Wedel. Die zielstrebige Rist-Basketballerin Anna Voß (18) hat schon bald ihr Abitur und will dann nach zwei Studiengängen Astronautin werden.

Die Basketballerin Anna Voß (18) verlässt den SC Rist – lediglich der exakte Zeitpunkt steht noch in den Sternen. „Unser Trainer Olli hat schon gesagt, dass er dann weinen wird“, sagt die Wedelerin und ihre Augen verraten, dass dies auch ihr passieren könnte.

Einmal wurde es schon emotional, als sie ein Buch überreicht bekam, in dem alle ihre Mitspielerinnen und Trainer namentlich vorkommen und sie in diesem Krimi die Hauptfigur ist. „Seit elf oder zwölf Jahren spiele ich in Wedel Basketball. Eigentlich wollte ich Fußball spielen, aber damals gab es keine Mädchenmannschaft“, erzählt Voß.

Anna Voß peilt zunächst ein Maschinenbaustudium an

Trotz ihres jungen Alters hat sie schon exakte Vorstellung, wie es weitergehen soll. Das Abitur („Es wird eine Eins vor dem Komma stehen“) hat sie demnächst nach der mündlichen Prüfung in Erdkunde und Sport bestanden. Als Profil wählte sie Physik und die ergänzenden Fächer Biologie und Chemie. Anschließend möchte Voß Maschinenbau bis zum Bachelor-Abschluss studieren. Danach soll der Master in Luft- und Raumfahrttechnik folgen. Das Fernziel: Astronautin. „Das All hat so einen besonderen Reiz. Diese Weite. Ich möchte das Gefühl erleben, von einer Raumstation auf die Erde zu gucken“, sagt Voß. Einst hatte sie einen Kalender von der internationalen Raumstation ISS oder Bücher von Planeten. Die Faszination Weltall ist mit den Jahren gewachsen. „Schwindelfrei bin ich auch“, behauptet die Gymnasiastin des Johann-Rist-Gymnasium.

Wer sich mit ihr länger unterhält, merkt schnell, dass das keine Hirngespinste einer Heranwachsenden sind, sondern Träume, die durch eine enorme Zielstrebigkeit wirklich Realität werden sollen. Es scheinen kaum Flausen im Kopf vorhanden zu sein. „Wir haben sie nicht umsonst zu unserer Teamkapitänin gemacht. Das war die richtige Entscheidung. Anna ist einfach eine tolle junge Frau. Das wird ein herber Verlust, vor allem menschlich, aber auch sportlich“, sagt Oliver Böttcher, Co-Trainer des Frauen-Teams, der weiterhin mit Manfred Schuncke alles dafür gibt, dass Anna Voß vielleicht doch noch in Hamburg ihr Studium aufnimmt. „Auf dem Feld hat sie in den entscheidenden Momenten Verantwortung übernommen, immer Herz und Leidenschaft gezeigt und damit andere mitgerissen. Sie ist eher still, aber wenn sie was sagt, hat das immer Hand und Fuß“, so Chefcoach Schuncke.

8,9 Punkte erzielte die Kapitänin im Schnitt pro Spiel

8,9 Punkte erzielte die Flügelspielerin im Schnitt für den Tabellenvierten der abgelaufenen Saison der 2. Regionalliga Nord – 21 erfolgreiche Drei-Punkte-Würfe waren darunter. „Als ältere Spielerin hat sie immer ein gutes Standing gehabt und die Jüngeren geführt“, erzählt der Trainer. Wohlgemerkt: Der SC Rist Wedel ging mit einem Kader-Durchschnittsalter von 17 Jahren in die Spielzeit.

Im Team gebe es „extrovertiertere Spielerinnen“, sagt Voß. Das kam bei ihr selbst meist nur auf der Theater-Bühne als Mitglied im Batavia-Ensemble zum Vorschein. Jahrelang spielte sie die Hauptrolle als Pippi Langstrumpf, ehe sie „zu alt dafür wurde“. Jetzt steht sie als Polizistin in dem Stück im Rampenlicht. Als beruflichen Fokus hat sie die Schauspielerei nie gesehen – der liegt bekanntlich viel weiter weg. Wie auch der Studienort. Anna Voß hat sich deutschlandweit beworben. „Natürlich könnte ich auch erstmal hier studieren, aber ich will mal raus“, sagt Voß und zuckt beinahe entschuldigend mit den Schultern. Denn wie so viele beim SC Rist schätzt sie vor allem den familiären Charakter im Club – man kennt sich von Kindesbeinen an.

„Die Vorsitzende Andrea Koschek schaut auch mal bei unseren Spielen zu. Vor vier Jahren habe ich mal ein Techniktraining von Ewald Schauer bekommen. Das war ganz cool“, sagt sie und es klingt schon jetzt etwas wehmütig. Der heute 90 Jahre alte Schauer zählte zu den Gründungsvätern des 1958 entstandenen Vereins. Die ehemalige Bundesliga-Spielerin Laura Rahn, in der Szene gut vernetzt, hat bereits Hilfe bei der Vereinssuche signalisiert, sobald der Wohnortwechsel ansteht.

Vorläufig trainieren Voß und ihre Teamkolleginnen auch in der Sommerpause weiter – und dann wird er kommen. Dieser für alle Beteiligten traurige Moment, wenn Anna Voß vorläufig ein letztes Mal die Steinberghalle verlässt.