Tornesch/Elmshorn. Die Bundestrainer trauen Alina Ammann nach Platz vier über 800 Meter bei der Leichtathletik-DM Starts auf höchster Ebene zu.

ZDF-Kommentator Wolf-Dieter Poschmann kann nicht alles wissen. Als er live von den deutschen Meisterschaften in Kassel berichtete, erwähnte er nach dem 800-Meter-Finale mit lobenden Worten auch Alina Ammann, eine der besten Leichtathletinnen der hiesigen Region seit vielen Jahren. „Wo mag denn der TuS Esingen beheimatet sein“, so fragte sich der Fernsehmann, um sich wenig später Klarheit zu verschaffven. Die 18-Jährige aus Tornesch hatte sich zur allgemeinen Überraschung den vierten Platz gesichert – wohlgemerkt bei den Frauen. In der Zeit von 2:04,26 Minuten erreichte sie knapp vier Sekunden hinter der Meisterin Christina Hering aus München) das Ziel.

Vater Michael Ammann, zusammen mit Achim Borstelmann und Dirk Junge Vereinstrainer der aufstrebenden Mittelstrecklerin, war sehr angetan von der Leistung seiner Tochter, die mit ihrem Alter jüngste Teilnehmerin aller Athleten in Kassel war. „Beeindruckend, wie sie gelaufen ist“, sagte Michael Ammann, der mit der Schülerin des Uetersener Ludwig-Meyn-Gymnasiums – sie ist in der elften Klasse und macht nächstes Jahr ihr Abitur – direkt von einem Trainingslager in Oberhof in Thüringen nach Hessen angereist war. „Zunächst befürchtete ich, dass ich vielleicht etwas erschöpft sein könnte“, sagte Alina Ammann. „Doch dann lief es im Finale einfach fantastisch für mich.“ Vorübergehend hatte sie im Feld sogar auf dem dritten Platz gelegen.

Die bitteren Erfahrungen bei der WM in Kolumbien sind vergessen

Dem positiven Gesamteindruck schließen sich auch Verantwortliche des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) an. Henning von Papen aus Hürth (bei Köln) ist Bundestrainer der deutschen Frauen, Thomas Dreißigacker (Leipzig) ist für den Nachwuchs zuständig. Beide schätzen die sportlichen Fähigkeiten von Alina Ammann so ein, dass diese den Sprung zu den Olympischen Spielen 2020 in Tokio schaffen könne – spätestens 2024 sollte sie mit dann 26 Jahren ihren Leistungszenit bei Olympia erreicht haben, unterstreicht Thomas Dreißigacker.

Die „Seuchenzeit“ im Sommer vergangenen Jahres ist offensichtlich vergessen im Umfeld der Tornescher Athletin. Damals war Alina hoffnungsfroh zur U20-Weltmeisterschaft nach Cali (Kolumbien) geflogen, um dort wegen eines grippalen Infekts alle Chancen einzubüßen und das Rennen aufzugeben. So etwas soll ihr ihr zukünftig nicht mehr passieren. Die DM-Vierte geht mit den momentanen Belastungen super um, sie scheint gegenüber dem Vorjahr vor allem kräftemäßig stabiler denn je zu sein.

In Kassel war Alina Ammann jüngste Athletin aller Teilnehmerinnen überhaupt. Das könnte sich an diesem Wochenende nun wiederholen, wenn sie bei der Junioren-Gala in Mannheim einen Test über 1500 Meter wagt. Wird da am Ende auch noch die U20-WM-Norm von 4:22 Minuten angepeilt? „Besser nicht“, sagt Vater Michael. „Die 1500 Meter sind nicht gerade ihre Paradestrecke.“ Es soll getestet werden, ob sie den Belastungen auf der längeren Strecke standhalten kann.

Ariane Ballner verpasst die Finalteilnahme knapp

Nahziel ist jetzt erst einmal die Reise nach Polen. In der Stadt mit dem unaussprechlichen Namen Bydgoszcz wird vom 16. bis 24. Juli die U20-WM ausgetragen – und dort soll es den nächsten Erfolg für die angehende Olympionikin geben. In ihrem Jahrgang (18/19 Jahre) gibt es in Europa keine andere Läuferin mehr, die schneller ist als sie. Ihr Vater vertritt heute diese Philosophie: „Alina war früher noch nicht so erfolgreich wie andere ihres Alters. Sie wurde behutsam aufgebaut, sodass sie jetzt bei den Frauen nicht verbraucht ist.“

Eine Weggefährtin der Tornescherin bei überregionalen Ereignissen ist seit Jahren Ariane Ballner. Die Elmshornerin startet seit Anfang des Jahres allerdings für den SC Rönnau 74 (Kreis Segeberg). Auch sie ging im Kasseler Auestadion über 800 Meter an den Start, schied als Elfte jedoch im Vorlauf aus – zehn Läuferinnen qualifizierten sich für das Finale. Die 19-Jährige, die am Bismarck-Gymnasium in Elmshorn gerade ihr schriftliches Abitur gemacht hat, nimmt’s nicht ganz so tragisch. Die Saison wird nicht mehr allzu lange dauern. Bevor die Schülerin im August in die USA fliegt, um an der Universität von Oklahoma einjähriges Stipendium aufzunehmen, bereitet sie sich noch auf die deutsche U23-Meisterschaften in Bochum am 23./24. Juli vor, bei der sie wahrscheinlich über 1500 Meter ihr Glück versucht.

Bei der LG Elmshorn hatte sie vor sechseinhalb Monaten die Zelte abgebrochen, weil die Trainingsbedingungen ihrer Meinung nach – und auch der von Trainer Harald Lederer – nicht mehr ausreichend waren. Stattdessen versprach man sich von dem Wechsel eine Menge, sportlich vorwärts sollte es gehen. Ariane Ballner spekulierte damals vor allem auf Starts mit der hoch eingeschätzten 3 x 800-Meter-Staffel des Vereins. Nach der Verletzung einer der Läuferinnen des SC Rönnau ist das Trio nun zunächst einmal gesprengt.