Tornesch. Die U-18-Weltmeisterschaft lief für Alina Ammann über die 800 Meter nicht wie erhofft. Ein grippaler Infekt machte ihr zu schaffen.

Alina Ammann war bis in die Haar- und Fußspitzen motiviert. Bei der U-18-Leichtathletik-Weltmeisterschaft im kolumbianischen Cali sollte es für die Tornescherin auf der 800-Meter-Distanz mit der Finalteilnahme klappen. Der Start unter den besten acht Nachwuchslläuferinnen der Welt war das erklärte Ziel der Schülerin. 29 Läuferinnen hatten sich für die WM qualifiziert. Ammann hatte sich gute Chancen ausgerechnet. Die 17 Jahre alte Leichtathletin war im Vorfeld gut in Form. In einem einwöchigen Trainingslager in Florida hatte sich das deutsche WM-Team auf die klimatischen Bedingungen bei den Wettkämpfen vorbereitet. Temperaturen um 30 Grad und eine Luftfeuchtigkeit von rund 80 Prozent sorgten für mehr als nur kleinere Schweißperlen auf der Stirn der Athleten.

Der Traum vom Finallauf zerplatzte in der Stadt, die knapp 1000 Meter über dem Meeresspiegel liegt, für Ammann jedoch schon in der Vorrunde. „Alina setzte sich nach dem Start flott an die Spitze des Feldes“, sagt Vater und Trainer Michael Ammann, der seiner Tochter von zu Hause aus die Daumen drückte. Die ersten 200 Meter lief sie in 27,5 Sekunden, das erste Mal überquerte Ammann nach 60,44 Sekunden die Ziellinie. Die Sportlerin des TuS Esingen konnte das Tempo nicht halten, wurde langsamer und drehte auf den letzten 400 Metern eine 70-Sekunden-Runde über die Tartanbahn. Auf dem vierten Rang kam sie völlig entkräftet nach 2:10,56 Minuten ins Ziel. Ihre persönliche Bestzeit ist 2:05,05 auf dieser Strecke.

„70 Sekunden in einer Runde läuft Alina sonst rückwärts“, so der launige Kommentar von Michael Ammann. Der Bundestrainer und die Leichtathletin wirkten ratlos. Circa zwei Zehntelsekunden fehlten für das Weiterkommen über die Zeitregelung nach den Resultate aus den weiteren drei Vorläufen.

Die WM wurde unter strengen Sicherheitsauflagen durchgeführt

Weil die deutsche U-18-Vizemeisterin von 2014 nach dem Rennen über Unwohlsein klagte, wurde der Mannschaftsarzt konsultiert. Dieser stellte einen grippalen Infekt inklusive Fieber fest und verordnete ihr für die restlichen Tage Bettruhe. „Natürlich wurden wir dann als Eltern schon etwas nervös und haben nachgefragt, ob sie Mückenstiche hat“, sagt Ammann senior. Vor der WM habe sie allerdings alle relevanten Impfungen erhalten. So verlief die Veranstaltung für die ambitionierte Läuferin enttäuschend. Immerhin konnte Ammann die Abschlussfeier wieder besuchen und ohne Bedenken die Heimreise antreten. Vom Arzt gab es grünes Licht für den Heimflug. Mit im Gepäck neben der nachvollziehbaren Frustration waren auch jede Menge Erfahrungen. „Ich habe viele Sportler aus anderen Ländern kennengelernt“, sagt sie.

In einer ungewohnten Umgebung, die eher einem Hochsicherheitstrakt glich. „Ohne Sicherheitspersonal an unserer Seite durften wir uns nicht vom Hotel entfernen“, erzählt die Tornescherin. Zum Auto, das die Sportler zum Aufwärmplatz oder ins Stadion brachte, ging es in Begleitung von vier Polizisten. Dieses wurde dann während der Fahrt von vier Motorrädern eskortiert. Am Ziel angekommen, warteten wieder Security-Mitarbeiter, um Amman und Co in Empfang zu nehmen. „Einmal wollten wir auf eigene Faust die Stadt erkunden“, sagt die 800-Meter-Läuferin, die auch den avisierten Start in der 4x-400-Meter-Staffel absagen musste. Nach „30 Metern“ mussten sie auf Anweisung zurück ins Hotel.

Von 1970 bis in die 90er-Jahre hinein kontrollierte das mittlerweile in rivalisierende Kleingruppen zersplitterte Cali-Kartell einen Großteil des Kokain-Exports in die USA. Gerade in den Armenvierteln der drittgrößten Stadt Kolumbiens gehören Gewaltverbrechen zum Alltag. „Von der Stadt selber habe ich nichts kennenlernen dürfen. Im Grunde genommen hatten wir Sportler nur untereinander Kontakt und zu den Sicherheitsmitarbeitern, die alle sehr freundlich waren“, so Alina Ammann, die sich auf Englisch und „etwas Spanisch“ verständigen konnte.

Gestern landete die Halbfinal-Teilnehmerin des Vorjahres bei der U-20-WM in Eugene (USA) wieder wohlbehalten in Hamburg. „Es ist natürlich schade, dass es sportlich nicht wie erwünscht lief, aber für Höchstleistungen muss neben dem Quäntchen Glück vor allem die Gesundheit stimmen“, sagt Michael Ammann. Derzeit wird seine Tochter mit Medikamenten behandelt. Als Leistungsportlerin müsse dabei immer darauf geachtet werden, dass diese mit der langen Anti-Doping-Liste der verbotenen Substanzen vereinbar seien.

Der Start bei der deutschen Nachwuchsmeisterschaft in Jena, 31. Juli bis 2. August, ist noch ungewiss. „Wichtig ist erst einmal, dass sie sich komplett erholt.“ Schließlich sind sich Vater und Tochter einig, dass in den nächsten Jahren wahrscheinlich noch einige große nationale und internationale Wettkämpfe für Alina Ammann anstehen werden. Und sicher wird bald auch die Enttäuschung über das Ergebnis in Cali der intensiven Erinnerung an das Erlebnis Cali weichen.