Pinneberg. Im Kreis fehlt es an Wasserflächen fürs Stand-up-Paddling. Wie sie beim SC Pinneberg dennoch eine Lösung gefunden haben.

Schwupp, da lag sie im Wasser. „Aber erst das zweite Mal, seit ich vor einem Jahr damit begonnen habe“, betont Katja Bätz. Dabei war es für sie bei diesem Trendsport von Anfang an unvermutet glattgegangen. „Gleich beim ersten Mal hatte ich den Bogen raus und habe sicher auf dem Brett gestanden“, sogar bei Wellengang auf der Ostsee halte sie die Balance, erklärt die 58-Jährige.

Ausgerechnet beim Vorführtermin gab sie laut eigener Bewertung „kein gutes Bild“ ab. Die Ursache: „Ich war unkonzentriert beim Hochkommen, hatte keine ausreichende Körperspannung, und schon kippte ich vom Brett.“ Als Buchhalterin ist für Katja Bätz sportlicher Ausgleich von herausragender Bedeutung – und das Stand-up-Paddling hat es ihr besonders angetan.

SUP im Kreis Pinneberg: Die Saison dauert beim SCP nur vier Monate

„Wenn es nach mir ginge, würde ich an sieben Tagen in der Woche auf dem Board stehen.“ Pech für sie, dass die SUP-Saison bei ihrem Verein, dem SC Pinneberg, nur von Juni bis Ende September läuft. Den ganzen Winter über freue sie sich „diebisch“ darauf, dass es endlich wieder losgeht.

SUP  Bätz
SUP-Fan Anja Bätz: „Manchmal wird man nass beim Paddeln.“ © Werner Langmaack | Werner Langmaack

Einen erheblichen Anteil an dem Spaß, den der relativ junge Wassersport ihr bereitet, weist sie der Übungsleiterin zu. Angelina Beilfuß hat als zertifizierte Trainerin vielfältige Erfahrungen, wirkte anfangs beim Kinderturnen, später leitete sie Fitness- und Pilatesgruppen an. 2016 entdeckte sie das Paddelbrett, war fasziniert und beschloss, Kurse zu konzipieren und anzubieten.

Neu gegründete Sparte: Dank der Paddler gilt der Seglervereinigung Pinneberg

Seit drei Jahren trifft sich die von ihr gegründete Vereinsabteilung wöchentlich in Seestermühe-Neuendeich. Dass dort im per Schleuse tide-unabhängigen Hafenbecken gepaddelt werden darf, ist geradezu ein Glücksfall, zu verdanken der Kulanz der Seglervereinigung Pinneberg. Denn geeignete Wasserflächen haben im Kreis nicht nur Seltenheitswert, sondern sind zudem für diesen Zweck oft gesperrt.

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Stand-up-Paddling im Neuendeicher Hafenbecken: Beweglichkeit, Gleichgewichtsgefühl und Schwimmfähigkeit reichen als Grundlage. © Werner Langmaack | Werner langm

Ein Problem, das auch den Deutschen Kanuverband umtreibt. „Die Befahrungsregeln sind höchst kompliziert“, heißt es von dort. Das liege vor allem daran, dass es fürs Stehpaddeln keine gesonderten Richtlinien gebe. Grundsätzlich sei der Sport auf fließenden Gewässern erlaubt. „Diese Regelung schließt Seen und Teiche aber nicht mit ein“, warnt der DKV.

Die Nutzungserlaubnis für Wasserflächen obliegt den Eignern und Gemeinden

Letztlich entscheiden darüber, ob sie die Wasserflächen der SUP-Nutzung öffnen oder nicht, private Eigner oder Städte und Gemeinden. Deren Skepsis wächst, was nicht wirklich verwundern kann in Anbetracht der explosionsartigen Zunahme an Brettpaddlern. Ein anschauliches Beispiel: Auf der Hamburger Außenalster hat die Dichte an Wassersportlern inzwischen bedenkliche Ausmaße angenommen. Manche sprechen schon von „Plage“.

Und das Interesse ebbt kaum ab. Das merken sie auch beim SC Pinneberg. Die Anfängerkurse werden im Schnitt von zehn potentiellen Neueinsteigern besucht. Es kamen aber auch schon mal 26 auf einen Streich. Natürlich bleiben nicht alle dabei. Den „harten Kern“, so Beilfuß, bildet derzeit ein gutes Dutzend leidenschaftlicher Stehpaddler. Im Neuendeicher Hafenbecken können sie ohne Schiffsverkehr in Ruhe üben, oftmals von einer angrenzenden Weide aus durch Kühe beobachtet. „Die plantschen manchmal sogar mit“, amüsiert sich die Trainerin.

Beweglichkeit, Gleichgewichtsgefühl und Schwimmfähigkeit reichen als Grundlage

Stand-up-Paddling gehört zu den erfolgreichsten, modernen Sportarten. Wer von einem „Mega-Trend“ spricht, der übertreibt nicht. Die Begeisterung ist erklärlich. SUP ist ebenso leicht zu begreifen wie zu erlernen. Man müsse nicht einmal übermäßig fit sein, sagen Experten. Ein bisschen Beweglichkeit, Gleichgewichtsgefühl und Schwimmfähigkeit reichen als Grundlage. Selbst die Technik ist nicht sonderlich diffizil.

Trotzdem haben manche mit Problemen zu kämpfen. Anfänger stehen oft steif und mit durchgestreckten Beinen auf dem Board, den Blick starr nach unten gerichtet. Alles wirkt angestrengt. Sie sollten versuchen, sich zu entspannen, ruhig zu atmen, weniger verkrampft zu stehen, mit einer leichten Beugung in den Kniekehlen. Faustregel: Je niedriger der Körperschwerpunkt, desto mehr Stabilität auf dem Board.

Fürs Paddeln in den Sonnenaufgang wird auch schon mal um drei Uhr aufgestanden

Der Basic-Kurs – aufsteigen, absteigen, Kurs halten, bremsen, wenden – dauert bei Angelina Beilfuß 90 Minuten. „Und nach der Hälfte der Zeit stehen die meisten schon und können sich fortbewegen.“ Ein weiterer Vorteil: Die Ausrüstung, bestehend aus Surfbrett, Neoprenanzug und einigen weiteren Utensilien, kostet maximal 600 Euro. Wer mit Sonderangeboten von Discountern zufrieden ist, kann sogar noch einiges einsparen. Vor allem zu Testzwecken scheint dies eine durchaus vernünftige Herangehensweise zu sein.

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Trainerin Angelina Beilfuß: „Manchmal plantschen sogar Kühe mit.“  © Werner Langmaack | Werner Langmaack

Um keine Monotonie aufkommen zu lassen, organisiert der SC Pinneberg gemeinsame Unternehmungen, beispielsweise eine jährliche Fahrt nach Kiel, um auf der Förde in den Sonnenaufgang zu paddeln. Das muss man wollen, denn: „Dann starten wir um halb vier Uhr in Pinneberg“, sagt Beilfuß, „damit wir gegen fünf Uhr zeitig zum Aufgang der Sonne auf dem Wasser sind.“ Ein Erlebnis für Romantiker. Danach wird gemeinsam gefrühstückt, und kurz nach acht Uhr treffen die Ausflügler wieder in Pinneberg ein. Dafür müssen sie dann nicht einmal einen Tag Urlaub nehmen.

Auf einem SUP-Wochenende kann es auch schon etwas spiritueller werden

Auch beliebt: ein „SUP & Fitness Retreat“ im nordfriesischen Fresendelf, ein um spirituelle Elemente ergänzter, sportlicher Rückzug aus dem Alltag. „Die meisten der Teilnehmer an diesen Wochenenden sind treue SUP-Begeisterte aus meinen Kursen“, sagt Angelina Beilfuß (41), die sich auch mit der Pilatestechnik auskennt. 

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Im Grunde genommen handelt es sich beim SUP um eine rudimentäre Form des Surfens, nur halt ohne Segel. Die Historie erzählt andere Entstehungsgeschichten. So soll in den 50er- und 60er-Jahren, als das Geschäft mit dem Surfen auf Hawaii einen ersten Boom erlebte, auch das Stand-up-Paddling Fahrt aufgenommen haben.

Namenspaten der Beach Boys haben die Anfänge des Stand-up-Paddlings geschaffen

Überliefert ist, dass sich die professionellen Surflehrer, die „Beach Boys“ – offensichtlich Namenspaten der weltberühmten Rock- und Beatband – paddelnd auf Surfbretter stellten, um ihre Schüler besser beobachten oder Erinnerungsfotos schießen zu können. Deshalb nannte sich das Stehpaddeln in seinen Anfängen auch „Beach Boy Surfing“.

Heute kann man von einem Massentrend sprechen. Und natürlich werden längst Titelkämpfe und Weltserien ausgetragen. Der Schwerpunkt aber liegt weiterhin im Freizeitbereich. Und wo Sport boomt, sind die Vermarktungsexperten nicht weit. Ob allerdings der T-Shirt-Aufdruck „Gott schuf alle Menschen gleich, doch nur die besten durften Stand-up-Paddler werden“ einer näheren Überprüfung standhielte, das ist fraglich.