Klein Offenseth. Bei der Holsteiner Auktion zahlen Züchter für Spitzenpferde sechsstellige Beträge. Vizechampion Colcannon geht nach Klein Offenseth

135.000 Euro für einen jungen, unerfahrenen Hengst, der noch nicht mal einen Sattel kennt, auf den Tisch zu blättern – wer macht denn so was? Herbert Ulonska aus Klein Offenseth macht so was, ohne mit der Wimper zu zucken. Denn der 69-Jährige kann darauf bauen, dass sich die Investition lohnt. Für 135.000 Euro hat der erfolgreiche Pferdezüchter und Besitzer der Hengststation Maas J. Hell den zweieinhalb Jahre alten Colcannon in Neumünster ersteigert. Der ist der zweitteuerste Hengst der 48. Holsteiner Körung und Elite-Pferde-Auktion.

„Beim Freispringen war Colcannon einer der Besten“, sagt der Pferdeexperte. Ulonska gehört schon jetzt zu den Gewinnern. Kaum hat der edle schwarzbraune Hengst seine neue Box auf Ulonskas Gelände in Klein Offenseth bezogen, kommen die Anfragen. „Innerhalb von 48 Stunden haben sich 14 Züchter für die kommende Decksaison angemeldet, das ist ein guter Start“, sagt Ulonska zufrieden.

Und Colcannon hat auch gleich einen neuen Nachbarn. „Ein befreundeter Zahnarzt aus Frankfurt war mit mir in Neumünster und hat für 115.000 Euro den Hengst Coquetto ersteigert und ebenfalls bei uns eingestellt“, sagt Ulonska. Coquetto belegt Platz drei der teuersten Hengste bei dieser Herbstauktion. Der Sieger Cadilo, ein Sohn des Weltelite-Hengstes Casall, hat für 155.000 Euro einen neuen Besitzer in der Schweiz.

Paula de Boer hat vier Wochen den Auktionssieger trainiert

Zu den Gewinnern gehört auch Paula de Boer. Vier Wochen lang hat die Pinnebergerin, die als eine von wenigen sowohl im Springsport als auch in der Dressur vorne mitreitet, Unikum trainiert. Der dunkelbraune Wallach gehört zur Kategorie der Reitpferde, die schon Leistungen unter dem Sattel gezeigt haben. Nun durfte sie Unikum den etwa 4000 Pferdeexperten und potenziellen Kunden aus Südafrika, Südamerika, Belgien, Finnland und der Schweiz in den Holsten-Hallen präsentieren.

Der internationale Springreiter Alonso Valdez Prado kam extra aus Peru angereist, um sich von Unikum zu überzeugen. Prado ist grundsätzlich von Holsteiner Pferden begeistert, da er sich bei den Weltreiterspielen in Tryon (USA) im September mit seinem Holsteiner Wallach Chichester weit vorne platzieren konnte.

Paula de Boer präsentiert Wallach Unikum (4) den Bietern aus der Schweiz und Peru. Verkaufsleiter Jörgen Köhlbrandt (r.) hat einen Kunden am Handy; zwei Finger hoch heißt: 2000 Euro werden gerade mehr geboten. Für stolze 142.000 Euro geht Unikum nach Peru in den Springstall von Alonso Valdez Prado.
Paula de Boer präsentiert Wallach Unikum (4) den Bietern aus der Schweiz und Peru. Verkaufsleiter Jörgen Köhlbrandt (r.) hat einen Kunden am Handy; zwei Finger hoch heißt: 2000 Euro werden gerade mehr geboten. Für stolze 142.000 Euro geht Unikum nach Peru in den Springstall von Alonso Valdez Prado. © Melanie Mallon | Melanie Mallon

Charmant und gut gelaunt blieb die 25-Jährige Paula de Boer zwischen Schritt-, Trab- und Galopprunden mit Unikum immer mal wieder in der Nähe des potenziellen Käufers stehen. „Das hat mir viel Spaß bereitet, ein so tolles Pferd in Szene zu setzen. Dass Unikum teuer wird, war klar, der zeigt sein Talent im kleinen Parcours, der guckt, wie was passen könnte“, sagt die Reiterin. Verkaufsleiter Jörgen Köhlbrandt (33) hatte parallel noch einen weiteren telefonischen Bieter aus der Schweiz. Das Bieterduell schaukelte sich hoch, bei 142.000 Euro bekam der Peruaner den Zuschlag. Damit ist Unikum das teuerste Reitpferd dieser Auktion.

Der Käufer organisiert für das Auktionsteam eine Party

Zusätzlich kaufte Prado die braune Stute Universale. Die Dreijährige kommt vom Züchter Jens Hauschildt aus Seester und kostet 77.000 Euro. Beide Pferde bleiben zunächst beim Holsteiner Verband in Elmshorn, bis sich der Käufer für einen neuen Standort entschieden hat. „Für das gesamte Auktionsteam hat der neue Besitzer eine kleine Party organisiert“, sagt Paula de Boer erfreut.

35 Reitpferde wurden für durchschnittlich 49.314 Euro verkauft; 18 gekörte Hengste wechselten mit einem Durchschnittspreis von 67.888 Euro die Besitzer. Die 27 nicht gekörten Hengste kosten im Schnitt 21.222 Euro.

Vor der Präsentation der Hengste wird nichts dem Zufall überlassen. Für sechs Monaten geht es in einer Art Benimmschule. Neun zweieinhalb Jahre junge Hengste zogen im Mai zum Tornescher Roland Metzler (39) in die Stallungen, damit die jungen Wilden Manieren lernen. „Das ist wie mit Grundschülern, die einen sind wild, die anderen schüchtern, die Nächsten testen mal, was so geht“, sagt Metzler. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet er mit Hengsten. „Colcannon war zu Beginn der Arbeit burschikos, der sucht Aufgaben und Herausforderungen“, sagt Metzler.

Schon am 1. Dezember wird er seinen Schüler wiedersehen. „Ab 15 Uhr werden wir unsere Hengstkollektion vorführen, Colcannon wird an der Hand von Roland Metzler präsentiert“, sagt Ulonska. „Die kennen sich ja bestens.“