Elmshorn. Stadtverwaltung ist geschockt, denn das Land dreht den Geldhahn für die Städtebauförderung zu. Diese Vorhaben stehen nun vor dem Aus.

Frust. Fassungslosigkeit. Empörung. Die Palette an Emotionen ist zurzeit weit gefächert beim Elmshorner OberbürgermeisterVolker Hatje. Kein Wunder, könnten doch die Nachrichten, die ihn zu Wochenbeginn aus Kiel ereilt haben, seine Stadt um Jahre zurückwerfen. Inhalt: Die Landesregierung wolle sich komplett aus ihrem Anteil der Städtebauförderung herausziehen und zudem auch noch die Mittel für Gemeindeverkehrsfinanzierung (GVFG) deutlich reduzieren.

Beim Eintritt des schlimmsten Szenarios würde die Umsetzung dieser Ankündigung das Ende einiger großer Vorhaben für den Stadtumbau der kommenden Jahre bedeuten. Aber in jedem Fall wird es bei Umsetzung der verlautbarten Pläne aus dem Finanzministerium die Verzögerung und/oder teils erhebliche Verteuerung beim Bau der Elmshorner Zukunft im Stadtzentrum nach sich ziehen.

Stadtumbau Elmshorn: Pläne aus Kiel würden Lücke von 16,6 Millionen Euro in den Etat reißen

„Unterm Strich werden uns in Elmshorn 16,6 Millionen Euro fehlen“, fasst Volker Hatje zusammen, was sich als Hiobsbotschaft innerhalb der letzten 48 Stunden manifestiert hat. „Das mag zwar im ersten Augenblick nach nicht so viel für eine große Stadt wie Elmshorn klingen; aber die Folgen für uns und den angestrebten Stadtumbau wären eklatant.“

Oberbürgermeister Volker Hatje (l.) und Immobilienunternehmer und Bauherr Theodor Semmelhaack mit dem Modell des Quartiers am Buttermarkt. Die Ausgestaltung von dessen Umfeld ist nun stark gefährdet.
Oberbürgermeister Volker Hatje (l.) und Immobilienunternehmer und Bauherr Theodor Semmelhaack mit dem Modell des Quartiers am Buttermarkt. Die Ausgestaltung von dessen Umfeld ist nun stark gefährdet. © Ulrich Stückler | Ulrich Stückler

Was ist passiert? „Was wir an Informationen haben, ist, dass das Land, ganz salopp ausgedrückt, kein Geld mehr hat“, fasst das Stadtoberhaupt seine Kenntnislage zusammen. „Für eine Haushaltskonsolidierung sind sie in eine Klausur gegangen; daraus resultieren Vorschläge, die durchaus ernstzunehmen sind. Wie ich über einen Brief des Städteverbandes zur Kenntnis bekommen habe, sollen diese Ideen so aussehen, dass sich das Land auf Kosten der Kommunen sanieren will, anstatt eigene Wege zu gehen. Das ist ein Schritt gegen die Verlässlichkeit der Entwicklung des Landes Schleswig-Holstein.“

Sparbeispiele aus Kiel stimmen den Oberbürgermeister sehr nachdenklich

So hat Hatje von zwei Beispielen erfahren, die den anzunehmenden Kieler Sparkurs ausgesprochen drastisch erscheinen lassen. „Da gibt es im Bereich der Kita-Finanzierung eine Deckungslücke von 80 Millionen. Das Land hat erklärt, dass die Elternbeiträge nicht erhöht werden sollen, zieht sich selbst aber aus der Zusage raus, dass Mehrkosten vom Land getragen werden sollen. Die 80 Millionen sollen nun die Kommunen zahlen.“

Ein weiterer Bereich, der die Kommunen – darunter in großem Maß auch Elmshorn – hart treffen wird, sind der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) und die GVFG. „Da war bereits die Reduzierung der S-Bahn-Taktung ein fatales Signal. Seit Jahren wird über die Mobilitätswende gesprochen, dass die Zukunft auf der Schiene liege. Alle Zukunftsthemen hier in der Regionen involvieren die Bahn. Und nun das.“

Gemeindeverkehrsfinanzierung ist eine fest eingeplante Größe bei den Bauvorhaben

Gemeindeverkehrsfinanzierung (GVFG). Eine ungelenke Verwaltungsvokabel, aber mit immenser Schlagkraft gegen die Stadtkasse von Elmshorn, wenn denn alles so kommt, wie befürchtet. „Zum Beispiel all die neuen oder zu erneuernden Bahnquerungen, die in naher Zukunft hier entstehen sollen, hätten wir nach bisheriger Aussage vom Land über GVFG-Mittel mit 75 Prozent finanzieren wollen“, sagt Hatje und hat ein ganz wichtiges Beispiel zur Hand. „Die Bus-Unterquerung vom neuen ZOB hin zum Sanierungsgebiet Krückau/Vormstegen soll nach jetziger Planung über GVFG finanziert werden. Wir als Stadt können das nicht alleine.“

Der Oberbürgermeister lässt keine Zweifel daran aufkommen, wie wenig er von den Absichten seiner Landesregierung hält: „Alle Kommunen haben riesige Investitionsstaus; alle sollen in die Zukunft investieren, und das Land kriegt jetzt kurz vor Schluss kalte Füße darüber, dass sich Schleswig-Holstein nach vorne bewegen könnte“, schimpft Hatje.

Das Land droht schon für den Jahresbeginn mit dem Ausstieg aus der Städtebauförderung

Er kommt zum schwerwiegendsten Schritt der Kieler Regierung. „Der Hammer ist doch, dass sich das Land schon mit Beginn 2025 mit seinem Drittelanteil aus der Städtebauförderung von Bund, Ländern und Kommunen herausziehen will. Was bis jetzt bewilligt worden ist, geht noch raus – und dann soll Schluss sein.“ Dabei liege Schleswig-Holstein nicht nur nach Ansicht des Verwaltungschefs auf der Ebene der Infrastruktur weit hinten im Bundesvergleich. „Wir sind Deutschlands Armenhaus auf diesem Gebiet.“

Ein herber Schlag ins Kontor für die Denker und Lenker der Krückaustadt. Schließlich hat die Verwaltung mit viel Energie die Pläne zur kompletten Umgestaltung der Innenstadt konkretisiert. So soll der Baubeginn für das neue Rathaus im Herzen des neuen Stadtzentrums am Buttermarkt noch in diesem Jahr erfolgen.

Der Rathausbau ist noch aus Treuhandvermögen und Rücklagen gesichert, auch der Umbau der Berliner Straße hin zur grünen Stadtkante ruht noch auf gesicherten finanziellen Stützen. „Aber schon bei der so wichtigen Sanierung des Krückau-Nordufers mit seiner maroden Spundwand wird es kritisch“, weiß Anja Schröder vom Amt für Projektentwicklung zu berichten. Die Geldmittel seien knapp, andererseits stehe man als Stadt aber auch gegenüber den Investoren in dem Areal in der moralischen Pflicht, diesen für ihre Vorhaben ein Umfeld in einer Qualität zu liefern, die man ihnen ihrerseits ja auch abverlange.

Und dann noch? Nix dann. Bleibt es bei der Ansage aus Kiel, können alle weiteren Bauvorhaben für den Stadtumbau Elmshorn nicht mehr über die Städtebauförderung finanziert werden. Beziehungsweise nur dann, wenn Elmshorn plötzlich zwei Drittel der Kosten anstelle von nur einem Anteil stemmt. Die Kosten für die Stadt würden sich verdoppeln.

Die Stadt muss 20 Prozent aller Bahn-Baukosten tragen, die öffentlichen Grund betreffen

Aber das wäre doch vielleicht mit ganz spitzem Bleistift auch noch zu regeln? Schön wär’s. Da sind ja noch das Bahnhofsprojekt der Deutschen Bahn, die die Elmshorner Station südwärts auf Höhe des Sanierungsgebietes verlegen wird, sowie weitere Arbeiten zum Streckenausbau. Hatje: „Bei allen Baumaßnahmen der Bahn, auch wenn sie die Verursacherin ist, müssen wir nach den gesetzlichen Regelungen als Stadt 20 Prozent der Kosten tragen, wenn der öffentliche Raum betroffen ist.“

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Ein enorme Hypothek für die Stadt. „Nur für den Raum Elmshorn reden wir hier von einem Investitionsvolumen der Bahn von rund 100 Millionen Euro“, weiß Hatje. „Und wenn die Bahn sagt, dass sie 2029 beginnen und 2034 fertig sein will, dann können wir uns ausrechnen, dass wir in diesem Zeitraum nichts anderes mehr machen können, als unseren Anteil von 20 Prozent an die Bahn zu zahlen.“

Elmshorner FDP teilt Hatjes Empörung und schießt scharf gegen grüne Finanzministerin

Bei einem so schwerwiegenden Einschnitt in die Elmshorner Zukunft wundert es nicht, wenn sich die Politik schnell auf die Seite des Stadtoberhauptes schlägt. „Sparen am falschen Ende schadet den Gemeinden, genauso wie den nächsten Generationen“, betont Annina Semmelhaack von der FDP Elmshorn und malt ein düsteres Bild: „Sollte Finanzministerin Monika Heinold ihre Ankündigungen umsetzen und auch die Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz kürzen, können wir in Elmshorn die Neugestaltung des Bahnhofs in den nächsten 20 Jahren vergessen. Das wäre für alle Pendler und für die Innenstadt ein herber Schlag.“

Alles signifikante Probleme, die es nun für den Oberbürgermeister und sein Rathausteam anzugehen gilt, wenn die angestrebte Zukunft von Elmshorn genauso entstehen soll, wie sie geplant ist. Arbeit, die eigentlich nicht nötig sein dürfte, wie Volker Hatje meint. „Ich glaube, das Land hat nicht erkannt, was an dieser Entscheidung alles dran hängt. Damit wird die Entwicklung der Innenstädte im Land zum Erliegen gebracht. Ob das Land sich dessen bewusst ist, kann ich mir nicht vorstellen. Da fehlt mir jegliches Verständnis für.“