Pinneberg. Tigran N. braucht dringend ein Führungszeugnis, muss aber lange auf Termin warten. Das Rathaus widerspricht dieser Darstellung.

Tigran N. lebt seit 2004 in Pinneberg, doch mittlerweile spielt er mit dem Gedanken, wegzuziehen. Der Grund: sein Ärger über das Bürgerbüro. „Die Zustände im öffentlichen Dienst verschlechtern sich mit jedem Jahr“, sagt der 26-Jährige. „Schon vor Corona gab es lange Wartezeiten im Bürgerbüro, wenn man einen Ausweis beantragen wollte. Aber jetzt muss man monatelang warten, um überhaupt einen Termin zu bekommen und ohne Terminvergabe kann man dort nichts mehr beantragen.“

Tigran N. benötigt eine beglaubigte Kopie von seinem Personalausweis und ein Führungszeugnis. Er möchte an einer Qualifikation für den Rettungsdienst teilnehmen. Die beginnt Mitte Juni. Wie er auf der Infoveranstaltung für den Kursus kurzfristig erfahren hat, muss er dafür die beiden Dokumente vorlegen, um teilnehmen zu können.

Pinneberger bekommt Termin im Bürgerbüro erst Ende Juni

„Den Termin im Bürgerbüro habe ich aber erst für Ende Juni bekommen“, sagt der Pinneberger verärgert. Online lasse sich schon mal gar nichts beantragen und bei dem Versuch, ohne Termin bis zum Einwohnermeldeamt vorzudringen, wurde er wieder nach Hause geschickt. „Auch wenn im Bürgerbüro vielleicht Personalmangel herrscht, finde ich das einen unhaltbaren Zustand.“

Nun könne er wegen des Zustandes im Bürgerbüro die gesetzten Fristen nicht einhalten. „Das ist eine Frechheit“, so Tigran N.. Er befürchtet, dass er nicht an der Qualifikation für den Rettungsdienst teilnehmen kann.

Bürgerbüro Pinneberg: Kunden warten drei Wochen auf Termin

„Es kann leider immer mal zu Engpässen kommen aufgrund von Urlaub und gleichzeitig krankheitsbedingten Ausfällen. Dieses ist aber keinesfalls die Regel“, heißt es in einer Stellungnahme auf dem Rathaus Pinneberg. Derzeit würden Kunden etwa drei Wochen auf einen Termin warten müssen.

Die Terminvergabe erfolgt per Online-Termintool oder telefonisch. Die Abholung von Personaldokumenten wird übrigens meistens bereits bei der Antragstellung organisiert. Das Termintool wird seit Frühjahr 2020 genutzt. Idee und auch Umsetzung erfolgten somit noch vor Erklärung der Corona-Pandemie. Mitarbeiter mussten an langen Tagen teilweise bis mindestens 20 Uhr die Warteschlangen abarbeiten.

Rathaus Pinneberg: Digitale Terminvergabe erleichtert Mitarbeitern die Arbeit

„Wir sind kontinuierlich dabei, unser Personal in diesem Bereich aufzustocken, damit wir auch zum Beispiel die Anzahl der Terminslots erhöhen könnten“, sagt Bürgermeister Thomas Voerste. Derzeit arbeiten zehn Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit im Bürgerbüro.

„Eine Überlegung ist auch, das Bürgerbüro wieder einen Tag in der Woche ohne vorherige Terminvergabe zu öffnen. Unsere Erfahrung ist aber, dass dies die Wartezeiten der Bürgerinnen und Bürger nicht unbedingt verkürzt“, sagt der Verwaltungschef. Das Termintool funktioniere sehr gut und werde sehr gut angenommen. „Für die Kolleginnen und Kollegen ist es eine große Arbeitserleichterung. Wenn jemand terminlich sehr in Not ist, tut das Team des Bürgerbüros mit großem Engagement immer sein Möglichstes, um bei Fristsachen zu helfen und zu unterstützen.“

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Bürgerservice großes Thema im Bürgermeisterwahlkampf

Das Thema Bürgerservice war im Bürgermeisterwahlkampf ein großes Thema. Viele Menschen hatten sich beispielsweise gewünscht, ihr Anliegen auch ohne Termin im Bürgerbüro vorbringen zu dürfen. Im Wahlkampf hatte Thomas Voerste dazu gesagt, er wolle ein Rathaus führen, das für die Menschen offen ist und sich voll dem Dienstleistungsgedanken verschreibe.

„Dabei werden wir zunehmend auf Digitalisierung setzen. Aber keine Sorge, ich weiß, dass es vielen wichtig ist, ihre Amtsgeschäfte persönlich im Rathaus zu erledigen. Die Menschen in Pinneberg sollen die Wahl haben, ob sie ihre Anliegen online oder persönlich erledigen wollen.“