Klein Offenseth. Bei den Bundeschampionaten in Warendorf treten die besten Pferde Deutschlands an. 21 von ihnen und 15 Reiter stammen aus dem Kreis

Dieses Turnier ist für den gebürtigen Japaner Takashi Shibayama Haase (38) etwas ganz Besonderes. Der Chefbereiter der Hengststation Maas J. Hell in Klein Offenseth will mit dem sechs Jahre alten Wallach Casallantum die Bundeschampionate in Warendorf (Nordrhein-Westfalen) aufmischen. Dort werden die besten Nachwuchspferde Deutschlands präsentiert, begutachtet, bestaunt und bewertet.

878 Pferde haben sich für die größte Zuchtschau zwischen Nordsee und Zugspitze qualifiziert, 21 von ihnen kommen aus dem Kreis Pinneberg. Von den 535 Reitern leben und arbeiten 15 im Kreis Pinneberg. Zu diesem Meeting von heute bis zum 2. September werden 38.000 Zuschauer aus Deutschland und den Nachbarstaaten erwartet.

Haases Wahl fällt auf den Sohn von Ausnahmehengst Casall

Takashi Haase hat unter den drei potenziellen Teilnehmern aus der Klein Offenseher Hengststation Casallantum ausgewählt. Der Wallach hat als Sohn des legendären Holsteiner Weltelite-Hengstes Casall erstklassige Gene, belegte vor einem Jahr in Warendorf den sechsten Platz unter den Springpferden. „Wenn ich Casallantum wie einen Menschen charakterisieren sollte, würden ich ihn als absoluten Streber bezeichnen“, sagt Takashi Haase. „Der hat viel Power, weiß exakt, wann es drauf ankommt und liefert punktgenau Spitzenleistungen.“ Nur so schaffte Casallantum es auf die Starterliste in Warendorf.

Bis ein junges Pferd bei den Bundeschampionaten an den Start gehen darf, müssen viel Arbeit und Fachwissen investiert werden. Qualifizieren können sich hier nur Reiter mit erbrachten Leistungen auf auserwählten Turnieren. Die Mindestnote 8,0 muss erzielt werden, die Höchstnote 10,0 wird selbst in Warendorf kaum vergeben. Casallantum erreichte 8,8.

Auch die Wallache Carli P und Diamant’s Calato haben sich das Ticket für Warendorf erarbeitet, bleiben aber im heimischen Stall. „Carli P hat sich vertreten, und Diamant’s Calato ist noch nicht so weit“, sagt der Klein Offensether Stalleigentümer und Züchter Herbert Ulonska. „Was nützen uns eine Einladung und der gewaltige Trubel in Warendorf, wenn das Tier überfordert wird?“, sagt der 69-Jährige. „Da kann das Vertrauen zwischen Reiter und Pferd schnell ins Wanken geraten.“

Kristin Kirchner bleibt trotz Qualifikation zu Hause

Das weiß auch Kristin Kirchner (36) aus Friedrichshulde, eine Ausnahmereiterin, die mit vier Pferden in Warendorf starten darf. Dennoch fährt sie nicht hin. „Wir haben gute Noten erhalten, allerdings ist bei den jeweiligen Besitzern Warendorf momentan kein Thema, die haben andere Pläne“, sagt Kirchner. Dreimal in der Woche trainiert Kirchner internationale Sportpferde von Janne Friederike Meyer-Zimmermann (37) in Waldenau. Hinzu kommt die Aus­bildung von jungen Pferden und Reitschülern.

Die Profis wissen, auf was sie sich in Warendorf einlassen. Auf der einen Seite wird vom dortigen Dachverband der Reiterlichen Vereinigung (FN) eine schonende Ausbildung gepredigt, auf der anderen Seite werden Hindernisse bis zum Endmaß der jeweiligen Prüfungskategorie hochgezogen. Die Kulisse ist mit zwei voll besetzten Tribünen, einem großen Gastronomiezelt, farbenfrohen Hindernissen und dem Lärm eine Herausforderung. „Wenn Pferde hier eine schlechte Erfahrung machen, dauert die Korrektur mehr als ein halbes Jahr,“ sagt Züchter Ulonska.

Der braune, sechs Jahre alte Holsteiner Wallach Newton Pepping kennt das große Schauspiel in Warendorf vom vergangenen Jahr. Pflegerin Joanna Piela (23) wird zudem den sechs Jahre alten Schimmel-Wallach Zirocoal betüdeln. Philipp Schulze aus Elmshorn war schon mehr als zehnmal  mit jungen Pferden bei diesem hochkarätigen Meeting
Der braune, sechs Jahre alte Holsteiner Wallach Newton Pepping kennt das große Schauspiel in Warendorf vom vergangenen Jahr. Pflegerin Joanna Piela (23) wird zudem den sechs Jahre alten Schimmel-Wallach Zirocoal betüdeln. Philipp Schulze aus Elmshorn war schon mehr als zehnmal mit jungen Pferden bei diesem hochkarätigen Meeting © Melanie Mallon | Melanie Mallon

Ein regelmäßiger Teilnehmer in Warendorf ist Philipp Schulze (37) aus Elmshorn. Zwei sechs Jahre alte Pferde hat er auf seinen Transporter verladen. Der mehrfache Derby-Teilnehmer ist das elfte oder zwölfte Mal dabei. „Ich zähle nicht mehr mit.“ Seine Zauberformel: „Das Vertrauen zwischen Pferd und Reiter muss stimmen, diese große Kulisse kann nicht geübt werden.“

Für den Schimmel-Wallach Ziro­coal ist es der erste Start in Warendorf, im Gegenzug kennt der braune Holsteiner Newton Pepping das Schauspiel vom vergangenen Jahr. Und wenn es losgeht, fühlt es sich wie ein kleiner Umzug an.

Pflegerin Joanna Piela (23) kontrolliert die Packlisten lieber zweimal. Unterschiedliche Gebisse, Sporen, Trensen und Sättel, Satteldecken und leichte Decken müssen mit. Dort angekommen, werden zunächst Boxen eingerichtet. Das eine Pferd steht besser auf Spänen, das andere auf Stroh. Ein Pferd benötigt locker 30 Liter am Tag, alles muss herangeschleppt werden. Heu, Kraftfutter, Müsli und Elektrolyte müssen ebenfalls abgepackt werden.

Wer in Warendorf Erfolg hat, ern-tet Ruhm und Ehre, die sich im Wert der Pferde niederschlagen. Denn in der Zucht und dem Verkauf geht es immer auch um viel Geld.

„Mit einem teuren, erstklassigen Pferd und einem durchschnittlich talentierten Reiter kommt man weiter als mit einem durchschnittlichen Pferd unter einem erstklassigen Reiter“, sagt Takashi Haase. „Das ist ähnlich wie in der Formel 1. In einem Ford Focus etwa würde Sebastian Vettel von jedem anderen Piloten überholt werden.“

Ergebnisse und Zeitpläne im Internet: www.pferd-aktuell.de/bundeschampionate