Tornesch. Leichtathletin Alina Ammann (21) gewinnt Bronze bei deutschen Hallenmeisterschaften. Richtige Dosierung des Trainings scheint gefunden.
Nur die wenigsten können behaupten, ihren Geburtstag bei einer deutschen Meisterschaft verbracht zu haben. Alina Ammann (21), Leichtathletin des TuS Esingen, zählt dazu. Den obligatorischen Sekt gab es allerdings erst einen Tag später, als der 800-Meter-Finallauf der Frauen bei der deutschen Hallenmeisterschaft in Leipzig endete. Für die Tornescherin ging es mit einem beachtlichen dritten Platz nach Hause.
„Das Ziel war eigentlich nur das Erreichen des Finales“, sagt die Bronzemedaillengewinnerin. Als sie dann tatsächlich die Runde der sechs besten Läuferinnen erreicht hatte, sollte dann doch noch mehr drin sein. „Ich habe mich gut gefühlt, also wollte ich um eine Medaille kämpfen.“ Auf Rang eins und zwei trudelten Katharina Trost und Christina Hering (beide LG Stadtwerke München) mit einer Zeit von 2:05,16 Minuten über die Linie, letztendlich soll Trost nach Sichtung der Fotos um 0,001 Sekunden früher im Ziel gewesen sein.
Ammann folgte mit ihrer persönlichen Hallenbestleistung von 2:05,71 Minuten. „Mit Platz drei bin ich total zufrieden. Mehr wäre auch nicht drin gewesen“, sagt sie. Und nach kurzer Bedenkzeit: „Die anderen beiden waren jetzt auch nicht so weit entfernt. Aber sie haben eine Art Mauer gebildet. Da außen herum zu laufen, hätte wohl zu viel Kraft gekostet.“
Ammann ist mit sich im Reinen, aber angriffslustig ist die Läuferin des TuS Esingen, die auf der Tartanbahn als mental starke Kämpferin mit unbändigem Willen gilt, immer noch. Doch der Fokus liegt nicht mehr komplett auf der Leichtathletik. Bald beginnt das vierte Psychologie-Semester an der Universität Hamburg. Sie ist in einer Beziehung, wohnt in Hamburg und hat derzeit sechs Trainingseinheiten in der Woche. „Das ist im Vergleich zu anderen relativ wenig“, sagt sie. Diese „Dosis“ scheint für sie aber genau die richtige zu sein. Andere Spitzensportler auf der Mittelstrecke sind zwölf- oder 14-mal pro Woche im Training. „Alina muss eben anders trainiert werden. Wir haben irgendwann gemeinsam den Reset-Knopf gedrückt“, erklärt ihr Vater und Trainer Michael Ammann (52).
Über einen Zeitraum von insgesamt zwei Jahren fiel seine Tochter immer wieder wegen Verletzungen und Krankheiten aus, konnte bei vielen Wettkämpfen nicht dabei sein und fand nie einen richtigen Trainingsrhythmus.
Alina Ammann erkrankte am Pfeifferschen Drüsenfieber
„Für einige Sportler ist Pfeiffersches Drüsenfieber gleichbedeutend mit dem Ende der Karriere. Da können wir schon froh sein, dass sie überhaupt weitermachen konnte. Alina liebt das Laufen“, sagt Ammann senior. Der Spaß soll dabei helfen, auf höchstem Niveau konkurrenzfähig zu sein.
Seit Herbst 2018 ist ihr Vater erneut ihr Coach – mittlerweile im achten Jahr. Zuvor trainierte Alina Ammann bei Bundestrainer Thomas Dreißigacker in Leipzig. Doch aufgrund der Belastung durch das Studium und die regelmäßigen Reisen ist der Trainingsstandort nun Hamburg. „Die Bedingungen momentan mit der Leichtathletik-Halle sind optimal und insgesamt sind die Wege und die Koordination einfach kürzer und einfacher“, sagt ihr Vater.
Die Tochter sei endgültig erwachsen geworden, trainiert auch regelmäßig ohne ihren Coach. Der nötige Schuss Gelassenheit, den selbst leistungsorientierte Spitzensportler so manches Mal gebrauchen könnten, um Druck und Verbissenheit zu mildern, scheint mittlerweile Einzug gehalten zu haben. Die Erwartungshaltung sei nicht mehr so hoch. Wenn dann aber trotzdem die Ergebnisse stimmen, ist es jedenfalls für Alina Ammann der beste Weg. „Alle Läuferinnen, die sich um Alina herum bei der DM platziert haben, waren vor dem Wettkampf im Höhentrainingslager. Wir haben uns dagegen entschieden“, so Michael Ammann. Schließlich sei Alina hier geboren und akklimatisiert.
Internationaler Start und die DM-Teilnahme sind eingeplant
Mögliche Ziele sind die Teilnahmen an der U23-EM im Juli in Schweden oder die Universiade in Italien. Auch die deutsche Meisterschaft in Berlin steht im August im Terminkalender. Die Leichtathletik-WM ist Ende September in Katar. 2020 ist die Teilnahme an Olympia in Tokio keine Utopie.
„Ich muss jetzt erstmal abwarten, wie es im Sommer weitergeht und wie wir die Trainingsintensität steigern. Aber ich habe in der Halle ganz gut vorgelegt, da ist man schon etwas gespannt, wie es draußen dann läuft“, sagt die Studentin, deren DM-Vorbereitung genau in die Klausurenphase fiel. Am Abend vor dem Wettkampf schrieb sie noch eine Klausur, kam dann nachts in Leipzig an und zog dennoch souverän über die Qualifikation in den Endlauf ein. Nun müssen noch zwei Hausarbeiten geschrieben werden und für etwas mehr Training bliebe bis Anfang April und dem dann beginnenden Sommersemester noch Zeit. Demnächst steigt auch eine krachende Studentenparty nachträglich zum Geburtstag, den Vollrausch haben aber andere. „Ich bin da schon ziemlich diszipliniert, was Alkohol angeht“, sagt Alina Ammann. „Gerade für Mittelstreckenläufer ist das nicht gut. Andere Leichtathleten können es da schon lockerer handhaben“, erklärt der Vater. An Ammanns 21. Geburtstag stießen sie und ihre Freunde – wie in jenen Kreisen durchaus üblich – jedenfalls mit Mineralwasser und Apfelschorle an.