Elmshorn. Der Holsteiner Verband in Elmshorn bietet seinen Kunden Top-Qualität. Dafür greifen internationale Pferdezüchter tief in die Tasche.
Pferdezüchter befassen sich jetzt zu Beginn der Decksaison intensiv mit der Frage, welche Genetik zur jeweiligen Stute passt. Und wer mit wem gut kann, ist eine Wissenschaft für sich, letztlich geht es um Zuchtergebnisse, um Spitzenpferde, die später im Sport etwas können und auch für talentierte Amateure zu managen sind. Das ist die Basis der Arbeit der Holsteiner Hengststation an der Westerstraße. Die Experten bringen Hengste und Stuten zusammen – streng wissenschaftlich und völlig unromantisch. „Es ist eine Auslese“, sagt Gérard Muffels, Chef der Hengststation des Holsteiner Verbandes in Elmshorn.
Allerdings muss Mutter Natur mitspielen, damit sich die Hormone im Körper einer Stute richtig drehen. Bei Kälte ist der Zyklus kürzer, bei manchen Stuten ist sogar momentan Stillstand. Experten nennen die Zyklusphase die Rosse, es ist der Zeitraum, in dem die Stute paarungs- und empfängnisbereit ist. Italien und Spanien sind aktuell mit Tagestemperaturen im Süden bei circa 17 Grad weiter. „Wenn die Sonne etwas höher steht, erwachen die Frühlingsgefühle sehr schnell“, sagt Pferdewirtschaftsmeister Muffels. Und bis dahin sollten sich Stutenbesitzer Gedanken über die Anpaarung gemacht haben. Der Katalog der Holsteiner Verbandshengste umfasst 57 Hengste, vier weitere sind im Zuchtversuch. Jeder Hengst wird nach Zuchtwert, Erfahrungen und sportlichen Erfolgen beurteilt. „Um eine Stute während der Rosse erfolgreich zu besamen, setzt beim Holsteiner Verband eine ganze Kette von handwerklichen Abläufen ein“, sagt der 56 Jahre alte Muffels.
Der Hengst wird in den Raum geführt, in dem das hölzerne, mit Leder bezogene Phantom platziert ist. Dort steht in sicherer Entfernung auch eine sogenannte Lust-Stute, die den Hengst in Stimmung bringen soll. Er springt auf das Phantom, Muffels fängt das Sperma mit einem Behälter auf. Das ganze Prozedere dauert oft nicht viel länger als eine Minute. Direkt danach wird das Sperma im Labor auf Dichte und Qualität untersucht und transportfertig abgepackt.
Mit Express-Kurieren wird europaweit ausgeliefert
Ausgesuchte Express-Kuriere haben nun die Aufgabe, schnell und zuverlässig den Einsatzort zu erreichen. Zeit spielt bei der Besamung einer Stute eine ganz entscheidende Rolle. „Die Fahrer müssen pünktlich ankommen. Wer mit Verkehrsstaus oder mit verspäteten Abflugzeiten zu kämpfen hat, liefert beim Züchter wertloses Sperma ab. Es ist nach 48 Stunden unbrauchbar. Wir bringen das Sperma pünktlich auf den Weg, alles weitere ist nicht mehr unser Risiko“, sagt Muffels.
Hengstsperma aus Elmshorn wird europaweit verschickt. „Es gibt nichts, was nicht schon vorgekommen ist. Italiener bestellen zum Beispiel sicherheitshalber auch gerne zwei Portionen vom gewünschten Sperma; versetzt innerhalb von 24 Stunden, damit auch alles glatt läuft“, erklärt er.
Der Grundgedanke bei einem Züchter ist, wenn die Stute schnell mit der Rosse durch ist, verstreichen mindestens 22 weitere Tage bis zum nächsten Zyklus, und wieder muss Geld für den Tierarzt und das gewünschte Sperma fließen. Zumal ein kostbarer Monat verstreicht, denn eine Stute ist fast zwölf Monate tragend. Und die jungen Fohlen benötigen für das Immunsystem Sonne, Auslauf, um Bänder und Muskulatur zu stärken. Dafür ist der Frühling perfekt.
Eine Portion Sperma eines jungen Hengstes kostet mindestens 350 Euro, für den Elite-Hengst Casall liegt die Einstiegsrate bei 700 Euro. Die gleichen Summen werden jeweils noch einmal fällig, sobald die Stute tragend ist und wenn das Fohlen geboren worden ist. Hinzu kommen tierärztliche Untersuchungen bei der Stute, da ist ein Züchter schnell ein paar Tausend Euro los.
„Je erfolgreicher ein Hengst sich mit sportlichen Eigenschaften, Charakter und seinem Leistungsvermögen im Laufe seiner Karriere zeigt, desto stärker steigt die Decktaxe“, sagt Muffels. Für den Welthengst Casall ist eine Seite im Hengstkatalog mit Sonderhinweisen vermerkt, wie beispielsweise: Der Züchter hat bei einem Verkauf der Stute dem Verband dies mitzuteilen und den Käufer zu nennen. Wer sich nicht daran hält, muss eine empfindliche Vertragsstrafe bezahlen. Fohlen mit einer Casall-Abstammung werden beim Holsteiner Verband eingetragen.
Hier geht es auch darum, eine Art Markenrecht zu sichern und darum, die Erbfolge eines Leistungsvererbers, den es wohl ein zweites Mal in der Geschichte nicht geben wird, zu dokumentieren. Casall hat im Springsport weltweit alle Preise abgeräumt und dem Holsteiner Verband damit schon viele Millionen Euro eingebracht.
Casall und die anderen Top-Hengste wie Million Dollar, Catch, Diarado, Dinken, Cornetino, Uriko und Corrado wecken bei Kunden mitunter besondere Begehrlichkeiten. „Ein italienischer Industrieller war bei uns und wollte unbedingt Corrado für seine Zucht kaufen“, sagt Muffels. „Das Angebot war seriös und attraktiv, wir mussten aber ablehnen.“ Denn alle Hengste gehören dem Holsteiner Verband und sind unverkäuflich. „Der Kunde war echt stocksauer.“ Genützt hat es ihm nichts. Corrado und seine Kollegen haben in Elmshorn ihren Job zu erledigen.