Groß Offenseth-Aspern. Auf dem weitläufigen Areal wird der international besetzte Bucherer High Goal Cup ausgetragen. Dort ist Argentinien ganz nah
Das beschauliche Groß Offenseth wird zum Zentrum des internationalen Polosports. Die kleine Zeltstadt auf Gut Aspern steht bereits, die Polo-Elite ist mit ihren Pferden angereist. Top-Spieler aus Südafrika, England, Argentinien, Italien und Holland messen sich an diesem Wochenende mit Hanseaten beim Bucherer High-Goal-Cup, der höchsten Klasse im Polosport. Vor allem die Südamerikaner dürften sich auf Gut Aspern wie zu Hause fühlen, denn auf dem 22 Hektar großen Gelände ist Argentinien ganz nah.
Gutsbesitzer und Turnierchef Christopher Kirsch verbindet viel mit dem südamerikanischen Land. Dort hat der 50-Jährige lange gelebt, in Buenos Aires hat er seine temperamentvolle Frau Valeria (38) kennengelernt, seine drei Söhne wachsen zweisprachig auf, seine Mitarbeiter kommen ebenfalls aus dem Polo-Paradies Argentinien.
Wichtigste Sprache auf Gut Aspern ist Spanisch
Auf Gut Aspern wird nur Spanisch gesprochen, Kirsch beherrscht die Sprache perfekt. „So kann meine Frau besser mit mir schimpfen, was sie auch reichlich ausnutzt“, sagt Kirsch und schmunzelt. Valeria kredenzt auf der großen mediterran gestalteten Terrasse Käse-Schinken-Toasts und Mineralwasser. Ihr Mann lässt den Blick über das Anwesen schweifen, breitet seine Arme aus und zeigt auf die akkurat gepflegte Rasenfläche. Das Polofeld hat mit 280 mal 160 Metern internationales Standardmaß, dahinter befindet sich ein zweites, 260 mal 140 Meter großes Spielfeld. Allein der weiße Holzzaun ist 1,4 Kilometer lang. „Der muss regelmäßig gesäubert und gestrichen werden, das ist eine Heidenarbeit“, sagt Kirsch.
Ein Blick in die Stallungen überrascht. Boxentüren fehlen, lediglich eine leichte Kette begrenzt das Zuhause der 17 Pferde dort. Erstaunlicherweise kommt kein Vierbeiner auf die Idee, mal darüber hinwegzusteigen und auf eigene Faust die Nachbarschaft zu erkunden. Die Wände der Boxen sind nur etwas mehr als hüfthoch, sogar für Hengst Halloween. Darüber gibt es jeweils zwei Eisenstreben, die den Futterneid im Zaum halten sollen. „Alle Pferde haben ständig Blickkontakt, sie sind eigentlich null eingesperrt“, sagt Kirsch. Überhaupt ist die Atmosphäre in dem Stall ausgesprochen fröhlich – und doch professionell.
Die vier argentinischen Pferdepfleger arbeiten entspannt und mit einem Lächeln im Gesicht. Und dann diese südamerikanischen Klänge. Permanent läuft argentinische Volksmusik im Pferdestall. „Der Latino-Rhythmus tut hier allen gut, Mensch und Tier. Es geht entspannter zu, die Pferde mögen die Atmosphäre“, sagt Kirsch.
Der High Goal Cup ist viertes Turnier auf der Polo Tour
Beste Voraussetzungen also für den Bucherer High Goal Cup auf Gut Aspern. Das Turnier ist die vierte von sechs Stationen der German Polo Tour. Gespielt wird in zwei Vierer-Teams. Jeder Spieler trägt für seine Position eine Nummer auf dem Polohemd. Nummer eins ist der Angreifer, zwei spielt im Mittelfeld, das Herz der Mannschaft ist die Nummer drei als taktischer Dreh– und Angelpunkt. Der vierte im Team ist auf der hinteren Position für die Verteidigung zuständig. Die Spielzeit beträgt viermal 7,5 Minuten, die Pferde dürfen pro Spiel nur einmal laufen. Stürzt ein Spieler ohne sich zu verletzen, läuft das Spiel weiter. Ziel ist es, den bis zu 130 Kilometer pro Stunde schnellen Ball mit dem Schläger ins Tor zu bringen. Die drei Meter hohen Torpfosten sind aus Sicherheitsgründen nicht verankert. Die Spieler selbst können sich am eigenen Handicap messen. Minus zwei sind Anfänger, plus zehn ist die höchste Zahl, die international kaum erreicht wird.
Christopher Kirsch, der 2012 und 2013 Deutscher Polo-Meister war, hat das Handicap 3+. Polo ist Hochleistungssport, er erfordert perfekte Körperbeherrschung und begeistert mit akrobatischen Kampfszenen. Immer wieder gibt es spektakuläre Stürze, die zum Glück meistens glimpflich verlaufen. „Die Tiere erreichen im Sprint Tempo 60, das ist fast so viel wie ein Galopper“, sagt Kirsch, während er Hengst Halloween für eine Trainingsrunde sattelt.
Als Halloween wieder im Stall steht, holt Kirsch den silbernen Pott aus dem Haus, um den die fünf Teams am Sonntag kämpfen werden. „Der Wanderpokal ist schon auf Hochglanz poliert“, sagt Kirsch. Geld oder Sachpreise gibt es grundsätzlich nicht zu gewinnen. Kirsch: „Polo, das ist allein eine Frage der Ehre.“