen noch laufen.
Der Ball darf nur flach gepasst werden. Ein Ball, der über die Höhe der Hüfte gespielt wird, wird als Regelverstoß gesehen.
Jegliche Art von physischem Vergehen (Grätschen, Ziehen, Halten etc.) ist untersagt.
Die Abseitsregel ist aufgehoben.
Es wird ohne Torwart gespielt.
Da die Sportart bewusst als Alternative für ältere Spieler entwickelt wurde, zielen die meisten Regelanpassungen darauf ab, Verletzungen und körperliche Überforderung zu vermeiden.
Walking Football kann in gemischten Mannschaften, unabhängig vom Alter, Geschlecht und Leistungsstand gespielt werden. Der Spaß am Fußball, soziale Kontakte und die Freude an der Bewegung stehen im Vordergrund.