Pinneberg. Trainer Marc Zippel überrascht die Verantwortlichen des VfL Pinneberg mit seinem Rücktritt. Und das nach einem eigentlich guten Spiel
Zweiter Spieltag in der Bezirksliga West. Am Sonntag um 13.55 Uhr freuen sich die Fußballer des VfL Pinneberg nach vergleichsweise guter zweiter Halbzeit über ein 1:1 gegen Komet Blankenese. Dass es das Abschiedsgeschenk für Trainer Marc Zippel ist, ahnt zu diesem Zeitpunkt niemand. Doch dann meldet sich der Coach abends noch telefonisch bei Abteilungsleiter Heinz Sellmann.
Weitere 24 Stunden später macht Sellmann den Inhalt dieses Gesprächs öffentlich. „Marc Zippel hat mir seinen Rücktritt aus beruflichen und privaten Gründen als VfL-Trainer mit sofortiger Wirkung mitgeteilt.“ Mit Zippel (54) verabschiedet sich auch der ihm seit vielen Jahren freundschaftlich verbundene Teammanager und Co-Trainer Theodoros Ourgantzidis (51).
Führungslose Kicker sollen vorerst mit dem Kreisligateam trainieren
Noch einmal einen Tag später wurden die Kicker zunächst gebeten, sich dem Training der Reserve (Kreisliga A) anzuschließen. „Vorstand und Mannschaftsrat haben sofort begonnen, Lösungen in Angriff zu nehmen“, betont Heinz Sellmann, der sich von Zippels Entscheidung „vollkommen überrascht“ zeigte.
Im Raum steht die Frage, was in den Stunden nach dem Abpfiff des Komet-Spiels wirklich passiert ist. Zippel bittet um Verständnis, dass er sich nicht äußern möchte. Nur so viel in seiner Whatsapp-Botschaft: „Dem VfL wünsche ich nur das Beste!!!“ Drei Ausrufezeichen.
Zippel kam mit großen Plänen und viel Energie zum VfL
Mit Vorfreude und Herzblut hatte der leitende Angestellte beim NDR-Hörfunk seine Tätigkeit 2020 an der Fahltsweide aufgenommen. Als Spieler sei er dort früher stets mit Ehrfurcht angetreten, der Name des Clubs habe in seinen Ohren immer noch einen guten Klang. Zippel tauschte den halben Kader aus. Kaum hatte er am vierten Spieltag den ersten Sieg errungen, erforderte Corona den Saisonabbruch.
2021, der Halstenbeker setzt seinen Kopf durch und trennt sich von Betreuer Mike Treede, der nach 22 Jahren beim VfL angeblich eine negative Stimmung ins Team trug. Als Zippel Kritik am neuen Kunstrasen vorträgt, sieht sich der Vorstand veranlasst, seinen Trainer „zurückzupfeifen“. Gleichzeitig fördert Zippel Talente und stellt etwas auf die Beine.
Den früheren St. Pauli-Profi André Trulsen gewinnt er als Gasttrainer, dann organisiert er ein Benefizspiel mit weiteren Bundesliga-Assen der Vergangenheit, das allerdings nicht die erhoffte Resonanz findet. Als es am Ende nicht zum Klassenerhalt reicht, ist Zippel am Boden zerstört. „Ich bin noch nie abgestiegen.“
In seiner Trainerkarriere bringt Zippel es auf mehrere Aufstiege
Wohl aber schon mehrfach ausgestiegen. Den Hetlinger MTV verließ er kurzerhand, als Spieler Einwände gegen seine Vertragsverlängerung vorbrachten. Die SSG Nikola Tesla führte er 2015 zur Meisterschaft in der Bezirksliga Süd, um nach einer Niederlagenserie in der Landesliga sein Amt aber rasch niederzulegen. Beim SC Egenbüttel war nach zwei Jahren Schluss. „Es hatte nicht so gepasst. Das kann passieren.“ Die Pinneberger wussten bei seiner Verpflichtung also, dass sie sich nicht den einfachsten Menschen mit hohen Ansprüchen an sich und andere ins Haus holten.
Möglich ist, dass Zippel schon das vorangegangene 0:5 während seiner Abwesenheit bei der Dritten des Niendorfer TSV (Saisonauftakt) den Wind aus den Segeln genommen hat. Am Strand von Kreta könnte ihm der Gedanke gekommen sein, im fortgeschrittenen Alter vielleicht doch lieber die Sonnenseiten des Lebens dem grauen Fußball-Alltag ohne große Erfolgsaussichten vorzuziehen. Ob sein Ausscheiden eines Tages noch mit erheblichen Folgeschäden für die Pinneberger verbunden sein wird?
Viele aktuelle VfL-Spieler kamen nur wegen Zippel nach Pinneberg
Im Kader stehen jedenfalls etliche Spieler, die Zippel bislang auf so manchen Wegen treu begleitet haben und sich nur seinetwegen dem VfL anschlossen (Dimitrios Kokaridas, Ramy Mansour, Berat Alija, Aleksandar Pavlovic, Marvin Kiesewetter, Fatih Simsek, sein Sohn Bennet, sein Neffe Lennart). „Alle werden bleiben“, glaubt Kapitän Jesse Plüschau. Aber wie lange noch? Das wird sich zeigen, sollte Marc Zippel noch einmal ein Angebot als Trainer annehmen.