Elmshorn. Ty Parsons ist einer von vier neuen US-Amerikanern bei den Elmshorner Footballern. Die Aufgabe des Quartetts: den Klassenerhalt sichern

Als Ty Parsons (24) am 14. März am Flughafen Hamburg aus dem Flieger stieg, wäre er wohl am liebsten direkt wieder in seinen Heimatstaat Texas zurückgekehrt. „Die größte Umstellung ist natürlich die Sprache, aber vor allem das Wetter ist komplett anders. Zu Hause sind es so um die 30 Grad. Hier ist es wirklich verdammt kalt“, sagt der neue Linebacker der Elmshorn Fighting Pirates: Sein Job: Er verteidigt auf der Position hinter der ersten Abwehrreihe gegen das Lauf- und Pass-Spiel des Gegners .

Eigentlich hatten die Elmshorner Verantwortlichen fest damit gerechnet, dass Chris Beaulaurier, der schon im Vorjahr ein Baustein des Pirates-Aufstiegs in die 2. Bundesliga (GFL 2) war, auch 2018 in der Defense aktiv wird. Doch der US-Amerikaner aus dem Bundesstaat Washington zog seine Zusage überraschend zurück.

Sportdirektor Max Paatz las kurz darauf eher zufällig im Internet in einem Artikel über Parsons beeindruckende College-Karriere an der East Texas Baptist University – und schrieb ihn an. „Wir sind uns dann innerhalb von zwei Tagen einig geworden“, erzählt Paatz. Auch Headcoach Jörn Maier verschaffte sich in einem Telefonat einen ersten Eindruck. Wenig später saß der US-Amerikaner dann im Flugzeug.

„Mein Vater war sofort von diesem Schritt begeistert, und meine Mama, naja, sie unterstützt mich auch, aber keine Mutter findet es gut, wenn der Sohn mal eben eine halbe Weltreise weit weg wohnt“, sagt der Footballer. Noch nie zuvor war er in Europa, geschweige denn in Deutschland. „Ich möchte professionell Football spielen und freue mich, dass sich diese Gelegenheit in Elmshorn bietet. Ich schätze die familiäre Atmosphäre im Verein. Und dennoch ist alles professionell organisiert. Auch die Coaches wissen definitiv, was sie tun“, meint Parsons.

Noch dauert die Eingewöhnungsphase an, doch er muss den Kulturschock nicht allein verdauen. Mit Khairi Dickson (23), Tyler House (24) und Justin Alo (24) treten drei weitere Landsmänner 2018 für die Piraten an und haben in zwei Wohngemeinschaften in einem Haus von Pirates-Sponsor Semmelhack – der Club beteiligt sich an der Miete – eine neue Heimat gefunden. Mit Ausnahme von Dickson, der bereits im Vorjahr für die Lübeck Cougars antrat, ist Deutschland quasi absolutes Neuland für die Importspieler.

Vier Amerikaner bei den Pirates, von links: Tyler House, Justin Alo, Khairi Dickson, Ty Parsons
Vier Amerikaner bei den Pirates, von links: Tyler House, Justin Alo, Khairi Dickson, Ty Parsons © Elmshorn Fighting Pirates | Elmshorn Fighting Pirates

„Das merkwürdigste Wort auf deutsch? Eigentlich klingt noch alles für mich komisch. Das wird definitiv hart für mich, diese Sprache zu lernen. Aber bisher ist es ,Ausfahrt‘“, sagt Parsons und grinst. Schließlich klingt der hintere Teil dieses Ausdrucks verdächtig nach der englischen Vokabel für ein Geräusch, das dem Darmbereich zu verdanken ist.

Alle vier Amerikaner arbeiten auch als Trainer für das A- und B-Jugend-Team des Elmshorner Vereins. „Sonst geht es nach wie vor eher darum, die alltäglichen Dinge zu meistern, zum Beispiel sich im Supermarkt zurechtzufinden oder so. Ich muss hier erstmal meinen Rhythmus finden“, sagt Parsons, dessen Eltern – mutmaßlich – als Musik-Fans ihrem Sohn den zweiten Vornamen Alan verpassten.

So freundlich der Texaner abseits des Feldes wirkt, auf dem Feld kennt er keine Kompromisse und ist seit Beginn seiner Karriere dafür bekannt, Gegenspieler reihenweise zu Boden zu bringen. „Ich möchte in unserer Staffel der GFL 2 die meisten Tackles machen. Als Team wollen wir alles gewinnen“, sagt Parsons im für US-amerikanische Sportler nicht unüblichen Selbstbewusstsein. Die Saison beginnt für den Aufsteiger, der selbst für Football-Vereine einen sehr großen Kader von 70 Spielern hat, erst Ende April mit einer Auswärtspartie gegen die Rostock Griffins.

In einem ersten Testspiel gegen den Regionalliga West-Aufsteiger Gelsenkirchen Devils, das die Pirates im heimischen Krückaustadion vor rund 1000 Zuschauern deutlich mit 43:13 gewannen (Touchdowns von Nico Nowak, Clifford Laukens (beide je 2), Johannes Jermies und Nassim Amroun), konnte Coach Maier sich einen ersten Eindruck unter Wettkampfbedingungen verschaffen. Auch von seinen vier Amis. „Im Training und jetzt auch im Spiel haben alle vier gute Ansätze gezeigt. Aber sie brauchen auch noch mehr Zeit, um sich einzugewöhnen“, sagt der Cheftrainer. Dickson ist ein Runningback, also für das Erzielen von Punkten über Läufe spezialisiert, House ist als Defensive Tackle der erste Prellbock der Abwehrreihe, Parsons ein paar Meter dahinter aktiv und Alo ist Quarterback (Spielmacher) in Elmshorns Offensive.

Auch der Spielmacher ist wie 2017 ein US-Amerikaner

Schon im Vorjahr waren genau diese vier Positionen mit US-Amerikanern (Cody Coleman/Runningback, Michael Douglas/Defensive Tackle, Chris Beaulaurier/Linebacker, Guillermo Serrano/Quarterback) besetzt. „Ohne diesen Jungs zu nahe treten zu wollen, schließlich sind wir Regionalliga-Meister geworden und dann aufgestiegen, denke ich, dass wir mit unseren vier Neuen nochmal einen ordentlichen Qualitätssprung gemacht haben“, meint Maier.

Und auch wenn die Temperaturen im Saisonverlauf wohl nicht ansatzweise texanisches Niveau erreichen – schon bald werden Parsons und Co nicht mehr frieren müssen.